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Sprache ist ein mächtiges Organisationssystem: Kausalitäten, Ordnungen, Hierarchien werden hier etabliert und aktualisiert. Zugänge werden ermöglicht oder verwehrt. Sprache ist ein System, dessen sich das Subjekt als Instrument aktiv bedient, während es zugleich von seiner Struktur bestimmt wird. Gesprochene Sprache hat Rhythmus, Ton, Lautstärke; auf Schallwellen bewegt sie sich durch den Raum und ist körperlich erfahrbar. Sprache schreibt sich ins Subjekt ein – sie schreibt es her. Performativ vollzieht sie Handlungen und schafft Tatsachen.

Ruth Buchanan untersucht in ihren Performances, Installationen, Skulpturen, Publikationen und Filmen – häufig durch einen spezifischen Einsatz von Sprache – die Bedingungen von Informationsverarbeitung im Kontext kultureller Produktion. Ihr aktueller Werkkomplex, der hier gezeigt wird und in Kooperation mit dem Badischen Kunstverein (Karlsruhe) und dem Institute of Modern Art (Brisbane) produziert wurde, verweist auf historische und gegenwärtige Orte, wie das Archiv einer öffentlichen Institution und das Lagersystem einer privaten Firma oder einer halb-öffentlichen Bibliothek. Dabei hinterfragt Buchanan die impliziten Vereinbarungen der Verarbeitung, Organisation und Präsentation von Material, auch hinsichtlich ihres Verhältnisses zum Subjekt.

Or, a camera Or, a building Or, a screen bringt mehrere auditive Arbeiten mit grafischen, skulpturalen und performativen Elementen im Raum zusammen. In assoziativen, teilweise an konkrete Poesie erinnernden Sprachstücken ersetzt und verschiebt Ruth Buchanan fortlaufend sich wiederholende Begriffe und rekontextualisiert diese. Ihre alternativen Ordnungen brechen die zuvor etablierten Setzungen auf und generieren weitere Konstellationen. Die neu geschaffenen Beziehungen verändern Status und Bedeutung der verhandelten Gegenstände. Ihr nicht realisiertes Potential sowie die Definitionsmacht der Sprache werden offenbart.

Buchanans sprachliche Operationen kondensieren andernorts gezeigte Teile des zusammengehörigen Werkkomplexes – eine Performance, ein Film und eine Ausstellung – zu einem auditiven Echo. Dieser Epilog verweist in einem Appendix mit sieben Hörstücken auf aktuelle und historische Beispiele, die eine Begegnung von Körper und Apparat – im Sinne von einer Material verarbeitenden oder organisierenden Struktur – implizieren. Jenseits dieser konkreten recherchebasierten Referenzen untersucht Buchanan die Auseinandersetzung von Subjekt und System in weiteren Arbeiten maßgeblich mittels Sprache, da diese selbst unweigerlich ein Feld der Interaktion von Subjekt und System darstellt.

Zur Ausstellung entsteht eine Audio-Publikation in Form einer LP. Sie ist Teil einer Serie, die der Kunstverein in Kooperation mit dem Kölner Label für Künstlerschallplatten Apparent Extent produziert.

Ruth Buchanan (*1980 in New Plymouth, Neuseeland) lebt und arbeitet in Berlin. Ihre jüngsten Einzelausstellungen wurden u.a. präsentiert im Badischen Kunstverein, Karlsruhe (2015); Hamburger Bahnhof, Berlin (2014); Hopkinson Mossman, Auckland (2014); Grazer Kunstverein, Graz (2011); Casco – Office for Art, Design and Theory, Utrecht (2010); The Showroom, London (2009). Viele weitere Institutionen zeigten ihre Performances: Institute of Modern Art, Brisbane (2015); Tate Modern, London (2011); Kunsthaus Bregenz, Bregenz (2010).

Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit dem Badischen Kunstverein in Karlsruhe und dem Institute of Modern Art (IMA) in Brisbane.