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Dabei geht es aber keineswegs um eine Art nostalgischer Rekonstruktion. Vielmehr wird in der Karriere dieses revolutionären Modemachers auf faszinierende Weise sichtbar, wie die Mode gesellschaftliche Trends und Entwicklungen zugleich widerspiegelt und vorwegnimmt. Nicht ohne Grund haben Rudi Gernreichs Ideen bis heute enormen Einfluß.

Gezeigt werden die Kollektionen und Entwürfe Rudi Gernreichs von den späten fünfziger Jahren bis zu seinem Tod 1985: Kleider, Zeichnungen, Modefotografien von Helmut Newton, Richard Avedon, William Claxton, David Bailey u.a., Ausschnitte aus Talkshows und Hollywoodfilmen, die Gernreich ausstattete, Dokumente zu seiner Wiener Jugend und Kindheit, seinem Leben und seinen vielfältigen Projekten in den USA u. a.

Die Ausstellung wird vom bekannten Architektenteam Coop Himmelb(l)au gestaltet, eigens für die Ausstellung wird von Daniel Egg und Markus Eiblmayr ein virtueller Laufsteg entwickelt, der es erlaubt, Modelle in Bewegung vorzuführen. Die BesucherInnen blicken in einen Raum und erleben ein Szenario aus realen Objekten und virtuellen Models, die sich dreidimensional durch den realen Raum bewegen. Diese Form der Präsentation erzeugt einen verblüffenden Effekt für die BesucherInnen der Ausstellung, und gestattet zudem, Rudi Gernreichs Entwürfe anschaulich, gleichsam "verlebendigt" vorzuführen. Die Installation rekonstruiert Gernreichs Kleidungsstücke am bewegten Körper, und erzeugt dabei eine reflexive Distanz zum Betrachter.

Brigitte Felderer studierte angewandte Sprachwissenschaften, Kommunikationswissenschaften und Romanistik in Wien. Sie lehrt an der Wirtschaftsuniversität sowie an der Universität für Angewandte Kunst. Ausstellungsprojekte seit 1987: Die Sehnsucht nach dem Orient; Welten von Morgen; HIC SAXA LOQVVNTVR; Wunschmaschine Welterfindung. Eine Geschichte der Technikvisionen seit dem 18. Jahrhundert; Avantgarde Schmuck 1960 – 1990 aus der Sammlung Inge und Elisabeth Asenbaum.

Geboren wurde Rudi Gernreich 1922 in Wien, 1938 musste er vor den Nazis in die USA flüchten – und wurde dort zu einem der einflussreichsten Modedesigner des 20. Jahrhunderts. Seine Ideen und Entwürfe, wie etwa die Oben-ohne-Mode ("Monokini"), der "Total Look" oder die Unisex-Mode, zählen heute ganz selbstverständlich zum modischen Repertoire, in den sechziger Jahren aber provozierten seine Projekte immer wieder internationale Skandale. Monokini-Trägerinnen wurden am Strand verhaftet; Illustrierte rissen sich um die provozierenden Fotos seiner Models; Talkmaster verfolgten den eloquenten Designer mit Interviewangeboten.

Rudi Gernreich kümmerte sich nicht um überkommene Körper- und Kleidervorstellungen, sondern verfolgte hartnäckig seine Ideen zu einer 'Mode der Zukunft'. Bestimmend blieb für ihn, der in Los Angeles lebte und arbeitete, Zeit seines Lebens die intellektuelle Atmosphäre im Wien der Zwischenkriegszeit. Inspiriert von den ästhetischen Konzepten der Secession und den gesellschaftlichen Utopien des "Roten Wien", aber auch vom Qualitätsbegriff des österreichischen Handwerks, entwickelte er in der Emigration eine Mode, die für alle tragbar sein sollte: Frauen und Männer, Junge und Alte, Reiche und Arme; eine Mode, die der Trägerin, dem Träger zu einem neuen Selbstbewusstsein verhelfen sollte.