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Die 1977 gegründete, seither auf rund 1300 Werke von mehr als 300 deutschen und internationalen Künstlern angewachsene Sammlung DaimlerChrysler war zunächst ganz auf das klassische Tafelbildformat konzentriert. Seit den frühen 1990er wurden in Auswahl auch mediale Arbeiten im weitesten Sinne integriert. Alle Arbeiten werden an den Standorten des Unternehmens in ständig wechselnder Auswahl gezeigt. Die Sammlung repräsentiert ein bedeutendes Spektrum der abstrakten Kunstentwicklungen und Bildideen des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart hinein.

Seit einigen Jahren wird der – im Ganzen immer noch schmale – Sammlungsteil Fotografie, Video und Mixed Media mit größerem Nachdruck ausgebaut. Hierbei dient einerseits die Grundausrichtung der Sammlung an konstruktiven, minimalistischen und konzeptuellen Tendenzen als Wegweiser durch das ausufernde Feld medialer Kunst seit etwa 1960. Zum anderen spielen standortbezogene Überlegungen eine gewichtige Rolle: in Deutschland richtet sich ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklungen zeitgenössischer Kunst in Stuttgart und Berlin, zugleich widmet sich die Erwerbungsplanung mit langfristiger Perspektive kulturellen Entwicklungen in Asien, Afrika und Südamerika, in welchen DaimlerChrysler eine gewichtige Präsenz hat.

Für die aktuelle Ausstellung mit rund 60 Arbeiten von 25 Künstler/innen aus 11 Ländern können zwei thematische Schwerpunkte namhaft gemacht werden: die kritische Revision von Stilen und utopischen Entwürfen der Moderne auf der einen, gesellschaftlich-politische Reflexionen auf der anderen Seite. Eines der intelligentesten und radikalsten Werke im Sinne des ›refocusing‹ der abstrakten Avantgarden hat seit etwa 1970 der Genfer Künstler John M Armleder geschaffen. Seine provokant dekorative »Furniture Sculpture« aus monochromem Bild und zwei kreisförmigen Lampen summiert gleichsam die Grenzgänge von Kunst und Design des 20. Jahrhunderts. Armleder benachbart sind in der Ausstellung thematisch verwandte Arbeiten zu sehen: Fotocollagen des jungen Serben Bojan Sarcevic, eine Gruppe von insgesamt acht Werken des französischen Marcel-Duchamp-Preisträgers Mathieu Mercier, minimalistische Handlungsobjekte des israelischen Künstlers Uri Tzaig und der jungen japanischen Künstlerin Ayumi Minemura, frühe Videos von Sylvie Fleury u. a. Von den insgesamt sechs Künstler/innen, deren Biographien mit Stuttgart bzw. Berlin verbunden sind, kann vor allem Ulrike Flaigs mit changierenden Autolackproben verkleidetes Wandobjekt vor dem Hintergrund der Gratwanderungen zwischen artifiziellem Schaustück und funktionalem Objekt gesehen werden. Die Stuttgarter Thomas Raschke und Sebastian Rogler, die unter dem Label »Das Deutsche Handwerk« firmieren, laden die Thematik mit politischem Zündstoff aus Michel Houellebecq skandalumwittertem Erfolgsroman Plattform auf. Die Zeichnungen von Bernhard Kahrmann wollen in einem weiter greifenden Sinne als graphische Analysen gesellschaftlich bestimmter Raumkonstruktionen gelesen werden. Klassischen Genres der Fotografie und Videokunst scheinen die Arbeiten von Sandra Hastenteufel und Eva Teppe zu entsprechen, beide argumentieren jedoch in dezidiert konzeptueller Tradition.

Für den zweiten Schwerpunkt unserer Ausstellung – gesellschaftskritische und politische Reflexionen – setzen drei südafrikanische Künstler wesentliche Akzente. Guy Tillim, wie Jane Alexander einer der Preisträger des seit 2000 vergebenen DaimlerChrysler Award for South African Culture, ist mit einer eindrucksvollen Fotoserie junger Kamajoor Milizionäre vertreten. Sie bilden zusammen mit Jane Alexanders monumentaler zehnteiliger Serie African Adventures einen der Höhepunkte nicht nur südafrikanischer Fotokunst, sondern generell einer engagierten zeitgenössischen Fotografie. Ähnliche Bedeutung für das Medium Video kommt der raumgreifenden Doppelprojektion Snow White der in Kapstadt lebenden Berni Searle zu. Alfredo Jaar, seit seinem documenta Auftritt 1987 als einer der wichtigsten sozialkritischen Konzeptkünstler bekannt, ist mit einem Gandhi gewidmeten Leuchtkasten vertreten. Eine durchaus kritische Grundeinsicht verbindet die Arbeit von Jaar mit denjenigen etwa von Martin Gostner, Dmitry Gutov, Thea Gvetadze oder Patricia London Ante Paris: dass Sprache und Bild heute mehr der Selbsttäuschung, der Verunklärung und bewusster Geschichtsfälschung dienen, als dass sie Medium freiheitlicher Begegnung mit dem eigenen und dem fremden Selbst sein könnten.

Renate Wiehager, Kunstbesitz DaimlerChrysler AG Pressetext

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Photography, Video, Mixed Media II
Vorstellung der Neuerwerbungen für die Sammlung DaimlerChrysler aus den Bereichen Fotografie, Video, Zeichnung, Objektkunst. Rund sechzig Werke von 25 deutschen und internationalen KünstlerInnen

Jane Alexander, Are You Meaning Company, John Armleder, Das Deutsche Handwerk, Ulrike Flaig, Sylvie Fleury, Andrea Fraser, Martin Gostner, Dmitry Gutov, Thea Gvetadze, Sandra Hastenteufel, Alfredo Jaar, Bernhard Kahrmann, Patricia London Ante Paris, Vera Lossau, Mathieu Mercier, Kirsten Mosher, Jerome Saint-Loubert Bie, Bojan Sarcevic, Berni Searle, Eva Teppe, Beate Terfloth, Guy Tillim, Uri Tzaig