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Die mit pigmentiertem Epoxidharz gegossenen und geschichteten Bilder Peter Zimmermanns basieren auf einem komplizierten Herstellungsprozeß. Gescannte Ausschnitte aus eigenen älteren Arbeiten sowie gefundenes Bildmaterial bearbeitet er am Computer. Er setzt verschiedene Filter ein und verfremdet das ursprünglich zugrundeliegende Bild dabei bis zur Unkenntlichkeit. Dabei folgt er keiner streng vorgegebenen Systematik, vielmehr kommt hier ein Prinzip der “Kontingenz” zum Ausdruck, das schon seine früheren Arbeit kennzeichnet:

“Jede getroffene Entscheidung steht vor dem Hintergrund, dass stets gilt: “Eigentlich könnte alles auch anders sein”. Diese Auseinandersetzung steht nicht nur im Mittelpunkt reflektierender Überprüfungen des eigenen Tuns, sondern birgt beinahe paradox die Schnelligkeit nach vorne gerichteter Entscheidungen. Weil alles auch anders sein könnte spielt die Überprüfung letztlich keine Rolle”. (Matthia Löbke, Katalog ‘Flow’, Kunstverein Heilbronn)

Die Rückführung digitaler und computerbearbeiteter Bilder in Malerei erscheint zunächst seltsam, verdeutlicht jedoch, dass es sich bei den auf den ersten Blick dekorativen und schon fast gefälligen neuen Arbeiten Peter Zimmermanns wesentlich um eine kritische Auseinandersetzung mit den Bildpotentialen des Computers handelt. Seine Malerei erscheint als

“…ein Akt, der die Logik des Samplings, die es den Computermedien erlaubt, durch Abtastung und Formalisierung (Digitalisierung) fast alle anderen medialen Formen zu schlucken, umkehrt und ‘gegen’ das Computerbild richtet“. (Jens Schröter, Katalog Peter Zimmermann, Kunsthalle Erfurt)

Peter Zimmermann kombiniert traditionelle Vorstellungen von Malerei — die Anklänge an das Formenrepertoir der abstrakten und informellen Malerei sind hierbei selbstverständlich kein Zufall — mit der Flüchtigkeit und Austauschbarkeit digitaler Massen-Bildproduktionen. Trotzdem sind die dabei entstehenden Bilder weit von der klassischen Idee des Malerischen entfernt, denn letztlich sind sie Produkte eines komplexen technologischen Prozesses. Lediglich die Eigendynamik des Epoxidharzes, das aufgrund seiner sehr langen Fließzeit erst nach Stunden abbindet, spiegelt in gewisser Hinsicht den Akt des Informellen und Expressiven wieder — die Bilder können sich nach dem Gießen sozusagen über Nacht und ohne Zutun des Künstlers verändern.

Die Nutzung des Epoxidharzes ist für diese Arbeit der intermedialen Wiederaneignung paradox und gerade dadurch konsequent. Durch seine glänzende Oberfläche und die leuchtenden Farben konnotiert das Material Künstlichkeit, lässt die Bilder wie Prints eines futuristischen Superdruckers erscheinen, um zugleich durch den geschichteten, plastischen Charakter gerade das herauszustellen, was für digitale Medien nur schwer beherrschbar ist: die Materialität der Oberfläche. Durch die Überführung in die Malerei erhalten die Computerbilder also genau das zurück, was alle Bilder bei ihrer Überführung in die Virtualität gerade verlieren — Materialität und d. h. auch die materielle Kopräsenz aller Bildpunkte, die Gemälde und Fotografien von Bildschirmbildern unterscheidet. Dieser Reibungsverlust der elektronischen Speicherung und Digitalisierung wird in dem taktilen Objekt Gemälde sichtbar gemacht. Darüber hinaus kann der (scheinbar) dekorative Charakter der Bilder als Kommentar auf die — für handelsübliche PCs, die unter Microsoft Windows laufen und auf denen folglich auch Adobe Photoshop läuft, charakteristische — Spaltung von schöner, sprich: benutzerfreundlicher, sichtbarer Oberfläche und den selbst unsichtbaren Prozessen in der Tiefe gelesen werden.

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