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Eröffnung 14.11.2008, 19:00 Uhr

Richard Kriesche untersucht Systeme der Wahrnehmung. Mit seinen Arbeiten, die oft kulturpolitischen Hintergrund haben, zählt er zu jenen Persönlichkeiten der Gegenwartskunst, die ihre künstlerische Recherche immer an den Herausforderungen neuer Technologie und Wissenschaft orientiert haben und gilt dabei als bahnbrechender Motor der Medienkunst.

In seiner Ausstellung Capital + Code bildet Richard Kriesche Verflechtungen ab und interessiert sich für die Struktur von Phänomenen. In der alles in technoides Computerblau tauchenden Lichtinstallation Aesthetics of Capital, 2008 für das Kunsthaus geschaffen, werden mittels einer Visualisierungssoftware, die auch an der Börse zum Einsatz kommt, aus acht Projektionen Fieberkurven eines schwankenden Marktes auf die Innenhaut des Hauses geworfen. Die verschieden kombinierten Begriffe Kunst, Arbeit, Kapital und Freiheit erzeugen dabei durch Suchabfragen an Google sich in Echtzeit ständig verändernde Abbilder eines nicht spürbaren globalen Zustandes.

Geradezu hellsichtig, mehr als ein Jahr vor den Börsenereignissen der letzten Wochen konzipiert, gibt die Installation ein drastisches Bild der Vernetzung und Interdependenz komplexer Zusammenhänge, die nicht nur das heutige Finanzsystem, sondern das Gesamtbild der Welt bestimmen. Für Kriesche ist konsequenterweise auch dieses Gesamte mit seinen abbildlichen Wirklichkeiten ein kritisch zu befragendes System, dessen Hinterfragung sein Oeuvre prägt und bereits mit den spätkonstruktivistischen Numerischen Systemen der 1960er-Jahre beginnt. So zeigt die gesamte Ausstellung Ausschnitte aus seinem Werk, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven, aber immer ganz nah am Geschehen seiner Zeit, den Auswirkungen und Bedingungen von visuellen und gesellschaftsbestimmenden Systemen widmet. In Studio Sperimentale, 1970 im Rahmen der Biennale in Venedig gezeigt, spürt er den Bedingungen und scheinbaren Eindeutigkeiten von Dimensionen nach. Life-Video-Sound-Polaroid Installation, eine Ausstellung in der Neuen Galerie Graz 1973, beschäftigt sich mit den Verhältnissen von Ausstellungsraum, Inszenierung und den Verschiebungen zwischen Schaffen und Betrachten.

In Zwillinge von 1977 wiederum stellt Kriesche gesellschaftliche Realität philosophischen Überlegungen gegenüber und deckt mit Hilfe elektronischer Medien neue reale Räume auf. W.Y.S.I.W.Y.G. (1989) transformiert Kunstgeschichte in „objektive” Bildinformationen mittels digitaler, geodätischer Analyse. Gedanklich entsprechend untersucht The Informations Loaded Portrait von 1997 die Möglichkeiten des Bildes als Informationsträger und überlagert Porträtformen mit dazugehörigen persönlich prägenden Inhalten. Bei Art_Chip (2004) und dem Genetischen Portrait (2001) wird diese Untersuchung der Systematisierung des Menschlichen auf eine visuelle und akustische Spitze getrieben. Ganz anders schließt Der ewige Horizont von 2000 den Kreis von Kriesches Untersuchungen visueller und gesellschaftlicher Codierungen geradezu poetisch und macht in einer sich wiederholenden Bewegung den ökologischen Rhythmus der Welt erahnbar.

So werden in der gesamten Ausstellung die Systeme der Wissenschaft, der gesellschaftlichen und politischen Analyse, der Ökonomie und der Kunst zu einer Interaktion zusammengeführt, die in den öffentlichen und politischen Raum eingreift und dabei Architektur und Mediengebrauch neu definiert.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

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Richard Kriesche
Capital Code
Kuratoren: Peter Pakesch, Katrin Bucher Trantow