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03.12.2022 – 19.02.2023
Eröffnung: 02.12.2022, 19 Uhr

ROSANA PAULINO The Liability of Threads

The Liability of Threads im Kunstverein Braunschweig präsentiert das Werk von Rosana Paulino in einer ersten umfassenden institutionellen Einzelausstellung der Künstlerin in Europa. Die Ausstellung wird mehrere Werkgruppen der vergangenen 20 Jahre beinhalten, die das gesamte Erdgeschoss der Villa Salve Hospes einnehmen werden, sowie eine Reihe von neuen Arbeiten, die für die Ausstellung entstanden sind.

Rosana Paulinos Arbeit und Forschung konzentriert sich auf soziale, ethnische und geschlechtsspezifische Themen, insbesondere auf den weiblichen Schwarzen Körper und seine Darstellung. Eine Vielzahl von künstlerischen Techniken – Näharbeiten, Collage, Zeichnung, Video und Installation – kommen zum Einsatz, um die koloniale Sichtweise der Geschichte in Frage zu stellen. Eine Sichtweise, die auch heute noch zur Legitimierung der bestehenden Rassen- und Machtstrukturen in Brasilien und der ganzen Welt dient. Diese europäische Geschichtsschreibung bildete die Grundlage für das rassistische wissenschaftliche und biologische Wissen über die Menschen und die Natur in den Tropen, beeinflusste die religiösen Erzählungen und dient weiterhin als Rechtfertigung für die Unterdrückung der afrikanischen Identität in der Welt.

Unter Verwendung persönlicher sowie Archivbilder und eigener Fotografien und Erfahrungen erschafft Paulino eine zugleich fragile und radikale Gegenerzählung zu den gängigen Bildern der künstlerischen und wissenschaftlichen Ikonografie seit dem 17. Jahrhundert, eine Bildsprache, die bis heute rassistische Erzählungen zu rechtfertigen versucht. Paulino erforscht die Auswirkungen der Erinnerung und die Verflechtung ästhetischer, sozialer und psychologischer Welten und gestaltet historische Bilder neu, die zu einer verzerrten Konstruktion der Erinnerung beigetragen haben. Das kraftvolle und komplexe Werk der Künstlerin entwickelt eine Art autobiografische Biologie zwischen Wissenschaft und Mythologie: Beschreibungen von Körpern, Verwandlungen und Metamorphosen, die Gefangenschaft sowie der Schutz des weiblichen Schwarzen Körpers.

Rosana Paulino ist eine 1967 in São Paulo geborene bildende Künstlerin, Forscherin und Pädagogin. Sie hat einen Doktortitel in Bildender Kunst von der School of Communications and Arts der Universität São Paulo (ECA/USP), eine Spezialisierung in Druckgrafik vom London Print Studio, London, und einen BA in Druckgrafik von der ECA/USP. Von 2006 bis 2008 war sie Stipendiatin der Ford Foundation und von 2008 bis 2011 war sie Capes-Stipendiatin. Im Jahr 2014 erhielt sie ein Stipendium für einen Aufenthalt im Bellagio Center der Rockefeller Foundation in Bellagio, Italien. 2017 wurde sie mit dem Bravo Award und der Brazilian Association of Art Critics (ABCA) in der Kategorie Zeitgenössische Kunst ausgezeichnet.

Ihre Werke waren in zahlreichen Ausstellungen zu sehen u.a.: 59. Venedig Biennale (2022), „Afro-Atlantic Histories“, National Gallery of Art, Washington DC (2021), 22nd Sydney Biennial, Sydney (2020); 21st Sesc Videobrasil Biennial, Sesc 24 de Maio, São Paulo (2019); „Tropical Paradise“, The Frank Museum of Art, Otterbein University, Ohio (2019); „Rosana Paulino – A costura da memória“, Pinacoteca de São Paulo, São Paulo, Brasilien (2018); „Settlement“, Clifford Art Gallery, Colgate University, New York (2018).

Kurator: Nuno de Brito Rocha