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Eröffnung: 4. März 2016, 19 Uhr

Die Ausstellung Picknick am Wegesrand präsentiert Zeichnungen und Skulpturen von sechs jungen zeitgenössischen Künstlern, die sich mit der Fusion von Natur und Technologie beschäftigen. Die Arbeiten von Rochelle Goldberg (1984 in Vancouver, CA), Tiril Hasselknippe (1984 in Arendal, NO), Veit Laurent Kurz (1985 in Erbach), Martin Schepers (1979 in Lengerich), Raphaela Vogel (1988 in Nürnberg) und Phillip Zach (1984 in Cottbus) reagieren mit haptischer und sinnlicher Materialität auf die neuen, digitalen Technologien.

Arkadi und Boris Strugazkis Science-Fiction-Erzählung Picknick am Wegesrand legt den Grundstein für die gleichnamige Ausstellung. Der Roman von 1971, welcher Andrei Tarkowski 1979 zu dem Film Stalker inspiriert hat, erzählt eine Geschichte über die Beziehung zwischen den Bewohnern der Stadt Harmont und den Objekten, die Außerirdische nach einem Besuch dort hinterließen. Die Objekte sind, zum Teil sogar noch funktionstüchtige, Zeugnisse außerirdischer Technologie. Die „Zone“, in welcher sie sich befinden, ist mittlerweile von der Natur überwuchert und nach außen hin abgesperrt worden. Die einzigen Personen die Zugang erhalten sind die Wissenschaftler der Stadt. Schatzgräber dringen allerdings unerlaubt in die Zone ein und nehmen die außerirdischen Artefakte an sich, um sie auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Seltsame Veränderungen der Natur und der Schatzgräber selbst sind die Folge.

Unsere heutige hochtechnologisierte Gesellschaft vermittelt – ähnlich der außerirdischen Technologie in Picknick am Wegesrand – den Menschen das Gefühl unendlicher, verheißungsvoller Möglichkeiten, zugleich aber auch die Empfindung einer zunehmenden Bedrohung. Wie begegnet eine Katze einem Drucker, der Papier spuckt? Ein Hund einem Staubsauger? Oder ein Insekt den Überresten unseres Picknicks am Wegesrand? Was entsteht in der Vorstellung der Menschen, wenn sie sich Drohnen, dem Internet oder anderen digitalen Technologien gegenübergestellt sehen, von denen nur die Hersteller das Geheimnis ihrer Anfertigung kennen und deren Effekte für alle – auch für die Erzeuger selbst – unbegreiflich und unkontrollierbar geworden sind?

Zwischen Natur und Technologie und mit einem Hang zur Science-Fiction drücken die Werke der sechs Künstler auf unterschiedliche Weise etwas Magisches und Unheimliches, etwas Zerfallenes, aber auch Vitales sowie manchmal etwas Uraltes und gleichzeitig Post-Apokalyptisches aus.

Die einzigartigen Konstruktionen, die in den Zeichnungen von MARTIN SCHEPERS dargestellt sind, scheinen wissenschaftlicher Natur zu sein, gleichzeitig liegt ihnen eine extraterrestrische Funktion inne. In den Skulpturen und Installationen von ROCHELLE GOLDBERG und VEIT LAURENT KURZ deutet das Material besondere Ausstrahlungskräfte und Energien an. Es bleibt offen, ob diese Verschmelzung Mensch und Natur vergiftet oder beiden gut tut.

Bei den Sand- und Betonskulpturen von TIRIL HASSELKNIPPE, die Einzelteilen architektonischer Formen entsprechen, verschwinden die Grenzen zwischen Architektur und Natur, Zukunft und Vergangenheit, Material und Funktion. Es ist, als ob die Objekte dem Tagebau entstammen. PHILLIP ZACHS auf dem Boden ausgelegte Teppichstücke aus Erde, Schaumstoff und Restmüll erinnern zugleich an das Spiel Tetris sowie an Bodenproben aus der Forensik. Zudem könnten sie ein archäologisches Zeugnis eines Picknicks am Wegesrand darstellen und geben dadurch ein Gefühl einer posthumanen Zeit.

RAPHAELA VOGELS Arbeiten erscheinen wie hybride Gestalten zwischen Tier, Mensch und Maschine: Die Art der Nutzung technischer Geräte oder digitaler Technologien wie die mit einem Monitor ausgestattete Kopfstütze für Fahrzeuge, Action-Kameras und die damit übertragenen Inhalte lassen das Digitale zu einem Teil der Natur werden und die Natur zu einem Teil des Digitalen. Mit all diesen Fragestellungen blickt Picknick am Wegesrand auch auf die Relikte und die Visionen des Industriezeitalters im Ruhrgebiet. Scheint nicht beispielsweise die Thomasbirne am Dortmunder Phoenix-See wie ein Objekt von einem anderen Planeten?

Wie von einem anderen Planeten erscheinen auch die Klänge in der Performance SOFT REVOLUTION von MARKUS KARSTIEß (1971 in Haan/ Rhld.) und CHRISTIAN JENDREIKO ( 1969 in Recklinghausen). Die Tensegrity- Strukturen von R. Buckminster Fuller und Kenneth Snelson verwendend, haben die beiden Künstler ein Saiteninstrument konzipiert, das drei Kräftefelder in Interaktion treten lässt: Den Menschen, das Artefakt und das Spiel mit den natürl ichen Kräften von Zug/Gegenzug.