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Mit ihren Arbeiten erforscht die slowenische Künstlerin Polonca Lovsin (*1970 in Ljubljana) die Schnittstelle des ländlichen und urbanen Raumes und versucht – oft in diesem, aber auch in anderem Kontext – alternative Energiekonzepte zu entwickeln bzw. aufzuzeigen. Derzeit hochaktuelle Schlagworte aus der Tagespolitik, Wirtschaft und Wissenschaft wie etwa Konzepte der NACHHALTIGKEIT, RECYCLING oder RESSOURCENHAUSHALT sowie entsprechende stadtplanerische oder energiepolitische Entwürfe transferiert Lovsin in den künstlerischen Bereich. Für diesen hat sich die ausgebildete Architektin und Künstlerin (Skulptur, Performance, Medien) ganz bewusst entschieden, lassen sich in der Kunst doch Ideen und Experimentierfreude, Unbefangenheit und vor allem spontane Aktionen meistens leichter und natürlich auch spielerischer ein- und umsetzen.

Day with the Goat, 2010 (Ljubljana) So bietet Lovsin mit ihren künstlerischen Arbeiten dann auch keine mehrfach verifizierten Resultate oder hundertprozentige Ergebnisse etwa von Langzeitstudien oder -versuchen. Statt endgültiger Lösungen gibt sie eher Richtungen vor, in die man – eben auch in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik – (weiter) denken könnte. Ihre mitunter ungewöhnlich-unkonventionell anmutenden Einfälle, die sie meistens in Aktionen, Performances oder dokumentierenden bzw. eigenständigen Videos demonstriert, sind sicherlich auch einem noch unter sozialistischen Verhältnissen geschulten Improvisieren verpflichtet – oder zu danken. Denn wenn Lovsin etwa in ihrem Video Sock Monkey (2006) ein Paar (getragene?) Strümpfe in einen Spielzeugaffen verwandelt, also diesen aus jenen näht, ist hier nichts anderes als das aktuelle Prinzip des Recycelns vorgeführt.

Jedoch sind gerade ihre künstlerischen Forschungen hinsichtlich der Erhaltung/Entwicklung ruraler Strukturen und bäuerlicher Lebens- wie Ertragsmuster im urbanen Bereich besonders der Nachwendezeit geschuldet. So zeigt sie in ihrem gleichermaßen humorvollen wie informativen Video City Cows (2008), wie sich Milchbauern in Ljubljana behaupten. Lovsins künstlerisch ambitionierte Suche nach alternativen Energie-(erzeugungs)- konzepten wie in den Videos Solar Collection oder Multipurpose Umbrella (beide 2002) gezeigt, ist jedoch selbstredend nicht nur für das postsozialistische Osteuropa, sondern eben weltweit von Relevanz.

Während ihres Künstleraufenthaltes 2009 am Wysing Art Center in Cambridgeshire/England hat Lovsin gemeinsam mit einer Choreografin ein tänzerisches Muster - Dynamo Door Dance - entwickelt, über welches die eingeladenen, professionellen wie nicht professionellen Protagonisten auf einer mit Kippschaltern ausgestatten Fläche allein durch ihrer Bewegung Energie erzeugten – sichtbar in neuer Bewegung und Licht.

Das gleiche Prinzip lag einer ihrer Aktionen im öffentlichen Raum von Ljubljana zugrunde, während derer auf einem von der Künstlerin präparierten Podest viele Passanten und Besucher GEMEINSAM (wiederum durch ihre Bewegung) eine Straßenlampe zum Leuchten bringen konnten.

Auch und besonders für Thüringen und Gera scheinen Lovsins Arbeiten gleich in mehrfacher Hinsicht relevant. Das Bundesland lebt neben seiner Kultur vor allem von seiner Land-Wirt-Schaft. So gibt es zahlreiche eingemeindete Dörfer inklusive Bauernhöfe, deren Strukturen trotz unmittelbarer Stadtnähe erhalten geblieben sind. Andersherum finden sich viele neue sog. Industriegebiete auf der „grünen Wiese“ oder dem „Acker“ direkt vor der Stadt.

Zudem sind besonders in Thüringen aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung der Nachwendezeit unbedingt neue Energiekonzepte gefragt, die auch Arbeitsplätze erhalten oder gar schaffen können, was die Ausrichtung etlicher hier angesiedelter innovativer Forschungszentren und entsprechend orientierter Kleinunternehmen zeigt. Gera als ehemaliger Industriestadt kommt in diesem Zusammenhang eine ganz besondere Bedeutung zu. Elektrisierende Träume

Vielleicht stoßen daher Polonca Lovsins Arbeiten hier über das kunstinteressierte Publikum hinaus auch in breiteren Kreisen der Bevölkerung auf Interesse. Auf dem zentralen Marktplatz der Stadt ist jedenfalls eine Aktion der Künstlerin vorgesehen, die Jung und vor allem Alt zur gemeinschaftlichen Energieerzeugung einladen soll – Neue Energie für Gera! Gemeinsam mit einer Choreografin/einem Choreografen des (momentan schwer angeschlagenen und von Spartenschließung – Tanz – bedrohten) Theaters Gera-Altenburg plant die Künstlerin eine abendlich stattfindende Tanzveranstaltung über ein bis zwei Wochen, vor allem für und mit Senioren. Diese stellen entsprechend der demografischen Entwicklung der Stadt einen Großteil der einheimischen Bevölkerung dar, und sie verfügen sicher über sehr viel Energie. Auf einer entsprechend präparierten Plattform auf dem Geraer Marktplatz unmittelbar vor dem Gebäude des Geraer Kunstvereins soll ein Tanz(-kurs) programm angeboten werden, das mit den Bewohnern der gleichfalls am Markt befindlichen Seniorenresidenz Marktkarree (http://www.seniorenwohnen.brk.de/03_sta ndorte/Gera/01_gera.php) einstudiert und aufgeführt wird, darüber alle Passanten und Interessenten ebenfalls einlädt. Durch die Bewegung der Tanzen wird der an der Plattform angebrachte Schriftzug „Elektrisierende Träume“ – Werkttitel und Beschreibung der Aktion - zum Leuchten gebracht.

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Polonca Lovsin
Elektrisierende Träume/ Electric Dreams
Kurator: Silke Opitz