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Samson Young
A dark theme keeps me here, I’ll make a broken music

Samson Young (*1979) ist ein Soundkünstler und Komponist aus Hongkong. Er studierte Musik, Philosophie und Gender Studies an der University of Sydney und hat einen Doktortitel in Komposition von der Princeton University. 2017 wird der Künstler den Hongkong-Pavillon der Biennale von Venedig bespielen.

Aus der Perspektive eines Komponisten konzipiert Samson Young Soundarbeiten, Installationen, Performances, Zeichnungen, Soundwalks und Filme. Seine Werke haben meist einen konkreten historisch-gesellschaftlichen Bezug und setzten sich häufig mit Konflikten auseinander. Hinter jedem seiner Projekte steht ein hoher Aufwand an Recherche und Feldforschung. Seine Arbeit ist geleitet von wissenschaftlicher Präzision und konzeptueller Stringenz. Dabei entsteht eine sehr eindringliche und ästhetisch ausdrucks volle Sprache.

Den Stellenwert, den die ästhetische Erforschung von Klang in Youngs Werk einnimmt, verdeutlichen vor allem seine Reisen, die in der Tradition von Soundwalks und Field Recordings stehen. So reiste er für seine Arbeit For Whom the Bell Tolls: A Journey Into theSonic History of Conflicts (2015 –) auf fünf Kontinenten zu historisch bedeutenden Glocken und zeichnete dort deren Sound auf. Dabei entstand ein Archiv von Glockensounds, aus denen Young ein neues Stück komponieren wird. Gleichzeitig entstanden vor Ort – während er auf das Läuten der Glocken wartete – eine Reihe von Zeichnungen mit dem Titel Landschaft (hier zu sehen im ersten Obergeschoss). In diesen Sound Drawings überträgt der Künstler die Geräusche seiner Umgebung und das Läuten der Glocken in eine Notation.

Im Rahmen der komplexen Wechselbeziehung zwischen Musik und bildender Kunst stellen seine Arbeiten einen außergewöhnlichen Beitrag dar und eröffnen neue Perspektiven für die Wahrnehmung von Klängen und gleichzeitig auch von Bildern.

Auf drei Etagen zeigt die Kunsthalle eine Auswahl aus dem Œuvre von Samson Young. A dark theme keeps me here, I’ll make a brokenmusic ist die erste institutionelle Ausstellung des Künstlers in Deutschland und Europa.

Neben den Werkreihen Muted Situation (2014) – Anweisungen, um Soundsituationen neu zu hören bzw. den Sound an sich und seine machtpolitischen Qualitäten wahrzunehmen – und einer Auswahl aus der Serie Sound Drawings (2015 –), erwarten den Besucher raumgreifende Installationen, in der sich Young mit Konflikten und Kriegen auseinandersetzt.

Im Kinosaal im ersten Obergeschoss treffen die Besucher auf die Arbeit Canon (2016), eine Performance-Installation, in der die Funktionen der Schallwaffe Long Range Acoustic Device (LRAD) übernommen und benutzt werden. LRAD ist eine Schallkanone, die in einem fokussierten Strahl Schall überträgt, um mit einer Reichweite von 1000 Metern Ziele präzise anzusteuern. LRAD wird von Ordnungskräften weltweit gegen Demonstranten eingesetzt, aber auch, um Vögel durch die Ausstrahlung einer Kombination von Vogelhilferufen von Privatgrundstücken zu vertreiben. Die Arbeit Canon ist eine Kombination aus Klanginstallation und Live-Performance. Am Sendeort spielt ein Musiker mit einem LRAD-Gerät Vogelgezwitscher als Erwiderung auf einen Hintergrund aufgezeichneter Vogelstimmen und Hilferufe von Vögeln. An einem zweiten Ort, der grob als eingezäunter Park erscheint, entstehen die Vogelstimmen scheinbar aus dem Nichts – die Klangquelle bleibt unsichtbar. Im Vordergrund steht eine rote kleine Wasserfontäne. Dabei handelt es sich um die Replik einer Schüssel die vietnamesische Flüchtlinge bei ihrer Ankunft in Hongkong bekamen. Verdichtet wird hier das Thema Migration bearbeitet.

Im zweiten Obergeschoss sind gleich mehrere Arbeiten installiert, die sich mit Konflikten auseinandersetzen.

In Stanley (2014) greift der Künstler die Geschichte eines gleichnamigen Strandes in seiner Heimatstadt Hongkong auf. An diesem bedeutungsvollen Ort befand sich nicht nur ein Internierungslager, hier wurde die Verteidigungsschlacht Hongkongs im Zweiten Weltkrieg verloren. Das zentrale Element der Ausstellung Nocturne (2015) besteht aus einer Live-Performance, die sich über die gesamte Dauer der Ausstellung erstreckt. Für diese Arbeit hat Young Videoaufnahmen von Nachtbombardements, überwiegend US-Angriffe im Mittleren Osten, vom Golfkrieg bis zur sogenannten ISIS gesammelt und diese zu einem sechsstündigenFilm geschnitten, der ohne Ton auf einem Laptop zu sehen ist. Beim Betrachten des Films reproduziert der Künstler die Geräusche von Explosionen, Feuerwaffen und Trümmern mithilfe von Haushaltsgegenständen und den Mitteln eines „Echtzeit-Geräuschemachers“ so genau wie möglich. Seine „Soundeffekte“ werden vor Ort mittels Piratenradiofrequenzen übertragen.

In Pastoral Music (But It Is Entirely Hollow) (2014 –) hat der Künstler die Gin Drinkers Line besucht und sich dort beim Singen des kantonesischen Kinderlieds Of Forests and Pastures in einem der stark hallenden Bunker aufgenommen. Das Lied endet mit der Zeile „My dear friend, what’s on your mind?“. Diese Arbeit wird täglich parallel zum Läuten der Glocken der benachbarten Andreas Kirche zu hören sein.

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Beachten Sie bitte die Öffnungszeiten über die Feiertage.
An Heilig Abend, am 1. Weihnachtstag sowie an Silvester ist die Kunsthalle geschlossen. Am 2. Weihnachtstag und an Neujahr haben wir von 11 bis 18 Uhr für Sie geöffnet.