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Die Albertina zeigt vom 22. September bis 19. November 2006 rund 80 Daguerreotypien aus der Zeit der 1840er Jahre bis ca. 1850, die den Anfang der österreichischen Fotografiegeschichte markieren. Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina: »Für mich bietet diese Ausstellung einmal mehr die Möglichkeit, ein bislang völlig vernachlässigtes Terrain der Fotografie aufzuarbeiten. Eine Ausstellung wie diese über die Pioniere der Daguerreotypie in Österreich ist für alle Quotenjäger vielleicht unverständlich: sie passt aber präzise in unseren selbstgestellten Auftrag, Bahnbrecher der Kunstgeschichte und wesentliche Kunst- und Kulturtechniken in monografischen Ausstellungen aufzubereiten.«

NEUE TECHNIK DER DAGUERREOTYPIE 1839 IN PARIS VERÖFFENTLICHT 1839 wurde in Paris als erstes Verfahren der Fotografie die Daguerreotypie publiziert, benannt nach dem Erfinder Louis Jacques Mandé Daguerre (1787 – 1851), der es zusammen mit seinem französischen Landsmann, dem Privatgelehrten Nicéphore Niépce entwickelt hatte. Die Lichtempfindlichkeit verschiedener Materialien hatte man schon früher beobachtet und bemerkt, wie sich Schattenbilder oder Bildprojektionen durch die Linse einer Camera Obscura auf solchen Materialien abzeichnen. Daguerres und Niépces Hauptleistung war es, diese Bilder chemisch zu fixieren und ihnen damit Dauer zu verleihen. Der letzte wichtige Schritt zur Geburt der Fotografie war getan.

Bei der Daguerreotypie handelt es sich um Ablichtungen auf Silberplatten bzw. auf versilberten Kupferplatten. Da diese Bildträger nicht transparent sind, spricht man von Direktpositiven, die im Unterschied zum späteren Negativ-Positiv-Prozess keine Reproduktionen, eben »Abzüge« von einem Negativ, darstellen, sondern jedes für sich Unikate sind. Die glänzend polierten Metallplatten mit ihrer äußerst feinen Materialstruktur verleihen den Bildern etwas Prezioses, miniaturhaft Kostbares, aber auch unbestechlich Genaues. Fotografien sind Bilder, die letztlich »allein unter Einwirkung des Lichtes« zustande kommen. Diese Idee der Fotografie erregte als technisches Wunderwerk mit ihrem Bekanntwerden ungeheures Aufsehen. Von Anfang an dachte man dabei an ein Instrument, das jedermann in allen möglichen Situationen verfügbar sein könnte, und tatsächlich nimmt die Fotografie einen zentralen Stellenwert ein in der modernen visuellen Kultur bis hin zum Filmstill, zum Fernsehen und zum telekommunikativ ausgetauschten Schnappschuss.

PIONIERE DER DAGUERREOTYPIE IN ÖSTERREICH Im Gegensatz zur Vorstellung, die man sich gerne vom spießbürgerlich-engen Klima des Biedermeiers bzw. der Metternichzeit in Österreich zurecht legt, wurde die Fotografie hier von namhaften Vertretern des politischen und intellektuellen Lebens (etwa Staatskanzler Metternich selbst) sofort als maßgeblicher Vorstoß des technisch-wissenschaftlichen Fortschritts und durchaus auch als grundsätzliche Innovation der visuellen Kommunikation verstanden. Epochale Verbesserungen, vor allem das noch an der Wende von 1839 /1840 von Joseph Maximilian Petzval berechnete und von Peter Wilhelm Friedrich Voigtländer in Wien gebaute Porträtobjektiv, ein weltweiter Markterfolg, kennzeichnen den dynamischen Sinn der frühen österreichischen Pioniere.

FORSCHUNGSERGEBNISSE UND NEUENTDECKUNGEN Die Fotosammlung der Albertina besitzt selbst ungewöhnlich viele und sprechende Beispiele aus der Pionierzeit der österreichischen Daguerreotypie. Ergänzend wurden zahlreiche Leihgaben, darunter Neuentdeckungen aus privaten sowie öffentlichen Archiven und Sammlungen in Deutschland, Frankreich, Tschechien, Ungarn und Österreich hinzugezogen. Viele Stücke konnten auf der Basis systematischer historischer Recherchen und restauratorischer Untersuchungen neu zugeordnet und erklärt werden. Diese Forschungsergebnisse bieten einen gründlich revidierten Überblick über die fotografischen Experimente der ersten österreichischen Daguerreotypisten, die schon auf Grund der technischen Eigenarten des neuen Mediums die visuellen Konventionen der Zeit aufgebrochen haben. Vor allem im Porträt, aber auch in Landschaften, in Ereignisbildern, Stillleben und Kunstreproduktionen, schließlich in einigen exzeptionellen wissenschaftlichen Aufnahmen wird die durch das fotografische Denken veränderte Wahrnehmung sichtbar.

HERAUSRAGENDE EXPONATE DER AUSSTELLUNG Als besonders herausragend können zwei Aufnahmen des damals international renommierten Mathematikers und Physikers Andreas von Ettingshausen (1796 – 1878) gelten, der die Daguerreotypie in Österreich als erster praktizierte: eine Ansicht der Hofburg von 1840 und die älteste erhaltene Mikrodaguerreotypie der Welt, ebenfalls schon im März 1840 entstanden. Beides sind kostbare Neuerwerbungen der Albertina, die durch die großzügige Unterstützung von privater Seite möglich wurden.

AUSSTELLUNGSGESTALTUNG Daguerreotypien werden selten gezeigt, nicht nur weil sie konservatorisch sehr empfindlich sind, sondern auch weil die wechselnden Spiegeleffekte auf den Silberplatten die Betrachtung leicht erschweren. Um einen möglichst irritationsfreien Anblick zu gewähren wurde eine spezielle Ausstellungsgestaltung in der Pfeilerhalle der Albertina, eine Kombination von Stellwänden und Vitrinen mit eigens angepasster Beleuchtung, von Walter Kirpiscenko entworfen.

KATALOG Zur Ausstellung erscheint ein Katalog in der Reihe »Beiträge zur Geschichte der Fotografie in Österreich«, herausgegeben von Monika Faber für die Fotosammlung der Albertina, »Inkunabeln einer neuen Zeit. Pioniere der Daguerreotypie in Österreich, 1839 – 1850«, im Christian Brandstätter Verlag Wien.

Kuratorinnen Dr. Monika Faber, Dr. Maren Gröning

Pressetext

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Pioniere der Daguerreotypie in Österreich
Kuratorinnen: Monika Faber, Maren Gröning

mit Fotografien von Andreas von Ettingshausen, Anton Georg Martin, Joseph Schultner / M. Marek ...