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Drei Sammlungen- eine Ausstellung Museum Frieder Burda mit großer Polke-Retrospektive in Baden-Baden

Baden-Baden. Mit Sigmar Polke präsentiert das Museum Frieder Burda in Baden-Baden einen der weltweit wichtigsten deutschen Künstler der Gegenwart. Die Ausstellung vom 3. Februar bis zum 13. Mai 2007 wird mit über 170 Arbeiten die international größte Polke-Retrospektive seit vielen Jahren sein. Titel: “Polke – Eine Retrospektive. Die Sammlungen Frieder Burda, Josef Froehlich, Reiner Speck“. Die Ausstellung im Museum Frieder Burda führt diese drei bedeutenden Polke-Sammlungen zusammen.

Das durch Experimentierfreude und Stilpluralismus gekennzeichnete Werk des 1941 geborenen, in Köln lebenden Künstlers kann hier an 60 großformatigen Bildern und mehr als 110 Arbeiten auf Papier von 1963 bis 2005 nachvollzogen werden.

Der Kurator der Ausstellung, Götz Adriani: „Das Zusammenwirken kongenialer Sammler und Sammlungen erlaubt es, im Museum Frieder Burda die gesamte Bandbreite von Polkes Schaffen beispielhaft zu belegen.“ Die Ausstellung in Baden-Baden umfasst einen Zeitraum von mehr als vier Jahrzehnten.

Rasterbilder

Noch als Student der Düsseldorfer Kunstakademie begründete Polke zusammen mit Gerhard Richter und anderen in ironischer Anlehnung an die sozialistische Staatskunst und in kritischer Auseinandersetzung mit der von der westlichen Warenwelt geprägten Pop Art den „Kapitalistischen Realismus“.

In dieser Zeit entstehen die ersten Rasterbilder, in denen Polke die Konsum- und Freizeit-Verheißungen der Wirtschaftswunder-Zeit thematisiert. Durch die vergrößernde Übertragung von Zeitungsfotos auf Leinwände lässt er die Rasterpunkte vor dem Bildinhalt in den Vordergrund treten. Zwei verführerische „Freundinnen“ (1965/66) etwa, oder ein traumhaftes „Interieur“ (1966) werden so zu einer abstrahierenden Struktur von ornamentaler Qualität.

In ähnlicher Weise desillusionierend wirken die graphischen Arbeiten dieser Werkphase. Polke kombiniert hier hochfliegende Träume mit minderwertigem Papier und dem banalen Zeichengerät des Kugelschreibers. Auch die scheinbar laienhafte Zeichenweise und die Zitate naiver Slogans wirken entlarvend: „Warum nicht baden?“ (1963) betitelt er eine Arbeit, eine andere fordert „Sekt für alle“ (1964).

Stoffbilder

Nahezu zeitgleich entdeckt Polke industriell bedruckte Stoffe als Malgrund und erhebt damit ein minderwertiges Massenprodukt zum Bestandteil hoher Kunst: Die Bordüre eines Dekostoffes bildet den Hintergrund, vor dem sich die Figuren auf dem „$-Bild“ (1971) bewegen, und in „So sitzen Sie richtig“ (1982) ergänzen sich verschiedene Stoffe und Bildzitate von Francisco Goya und Max Ernst collageartig zu einem pointenreichen Bild.

Schüttbilder

Polke lässt Dispersionsfarbe auf Stoff verlaufen und formt so wie bei „Tischerücken“ (1981) Bilder, die er mit telepathischen und parapsychologischen Kräften in Verbindung bringt. Seit den 80er Jahren setzt er Chemikalien der Photographie in der Malerei ein und schafft Bilder, die sich durch Lichteinwirkung und Temperatur verändern.

Lackbilder

Den einstweiligen Höhepunkt seiner „alchimistischen“ Materialexperimente stellen die seit Mitte der 80er Jahre entstehenden Lackbilder dar. Bis zu acht Schichten Kunststoffsiegellack gießt Polke auf den liegenden Bildgrund. Die aufgespannten einfachen Vorhangstoffe aus Synthetik verwandeln sich so zu einem geheimnisvoll transparenten Bildträger, der den Blick auf die Rahmenkonstruktion freigibt, wie zum Beispiel bei „Gangster“ (1988) oder bei „Weißer Raum“ (1994), wo das Raster des Holzrahmens in eine verwirrende Korrespondenz mit dem Bildraum tritt.

Manchmal verdichten sich auch zwischen den Lackschichten eingestreute Farbsubstanzen wie beim „Triptychon“ (1996) zu einem ungegenständlichen Farbrausch, der immer wieder figurative Assoziationen hervorruft.

Die erste Polke-Retrospektive sorgte 1976 in der Kunsthalle Tübingen für Aufsehen. Die Ausstellung des damals 35 Jahre alten Künstlers versammelte sämtliche zwischen 1962 und 1971 entstandenen „Bilder, Tücher und Objekte“ und erfasste sie in einem chronologischen Werkverzeichnis.

„Ausstellungen in Rotterdam, Zürich und Paris machten Polke dann in den 80er Jahren zu einem Protagonisten der internationalen Kunstszene. Seitdem hält er eine Spitzenposition unter den meistbeachteten Künstlern weltweit. Seine Werke fanden Eingang in die großen Sammlungen und Museen, sie schmücken den Bundestag im Berliner Reichstagsgebäude. Die unumstrittene Instanz der Moderne, das Museum of Modern Art in New York, widmete ihm als einem der ersten Deutschen 1999 eine Einzelausstellung mit frühen Arbeiten auf Papier. Zusammen mit Beuys, Richter, Baselitz und Kiefer war es Polke, der den bildenden Künsten in Deutschland wieder zu internationalem Renomee verhalf. Zuvor hatten eine solche Resonanz zu Lebzeiten lediglich Dürer, Holbein der Jüngere und Anfang des 17. Jahrhunderts Adam Elsheimer“, schreibt Götz Adriani im Katalog der Ausstellung.

Der Katalog zur Ausstellung: Polke – Eine Retrospektive: Die Sammlungen Frieder Burda, Josef Froehlich, Reiner Speck. Mit einer Einführung von Götz Adriani und einem ausführlichen Gespräch mit Götz Adriani und Frieder Burda, Josef Froehlich und Reiner Speck. Hatje Cantz Verlag, 192 Seiten, rund 185 farbige Abbildungen. Polke- Eine Retrospektive: Die Sammlungen Frieder Burda, Josef Froehlich, Reiner Speck“. Museum Frieder Burda, 3. Februar 2007 bis 13. Mai 2007. Vom 22. Juni bis zum 7. Oktober 2007 im Museum Moderner Kunst in Wien.

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POLKE. Eine Retrospektive.
Sigmar Polke
Die Sammlungen Frieder Burda, Josef Froehlich und Reiner Speck
Kurator: Götz Adriani

Stationen:
03.02.07 - 13.05.07 Museum Frieder Burda, Baden-Baden
22.06.07 - 07.10.07 MUMOK Wien