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Johnen Galerie freut sich Raimer Jochims: Bilder und Steine, 1967 – 2015, zu präsentieren. Die Ausstellung umfasst verschiedenen Schaffensperioden und Medien.

Zentrales Thema Jochims’ Schaffens ist die Entstehung von Werken, die die Natur der Farbe und ihrer Wahrnehmung erkunden. Doch obwohl die Werkgruppen der “Verläufe” (1962 – 1973/4) und “Form der Farbe” (seit 1974) zwar vordergründig auch als Farbfeldmalerei zu bezeichnen sind, geht es dem Künstler weder um die formale Abstraktion (sprich, Reduktion) von Formen noch um eine expressive oder symbolische Darstellung von Motiven oder Inhalten. Vielmehr beschäftigt sich Jochims mit der Identität und dem Sein von Farbe.

Während die in den 1960er Jahren entstandenen Farbverläufe noch auf zeitgenössische Color-Field Malerei verweisen, insbesondere Ad Reinhardt und Mark Rothko seien genannt, begann der Künstler mit der Abwendung von rechteckigen Formaten („Farbe ist nicht ...“) die seitdem entstandenen Arbeiten allein aus den Farben heraus zu entwickeln. Die oft vielschichtigen, kontrastreichen Farbkombinationen bieten eine visuelle Substanz aus Prozessen, Energien und vielleicht eigenen Charakteristika: bescheiden, kräftig, spannend, ausgeglichen. Diese Dynamiken ist weder psychologisierend noch rein phänomenologisch zu verstehen, sondern ergeben sich aus der Betrachtung, die der Künstler durch Farbauswahl, -auftrag und die Formen ihres Untergrunds entstehen lässt.

Trotz der zum Teil abgerundeten, wellenartigen oder gezackten Formen der Spanplatten, deren gebrochene Ränder von den Schichten des Farbauftrags zeugen, werden die Arbeiten nicht emphatisch Objekt (wie es bei solch „shaped canvases“ anderer Künstler oft geschehen kann), sondern scheinen in der Tat aus Farbe zu bestehen.

In einem langjährigen, steten Prozess bearbeitet Jochims die Steine, die im Zusammenspiel mit einem Untergrund aus rechteckigen Holz- und Filzteilen die Wesensmerkmale dieser ganz unterschiedlichen Materialien sprechen lassen. Die Steine entstehen seit 1976 bis heute. Es handelt sich dabei um gefundene Natursteine, deren Oberfläche der Künstler mit dem Meißel bearbeitet, bis sie so „differenziert wie nötig und so straff wie möglich“ (Jochims) sind. Der Künstler verbindet sowohl mit dem Behauen der Steine als auch mit deren Rezeption Empfindsamkeit, Demut und Dauer. Ihr Bezug zur Erde manifestiert sich in ihrer Herkunft wie der Präsentation am Boden. Mit ihrer organischen Form verbinden sie oben und unten, links und rechts, vorne und hinten und bilden einen Ausgleich zu den rechteckigen Räumen.

In einer Verquickung aus positivistischem („Sehen heißt, nicht der Sinnlichkeit erliegen“ Arbeitsnotiz 14. 4. 1997) und spirituellem („Kraft geben nicht verzehren“) Ansatz, verfolgt Jochims eine Abstraktion, die weder weniger noch mehr als Darstellung sein will. Im Glauben an eine kosmische Ordnung der Welt, die von der Kunst mitgetragen und befördert werden kann, sind Jochims Arbeiten von dem Wunsch gekennzeichnet dem Betrachter eine konstruktive, „lebensfördernde“ Seherfahrung zu erlauben und somit nicht nur den Blick zu schulen.

Der Künstler wurde in 1935 in Kiel geboren. Er lebt und arbeitet bei Frankfurt am Main.