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Nach der Gruppenausstellung THOUGHT im vergangenen Frühjahr zeigt die Galerie Thomas Schulte unter dem Titel „Something Else“ eine Einzelausstellung mit Arbeiten des britischen Bildhauers Richard Deacon. Ab Freitag, den 15. November 2013 sind neue Skulpturen und Wandarbeiten des Künstlers zu sehen. Richard Deacon gehört zu den bedeutendsten und konstant erfindungsreichsten Bildhauern seiner Generation. Bereits die Anfänge seiner Karriere waren von Experimenten mit unterschiedlichen Materialien und künstlerischen Ausdrucks-formen geprägt, die Performance, Fotografie und Zeichnung miteinschlossen. Seine Arbeit ist dabei geprägt von einem tiefen Interesse an der materiellen Beschaffenheit seiner verwendeten Werkstoffe, die so verschieden sind wie laminiertes Holz, Beton, PVC, Edelstahl und Keramik. Deacons Skulpturen erscheinen als komplexe Lineamente, rhythmische Verflechtungen oder organische Körper und beeindrucken durch die außergewöhnliche Durchdringung von Form, Oberfläche und Raum. Im Mittelpunkt steht dabei das Spiel mit positiver und negativer Form aus dem Verständnis heraus, dass eine Skulptur nicht nur durch ihre Oberfläche, sondern vor allem durch ihre Zwischenräume definiert wird. Je nach Standort gewähren Deacons Skulpturen immer neue Ansichten, Einsichten und Durchsichten, die den Leerraum in der Skulptur und um sie herum als immaterielle Form erscheinen lassen. Die in der Ausstellung gezeigten neuen Arbeiten setzen Deacons Themen von Raumerfassung, Volumen, Materialer-fahrung, Dynamik und Kombinatorik fort: „Viele Dinge ent-stehen aus Frustration – auch wenn ich nicht sicher bin, ob ich das als einen kreativen Prozess empfehlen würde. Vor einigen Jahren sah ich mir einige Materialproben strukturierter Edelstahl-platten an und dachte mir, dass es interessant sein könnte, damit zu arbeiten – das Metall war sehr dünn, eigentlich nur geeignet, um eine Oberfläche abzudecken. Doch ich überlegte mir, dass es durch Biegen an Festigkeit gewinnen könnte. Ich hatte zuvor mit Pappmodellen aus festen Materialien gearbeitet, die sich, so dachte ich, in größere Arbeiten übersetzen ließen, indem man die Eckpunkte zu einer skelettartigen Rahmenkonstruktion zusammenfassen würde. Die Zusammenarbeit mit der Firma, welche die Materialien liefern sollte, stellte sich jedoch als recht schwierig heraus, da es sie nicht zu interessieren schien, die zwei bis drei Platten zu liefern, die ich benötigte. Schließlich bekamen wir sie doch und um den Ärger einer Nachbestellung zu vermeiden, entschieden wir uns dafür, zunächst, sozusagen probeweise, die Skulpturen aus dem unlegiertem Stahl anzufertigen, um sicherzugehen, dass wir später den Edelstahl beim Zuschnitt bestmöglich ausnutzen konnten. Die Edelstahl-Version war zwar zufriedenstellend, dennoch war ich nicht geneigt, diesen Ansatz weiter zu verfolgen. Die Version aus unlegiertem Stahl stand noch in der Werkstatt und anstatt sie verrosten zu lassen, machte Gary von Twin Engineering den Vorschlag, sie mit einer Pulverbeschichtung zu versehen (eingebrannt auf Lack). Ich entschied mich für eine der hellsten Farben der Palette – ein strahlendes Gelb – und die Arbeit wurde zum Lackierer gebracht. Das Ergebnis war hervorragend, leuchtend, klar und als Objekt beinahe ätherisch. Der Titel der Arbeit „Something Else“ spiegelt diesen Übergang – aus etwas anderem in steinerner Form – und ich dachte mir, „Das ist der richtige Weg!“. Das Endergebnis ist nun erstmalig in der Galerie Thomas Schulte zu sehen: Eine Gruppe von sechs mittelgroßen, vielek-kigen Skulpturen in leuchtenden Farben, die alle dieses „andere“ sind, dieses „something else“ auch im Titel tragen. Die Verwendung der skelettartigen Grundstrukturen hat ihren Ursprung in Keramikarbeiten, bei denen ich geformte Ton-klumpen aushöhlte und sie als Ausgangspunkt für eine größere Keramik- oder Edelstahlarbeit nutzte. Mit der neuen Werk-gruppe bei Thomas Schulte habe ich für mich eine Übertragung geschafft, nicht so sehr der Form, aber in ihrem Verhältnis zu Farbe und Oberfläche, das in der Lasur meiner früheren Keramikarbeiten seinen Ursprung hat. So wurden die Modelle für die aktuellsten dieser Arbeiten nicht aus Pappe, sondern aus Marmorstücken geformt, die ich im vergangenen Sommer in einem Marmorsteinbruch in Serbien sammelte und zuschnitt. Ergänzend werden in der Ausstellung in der Galerie Thomas Schulte drei Arbeiten aus meiner Alphabet-Serie gezeigt, eine Gruppe von 26 Zeichnungen, durch die ich mich langsam hindurch arbeite. Es gibt eine offensichtliche Verbindung zwischen den vieleckigen Zellen der Wandreliefs und der Form der Stahlskulpturen, denn die Gruppe der 26 Zeichnungen entstand tatsächlich zur gleichen Zeit, in der ich die Tonklumpen aushöhlte. Es erscheint mir erstaunlich, wie sich die gleiche Beschäftigung über die Jahre hinweg entwickelt hat, wie die verschiedenen Stränge sich voneinander weg- und in unter-schiedlicher Weise aufeinander zu bewegen, wie sie es in dieser Ausstellung jetzt neuerlich tun. Für mich ist es immer etwas an-deres.“

Richard Deacon, geboren 1949 in Bangor, Wales, lebt und arbeitet in London. Seine Arbeiten wurden, sowohl national als auch international, in zahlreichen Einzelausstellungen gezeigt, wie etwa in den Riverside Studios (1984) und der Tate Gallery in London (1985), dem Bonnefantenmuseum in Maastricht (1987/88), dem L.A. MOCA (1988), der Whitechapel Art Gallery, London (1989/90), und dem PS1 in New York (2001). Seine umfangreiche Retrospektive “The Missing Part” eröffnete 2010 im Musée de Strasbourg und wurde anschließend 2011 im Sprengel Museum in Hannover gezeigt. Kürzlich präsentierte das Centro de Arte Contemporáneo in Málaga (2012/13) eine Einzelausstellung des Künstlers. Die Tate Britain bereitet für 2014 eine große Retrospektive Richard Deacons vor. Neben seiner künstlerischen Arbeit ist Richard Deacon seit 2009 Professor an der Kunstakademie Düsseldorf, nachdem er zuvor 12 Jahre an der École Nationale Supérieur des Beaux Arts in Paris unterrichtet hatte. 1987 erhielt Deac on den Turner Prize.

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Richard Deacon
Something Else

Künstler:
Richard Deacon