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Stadtstrukturen als Modelle für urbane Befindlichkeiten differenzieren sich im zunehmenden Ausmaß über soziale Interaktionsformen, die unabhängig von der architektonischen Realität identitätsstiftende Maßnahmen setzen. Als Interaktionszone der besonderen Art hat das FLUC seine Position als temporärer Signifikant des Urbanen mittlerweile hinlänglich dokumentiert, indem in einem architektonisch zurücktretenden Ambiente unterschiedliche Aktionsformen aufeinander treffen. Die vorgefundenen Raumstrukturen werden durch ein spezifisches Publikum sozial definiert und erhalten dadurch eine konstant bleibende Kernidentität, die je nach künstlerischer und musikalischer Aktivitäten ihren BesucherInnenradius themenspezifisch erweitert. Für viele ist es auch lediglich der unprätentiöse Charme des Lokals, der mit einem persönlich präferierten Sozialverhalten einhergeht und die Erwartungshaltungen an abendlich stattfindende Interaktionsformen jederzeit einlöst.

Mit ihrer Outdoor-Installation rendering the real beziehen sich Sabine Bitter/Helmut Weber auf jenes architektonische Gefüge, das die Transparenz des FLUC nach außen hin verstärkt und die allabendliche Lokal-, Bühnen- und Kunstraum-Kulisse auf ihre Grundparameter untersucht. Mit einem transparenten 3m-Klebeband wurde die Außenfassade des Lokals überzogen und das sie tragende Metallgerüst inkl. FlucQuader mit braunen Klebestreifen re-dimensionalisiert. Die dadurch hervortretende Struktur fokussiert jene industriell-referentiellen Formen von Visualität, die in den meisten Metropolen Transformationsprozesse innerhalb der Lokal- und Konsumkultur generieren. Die Arbeit von Bitter/Weber reagiert auf diese historisch determinierten Architekturformen, die nach dem Leerstehen als Übergangslokale durch ein spezifisches Publikum neu definiert werden und dadurch jene Lebenspraxis reflektiert, die einem modernistischen Kalkül folgt und oftmals von postmodernen, New Economy bedingten Veränderungen eingeholt wird.

Bitter/Webers Arbeit bildet nicht nur eine Referenz auf das FLUC und seine BesucherInnen, sondern auch auf die städtische Struktur im Umfeld des Praterstern, dessen Bahnhofsareal in den kommenden Jahren in einen architektonisch multifunktionalen Business/Transport/Exchange Komplex verwandelt wird, dessen Aura ihrer historischen, d.h. Zweiten-Hälfte-des-20.-Jahrhunderts Identität entledigt wird. Um diese urbane Situation zu thematisieren, verwendet rendering the real einerseits abstrakte Methoden der Skizzenhaftigkeit von Architekturschemen, die aufgrund der regelmäßigen Baustruktur in ihrer Form wiederum dem modernistischen Ideal entsprechen. Was sich im Realraum als strukturverstärkende und für BesucherInnen als bewusstseinserweiternde Intervention erweist, wird in der kommenden Ausgabe der Stadtzeitschrift dérive auch als KünstlerInnenseite publiziert. Für dérive verwenden Bitter/Weber eine Bildmontage des FLUC bzw. Praterstern Areals, dessen Konturen grafisch auf jene Elemente der realen Installation reduziert wurden. Vor dem FLUC versammeln sich auf einer fotografischen Repräsentationsebene jene ProtagonistInnen, die die FLUCsche Kernidentität bilden, die im Sinne von Stuart Hall durch diskursive bzw. jene von einer äußeren Sozialität einwirkenden Strukturen erweitert wird.

Walter Seidl

Presestext