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Vom 28. November 2008 bis 8. Februar 2009 organisiert das Kunsthaus Zürich die erste Einzelausstellung der Künstlerin Runa Islam in der Schweiz. Die 1970 in Dhaka geborene und in London lebende Künstlerin hinterfragt in ihren Arbeiten filmische Illusionen und rückt den Akt des Sehens - sowohl im Sinne von Schauen wie Erkennen - in den Mittelpunkt. Runa Islams poetische Arbeiten sind bildstarke Kreationen, die Analytik und Sinnlichkeit auf vielfältige Weise verschränken.

KÜNSTLERISCHE ENTSCHLEUNIGUNG DES ALLTAGS Die Arbeit "First Day of Spring" (2005) ist ein Gruppenporträt von Rikscha-Fahrern in Dhaka. Rund 500.000 solcher Fahrer gibt es in Runa Islams Geburtsstadt und die meisten von ihnen sind vom Land in die Stadt gezogen, um dort ein Einkommen für ihre Familien zu finden. Die Fahrer werden von der Regierung für die endlosen Verkehrsstaus verantwortlich gemacht und immer wieder von den Strassen vertrieben. Doch von dieser Hektik ist in "First Day of Spring" nichts zu spüren. Die Rikscha-Fahrer sitzen vielmehr gemütlich auf ihren Fahrrädern und scheinen entspannt den ersten Frühlingstag zu geniessen. Das können sie, weil ihnen Runa Islam für die Dreharbeiten einen Tag frei gegeben und sie fürs Nichtstun bezahlt hat. Diese Umkehrung ist ganz charakteristisch für die Künstlerin: "In "First Day of Spring" habe ich die Rikscha-Fahrer bewusst ins Zentrum gerückt, als Gegenstück zu ihrer sozial und wirtschaftlich marginalen Rolle." Auch filmisch findet eine Umkehrung der normalen Verhältnisse statt: Die einzelnen Einstellungen sind lang und fast schon statisch. Die Kamera nähert sich der Rikscha-Gruppe aus verschiedenen Perspektiven, hält zwischendurch den sanften Frühlingswind fest, der durch die Blätter bläst und zoomt dann auf die einzelnen Gesichter der Fahrer, bevor diese schliesslich im abendlichen Sonnenlicht davon fahren. "First Day of Spring" ist eine Arbeit, die einen durch ihre subtile Intensität und visuelle Kraft in den Bann zieht. Runa Islam verbindet darin das Hinterfragen filmischer Illusion mit dem Offenlegen gesellschaftspolitischer Phänomene.

IM ZEITLUPENTEMPO WECHSELN SINNLICHKEIT UND AGGRESSION Die bisher bekannteste Arbeit ist der 16mm-Film "Be the First to See What You See As you See It". Diesen hat die Künstlerin 2005 im Arsenale der Biennale in Venedig gezeigt. Darin sieht man, wie sich eine junge Frau durch einen Raum mit weiss gestrichenen Sockeln bewegt, auf denen Porzellantassen und -krüge ausgestellt sind. Dann beginnt sie, die Tassen mit einer feinen Handbewegung zu verschieben, bis diese schliesslich in extremer Slow-Motion von den Sockeln stürzen und am Boden zerbersten. Wie immer bei Runa Islam vermischen sich auch hier formale Referenzen mit gesellschaftlichen Inhalten: einerseits verweist die Künstlerin damit auf den ersten Slow-Motion Testfilm aus den 1930er Jahren, in dem gezeigt wurde, wie ein Mann einen Wasserkrug zerschlägt. Andererseits kann die Zerstörung der Porzellan-Tassen auch als Akt des Widerstandes gegen die Kolonialmacht Grossbritannien oder als feministischer Akt gelesen werden. Die Künstlerin lässt die Interpretation bewusst offen: "Meine Arbeit kann auf unterschiedliche Weise gelesen werden. Ich versuche, einen Dialog mit den Betrachtern aufzubauen, damit sie ihre eigene Orientierung finden."

NEUE FILM-INSTALLATION DER INTERNATIONAL GEFRAGTEN KÜNSTLERIN Für die von Mirjam Varadinis kuratierte Ausstellung im Kunsthaus Zürich realisiert Runa Islam eine neue Film-Arbeit. Gezeigt wird diese in einer speziell für den Kabinettraum entworfenen Installation, die Runa Islam in Zusammenarbeit mit dem slowenischen Künstler Tobias Putrih (*1972) konzipiert. Runa Islams Werk ist in diesem Jahr auch an der Manifesta 7 in Trento präsent und wird in der Tate Britain gezeigt, wo die in London lebende Künstlerin für den Turner-Prize nominiert wurde.

Die Ausstellung im Kunsthaus Zürich ist die erste Einzelausstellung von Runa Islam in der Schweiz. Sie entsteht in Zusammenarbeit mit dem Folkwang Museum in Essen. Dazu erscheint ein Katalog in Deutsch und Englisch, der am Kunsthaus-Shop und im Buchhandel erhältlich sein wird.

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Runa Islam
Kuratorin: Mirjam Varadinis

Stationen:
28.11.08 - 08.02.09 Kunsthaus Zürich
29.11.08 - 25.01.09 Museum Folkwang, Essen