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Roman Signer

Achtundfünfzig senkrecht aufgestellte, ein Meter neunzig hohe Holzbalken unterteilen den beinahe quadratischen Innenraum der Synagoge Stommeln in zwei Hälften. Fünf Balken dieser Wand sind umgestürzt, dahinter ist ein Ventilator zu sehen - mit beinahe figürlicher Präsenz, der dem Betrachter unablässig Wind entgegen bläst. Die Wand aus Balken bezieht ihre Stabilität nur von der kleinen Standfläche sowie durch die gegenseitige Fixierung der Balken untereinander. Allerdings erscheint diese Stabilität sehr unsicher. Fast ein Wunder, dass nicht mehr oder vielleicht alle Balken umgestürzt sind in einer fatalen Kettenreaktion. Man kann sich den plötzlichen Lärm und das Chaos bildhaft vorstellen. Die fünf liegenden Balken sind vom Thoraschrein aus, in dem früher vermutlich vier Thorarollen aufbewahrt wurden, in den Raum gestürzt. Ein künstlich erzeugter Wind hat sie umstürzen lassen. Die anderen noch stehenden Balken besitzen diese potenzielle Energie des Umstürzens weiterhin, während das Geschehen selbst, das ohne Publikum stattfand, in der installativen Form ein vorläufiges Ende findet.

Die Schlichtheit der Installation von Roman Signer erzeugt eine hohe metaphorische Dichte. Die formsprachliche Konsequenz überwiegt diese metaphorische Dichte noch, weshalb eine Deutung der vielen beredten Elemente dieser Arbeit (Wand, Innen-Außen, Wind, Wort, Umsturz, Verwandlung, Veränderung, etc.) dem unmittelbaren Eindruck nicht viel hinzuzufügen hat.

Das richtunggebende, vielleicht manchmal sogar einschränkende Assoziations-spektrum einer ehemaligen Synagoge, einer jüdischen Gedenkstätte als Ausstellungsraum besetzt sprachlich einen gewissen Teil von Signers Arbeit (wie die Arbeit jedes anderen Künstlers auch). Es gelingt Roman Signer jedoch in Interaktion mit der geschichtlichen Determination der Gedenkstätte eine weitgehend klischeefreie künstlerische Interpretation zu erzeugen, die sich von der Deutungsbesetzung durch den Raum nicht vereinnahmen lässt. Warnender Zeigefinger, Betroffenheitslyrik oder verfehlte Identifikation mit den Opfern sind nicht anwesend. Dafür eine Formensprache, die mit der rhizomatischen Vielschichtigkeit und gleichzeitigen Geschlossenheit eines Symbols das Gegebene aufnimmt und in der Sprache der Kunst zurückgibt.