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Eröffnung: Freitag, 11.04.2008, 19 - 22 Uhr

Pressetext:

Die Galerie Reinhard Hauff freut sich, mit „Go“ die dritte Einzelausstellung der in Stuttgart lebenden Künstlerin Pia Maria Martin (*1974) zu eröffnen. Pia Maria Martin, die mit ihren aufwändigen Stopptrickanimationsfilmen bekannt geworden ist, greift in ihrer neuesten Arbeit auf Themen und Techniken ihrer frühen Filme zurück und schafft damit ein verworrenes Panoptikum phantastischer Geschichten und möglicher Projekte. Der Titel der Ausstellung ist dem chinesischen Brettspiel „Go“ entliehen, bei dem die Spielzüge der Akteure - ganz ähnlich wie die animierten Objekte in Pia Marias Martins Filmen - dem abstrakten Regelwerk einer unsichtbaren Choreographie unterliegen.

Die Protagonisten in Pia Maria Martins Arbeiten sind herumliegende Alltagsgegenstände, Fundstücke oder Möbel, die in unendlich vielen Einzelaufnahmen abgelichtet und durch das Abspielen des so entstandenen Films zum Leben erweckt werden. Auf diese Weise entstehen surreale Handlungsabläufe, die dort beginnen, wo vom gewohnten Blick des Betrachters zunächst ein Status Quo bestimmter Arrangements vorausgesetzt und nicht weiter hinterfragt wird. Die einzelnen Bestandteile klassischer Stilleben bleiben so beispielsweise nicht in ihrer vorausgesetzten Statik verfangen, sondern beginnen in ihren Bilderrahmen zu verwelken, zu verfaulen und letztendlich in sich zusammen zu fallen. Ein totes, bereits gerupftes und zerteiltes Suppenhuhn entflieht dem Kochtopf und näht seinen Körper aus eigener Kraft wieder zusammen. Stühle, die aufeinander gestapelt für ihren nächsten Gebrauch bereitstehen, entwickeln ein scheinbar selbstbestimmtes Eigenleben und beginnen in Formationen zu tanzen.

In ihrem aktuellen Film, dessen Material auf 16mm gedreht und anschließend digitalisiert wurde, geht Pia Maria Martin bezüglich der Entwicklung ihres Plots noch einen Schritt weiter: sie macht ihr eigenes Atelier zum Schauplatz und die von ihr verwendeten Werkzeuge zu Protagonisten, die mit den verstreut umherliegenden Objekten im Atelierraum in Korrespondenz treten. Die Kamera - eine Bolex H16, die Pia Maria Martin schon für ihre früheren Projekte benutzt hat - erfährt in diesem Zusammenhang eine Verwandlung vom Werkzeug des Filmemachers zur eigenständigen kinematographischen Figur. Auf der Jagd nach einem geheimnisvollen, an verschiedenen Orten des Raumes wie aus dem Nichts auftauchenden Eisvogel begibt sie sich auf eine abenteuerliche Reise durch das Atelier der Künstlerin. Wie schon in früheren Arbeiten, in denen die Künstlerin auf traditionelle Genres der Malerei zurückgegriffen hat, stellt sich Pia Maria Martin auch mit der Thematisierung ihres eigenen Ateliers in eine lange künstlerische Tradition. Der sonst vor den Augen der Öffentlichkeit verschlossene Atelierraum wird dabei jedoch nicht als Ort der Produktion, sondern als Quelle der Inspiration inszeniert. Indem sie ihr filmerisches Equipment bewusst im Film auftreten lässt, macht Pia Maria Martin das Herstellungsverfahren zum narrativen Bestandteil ihrer Arbeit und die Produktion selbst auf eine spielerische Art und Weise zum Reflexionsgegenstand der Ästhetik.

Werke von Pia Maria Martin befinden sich unter anderem in der Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart und des Kunstmuseum Stuttgart.

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„Go“ - opening on April 11th - is Pia Maria Martin’s (*1974) third solo show at the Galerie Reinhard Hauff. The Stuttgart artist - well known for her elaborate stop motion films - revisits in this new creation themes and techniques from her early works. The title „Go“ is taken from a Chinese board game in which the players - just like the animated objects in Pia Martin’s previous films - are bound by the abstract rules of an invisible choreography to produce a bizarre panoptical of fantastic stories and projects.

The protagonists in Pia Maria Martin’s works are objects of everyday use and pieces of furniture lying around in her studio, which she photographs in an endless sequence of images and put together into films where the objects come alive. The result is a surreal sequence of events and actions developing from the unassuming, static arrangements of things in an interior - thereby optically skewing our habitual views of the object/function relationship. The individual parts of 17th century floral still life’s or Vanitas compositions come to life, so that flowers wilt, bugs and animals move around and wine glasses tip over in an eerie but amusing story. A soup hen, plucked and cut into pieces, manages miraculously to resurrect itself by sewing its severed limbs back onto its body and escape from the pot. Chairs stacked away in storage untangle and start dancing in formation.

In her present film, shot in 16 mm and subsequently digitalized, Martin goes a step further and transforms her own studio into the stage on which the objects in it enter into a dialogue with the tools of her art production. When the artist isn’t there anymore, her studio lives a life of its own. The camera that she always uses for her work becomes a cinematographic character on a fantastic journey through the location, making strange encounters with other objects on the scene such as a colourful kingfisher which appears from out of nowhere. In the course of the story, the camera and object take on a range of different transformations and relationships. In her earlier work Pia Maria Martin already experimented with artistic genres of previous periods. There is also a long tradition for using the artist’s studio as artistic subject matter. The empty, abandoned studio closed off from public view does not become only the production site, but source of inspiration for a play taking place on the stage it offers. By purposely using her own photo and film equipment as actors, Martin makes the tools and procedures of her film into the narrative subject of the work „Go“ and reflects on the aesthetic of her artistic methods and procedures in a playful and imaginative way.

Works by Pia Maria Martin are in the collections of the Staatsgalerie Stuttgart and the Kunstmuseum Stuttgart, among others.

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Pia Maria Martin
Go