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Einführung Sprache und Schrift sind wie die Architektur, Grundelemente unserer, d.h. der westlichen „Ordnung der Dinge". Sie weisen dem Innen und Außen, Subjekt und Objekt, Hier und Dort scheinbar stabile Positionen zu – und sind doch nur hilflose Konstrukte, Vehikel, die leicht einzustürzen drohen. Darüber hinaus sind in Sprache und Raum Machtpositionen eingeschrieben. Die Ausstellung „Say Hello to Peace and Tranquility", die ihren Titel der gleichnamigen Arbeit von Dagmar Keller / Martin Wittwer verdankt, stellt Videoinstal-lationen vor, die sich mit Strukturen von Sprache und/oder des umbauten Raums beschäftigen. Sie untersuchen die darin verankerten Mechanismen physischer und insbesondere psychischer Aus- und Eingrenzungsmuster. Dabei geht es primär um die Bedeutung von Raum und Sprache in unseren privaten, intimen Lebenswelten als vermeintliche Garanten von Ruhe, Ordnung und Harmonie. Mit den fortgeschritten Möglichkeiten der digitalen Bildproduktion, die es erlauben durch die hyperrealen Architektursimulationen ganzer Stadtkomplexe zu navigieren, wird die Welt zunehmend als virtueller Baukasten inszeniert. Freizeitparks und Shopping Malls sind ihrerseits auf das Design des Künstlichen, Modellhaften abon-niert. Das "wahre Leben" spielt sich dagegen vor den ewig gleichen Kulissen der Familiendramen des Vorabendprogramms ab, deren künstliche Fassaden und Interieurs in den "Gated Communities", jenen Hochsicherheitstrakten des privaten Glücks, zur Vollendung reifen. Wen wundert es da, wenn plötzlich Scheinwerfer vom Himmel fallen? Die Ausstellung "Say Hello to Peace and Tranquility", die von den KuratorInnen Hans D. Christ, Iris Dressler (Dortmund) und Jan Schuijren (Amsterdam) entwickelt wurde, wird im Niederländischen Institut für Medienkunst, MonteVideo/TBA in Amsterdam sowie im Nikolaj Contemporary Art Center in Kopenhagen gezeigt, wobei beide Präsentationen sowohl im Hinblick auf die teilnehmenden KünstlerInnen als auch auf die Präsentationsweisen variieren.

Die KünstlerInnen

Die Videoinstallation des Künstlerduos Dagmar Keller / Martin Wittwer greifen Klischees der gehobenen Reihenhaus-Romantik auf. In "Say Hello to Peace and Tranquility" bewegt sich die Kamera entlang gänzlich handlungs- und menschenleerer Vorstadt-Kulissen. Versatzstücke – wie aus der biederen Welt der Modelleisenbahn entnommen –, werden dabei mit Aufnahmen realer Reihenhaussituationen vermischt, wobei die Übergänge zwischen Modell und Wirklichkeit nur schwer zu bestimmen sind, so dass sich die Frage aufdrängt, wer hier wem als tristes Vorbild diente. mehr In der Videoinstallation "Full House" von Teresa Hubbard / Alexander Birchler gerät das Eigenheim zum Handlungsraum stereotyper und zugleich gebrochener Erzählungen über das Begehren, den Aufschub von Begehren und Frustration, die wieder in Begehren mündet... Die eigenen vier Wände als sicherer Hort der privaten und zugleich gesellschaftlichen Geborgenheit, schlagen dabei permanent um in die beklemmende Erfahrung von Isolation einerseits und Grenzverlust andererseits.mehr Jens Brand lässt den Besucher einzeln in eine schalltote Kabine eintreten, in der das Video von einer nahezu geräuschlosen, öden Wüstenlandschaft zu sehen ist. Obschon die "zivilisierte Welt" mit ihren Wohlstandsklischees hier keinen Einzug gehalten hat, wirkt die beinah absolute Stille und Aktionslosigkeit der Landschaft ebenso künstlich wie die Modellwelten von Keller / Wittwer bzw. Hubbard / Birchler. mehr Antoine Schmitt hat für seine Projektionsarbeit "Vexation 1" ein Softwareprogramm entwickelt, das mit der simplen Ästhetik früher Computerspiele die definitorische Macht von Codes und Territorien auf abstrakte und zugleich narrative Weise unterminiert. mehr Mike Marshall überwältigt den Betrachter in seiner Videoinstallation "Someone, somewhere is doing this" mit dem ästhetischen, fast hypnotisierenden Schauspiel eines Sonnenuntergangs – und versetzt uns in eine emotional zwiespältige Situation zwischen totaler Hingabe und latentem Misstrauen. mehr

Mit Strukturen von Sprache setzen sich die Videoinstallationen von Gary Hill, Andreas Gedin und Franciska Lambrechts auseinander. In komplex miteinander verwobenen Dialogen hebelt Franciska Lambrechts beispielsweise die unterschiedlichen sozialen und psychischen Beziehungsmuster innerhalb des Systems „Familie“ aus. Geborgenheit und Isolation, Begehren und Frustration, Eingrenzung und Ausgrenzung, Gewalt und Widerständiges ereignen sich hier jedoch nicht innerhalb der vertrauten vier Wände, sondern scheinbar ortlos, innerhalb von Sprache selbst. mehr Während bei Franciska Lambrechts die Paare Mann/Frau, Mutter/Sohn um ihre Differenz/en ringen, führt Andreas Gedin in seiner Videoarbeit "Gemini" die nahezu restlose Auflösung von Differenz im Sprechakt vor: Zwei identische Personen erzählen gemeinsam eine Geschichte, wobei die eine Person jeweils –- und zwar Wort für Wort -– das Wort der anderen zu Ende bringt. Beinah nahtlos wandert die Sprache vom Einen zum Anderen und wieder zum Einen. Nicht die Sprechenden bedienen sich hier der Sprache, sondern die Sprache scheint sich vielmehr der Sprechenden zu bedienen. mehr Gary Hill lässt die DarstellerInnen in seinem Video "Why Do Things Get In A Muddle? (Come On Petunia)" gar rückwärts sprechen. Da das Video selbst jedoch ebenfalls rückwärts läuft, ist das Gesetz der Sprache – bedingt -– wiederhergestellt. Im Hin und Her der Sprache setzten sich Vater und Tochter mit den Gesetzmäßigkeiten von Ordnung und Unordnung auseinander.mehr

Ein Projekt in Kooperation mit dem medien_kunst_netz dortmund >hartware >Museum am Ostwall >Kulturbüro Stadt Dortmund

KuratorInnen Hans D. Christ, Iris Dressler, Jan Schuijren

Technische Leitung Hans D. Christ, Uwe Gorski

Support Montevideo / TBA Montevideo/ TBA Goethe Institut Amsterdam

Support Nikolaj Nikolaj Contemporary Art Center Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes NRW Det Danske Kultur Institut