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Wir freuen uns, neue Arbeiten der in New York und Köln lebenden Künstlerin Rita McBride (*1960 in Des Moines, Iowa) präsentieren zu können. Neben Skulpturen aus der jüngsten Werkgruppe, den Middle Managers, stellt die Künstlerin das für den Münchener Effnerplatz geplante Kunstprojekt Mae West vor. Gemeinsam mit der Annemarie Verna Galerie vertritt die Mai 36 Galerie die Künstlerin seit 1999.

Mit ihrem Vorschlag für den Effnerplatz, der Teil des grossen Tunnelbauprojektes „Mittlerer Ring Ost“ in München ist, stösst Rita McBride mit ihrer künstlerischen Arbeit ganz wörtlich in neue Dimensionen vor: ein 2001 realisiertes Projekt für den öffentlichen Raum, die Salford Arena, welche neben dem Trainingsfeld von Manchester United liegt, erscheint im Vergleich zu den Dimensionen von Mae West geradezu bescheiden. Rita McBrides Vorschlag für eine 52 Meter hohe Skulptur soll einen Kontrapunkt zur Silhouette der Hochhäuser im Osten des verkehrsumtosten Platzes bilden, unter dem in Zukunft der Isarring in einem Tunnel verschwinden wird. Sie schafft damit eine massstäblich nachvollziehbare Verbindung zwischen den Hochhäusern und den Wohnüberbauungen, die an den Platz angrenzen, sowie dem Englischen Garten auf der anderen Seite der Isar. Auf Grund der topographischen Lage an der Isarhangkante wird die aus gekreuzten Stäben, ein hyperbolisches Paraboloid bildende Skulptur von dieser Seite aus von weitem sichtbar sein. Aus der Ferne wird sie als einprägsames, die Silhouette des Isarufers prägendes Zeichen erfahrbar. Die Monumentalität des Projektes wird jedoch durch die filigrane, eine Drehbewegung andeutende Gitterstruktur der geometrischen Figur zurückgenommen, welche ein grösstmögliches Mass an Durchlässigkeit und Offenheit erlaubt. Während der Durchgangsverkehr unterhalb dem auf dem Tunneldeckel zu stehen kommenden Werk hindurchfliesst, wird die Strassenbahn die Skulptur durchqueren. Der Verkehr und die Bewegung im städtischen Raum erfahren durch Mae West eine subtile Inszenierung. Weit entfernt von einer theatralischen Geste wirkt diese auf Grund der Einfachheit und Eleganz der Arbeit so selbstverständlich, dass man es ihr zutraut, den bisher vom Verkehr dominierten Platz mit seiner heterogenen Umgebung in einen städtischen Ort zu verwandeln, in dem die Dynamik städtischen Lebens nicht nur akzentuiert, sondern auch symbolisch verdichtet wird. McBrides künstlerisches Denken, das sich an den Grenzen zwischen Skulptur, Architektur und Design bewegt und das Wechselverhältnis von Form, Bedeutung und Funktion ergründet, erfährt hier eine eindrucksvolle Manifestation. Die Frage danach, auf welche Weise abstrakte Formen und Strukturen Bedeutungszuschreibungen erfahren und der Imagination neue Räume eröffnen, ist für das Schaffen der Künstlerin zentral. Sie erkundet, welchen Anteil eine bewusste ästhetische Gestaltung im Gegensatz zu einer bloss pragmatisch-funktionalen Formgebung an der Generierung von Bedeutung hat und wie sich Sinn und Bedeutung durch den Akt der Repräsentation verschieben. Nur scheinbar stellt dieser selbst in seiner einfachsten Form, der Imitation in einem Modell im Massstab 1:1, eine blosse Wiederholung dar. So scheinen McBrides Middle Managers sich äusserlich zwar nur geringfügig von ihren Referenten, den elektrotechnischen Verteilerkästen zu unterscheiden, die zu den unscheinbaren, kaum je beachteten, doch unausweichlichen Objekten des städtischen Raumes gehören. Dennoch stellt die unmerkliche Präzisierung der Form in der Wiederholung sowie die Loslösung aus dem ursprünglichen Kontext einen Bruch mit der Wirklichkeit dar. Das Modell erhält ikonische Qualitäten, die in Anbetracht der Bedeutungslosigkeit und allenfalls funktionalen Relevanz seines Referenten, eine ironische Wendung erfahren. Alltags-, und spezifisch ästhetische Erfahrung werden von Rita McBride in ihrem Wechselverhältnis einer kritischen Prüfung unterzogen. Die geheimnisvolle Opazität der Middle Managers steht dabei in Kontrast zu ihrer anspruchslosen Erscheinung, die sie als Kunstwerke beinahe zum Verschwinden bringt. [Text: Iris Wien]