press release only in german

Seit den frühen neunziger Jahren gehört das Werk des amerikanischen Künstlers Sean Landers (geboren 1962) zu den faszinierenden und immer wieder von Neuem irritierenden künstlerischen Projekten der zeitgenössischen Kunst. Wie ein roter Faden zieht sich das Gegensatzpaar quälender Selbstzweifel / heillose Selbstüberschätzung durch das medial und stilistisch vielfältige Werk des Künstlers. Er benutzt dabei eine Vielzahl an Masken des Scheiterns aus der Kunst- und Populärgeschichte als Strategie des Subjektes, sich vor dem unausweichlichen Versagen zu bewahren.

Die Kunsthalle Zürich zeigt nun in der ersten institutionellen Einzelausstellung des Künstlers einen retrospektiven Überblick über sein Werk, der Text- und Cartoonarbeiten auf Papier, Gemälde, Skulpturen, Video- und Audioarbeiten von 1992 bis heute umfasst.

Ursprünglich hatte ich die Idee, die konzeptuelle Kunst unterhaltsam, schludrig, emotional, menschlich und witzig zu machen. Über die Jahre habe ich mich mit diesem Konzept so sehr exponiert, dass sich der Kreis zu schliessen begann und ich wieder zu einem traditionellen Künstler wurde. Ich versuchte, ironisch damit umzugehen, aber es wurde letzten Endes ernst. Jetzt bin ich ein glückliches Opfer meiner eigenen Scharade. Ich denke mir, es ist besser, ein Trottel zu sein, der etwas macht, statt ein Klugscheisser, der zu vorsichtig ist, überhaupt etwas zu machen. (Sean Landers, «The Booby», 1998)

Anfang der neunziger Jahre führte Sean Landers mit Text- und Videoarbeiten, die im Stil der Konzeptkunst auftraten, die das Tabu des Subjektiven und die Emotionalität in dieses Kunstgenre ein. Radikale Selbstentblössung, das emotionale Hadern mit Selbst- und Fremdeinschätzungen, private und professionelle Sehnsüchte und Qualen durchziehen seine Arbeiten. Er gilt als der Künstler, der sich mit exzessiven Selbstbekenner- und Stream-of-Consciousness-Texten und Videoarbeiten präsentiert, die ihn als ein an der Kunst, seinem Leben und seinen Beziehungen scheiternder Künstler zeigen. Im Werkverlauf der letzten fünfzehn Jahre hat er sein Publikum immer wieder mit neuen Stilen und Winkelschmieden seiner künstlerischen Produktion überrascht und mit dem Formenvokabular und der Motivgeschichte der Kunst ein facettenreiches Unternehmen angestellt, das um die Widersprüche und Irrfahrten der Gefühle des Menschen kreist. Landers Performances des Authentischen führen die Tradition der grossen Iditioten der Kultur- und Kunstgeschichte in die Gegenwart. Der französissche Kurator und Essayist Jean-Yves Jouannais hat in seinem Buch «L idiotie art, vie, politique» auf den Unterschied des altmodischen ursprünglichen Idioten , der in seinem Werk verschwindet und dem listigen Idioten der Gegenwart, der dem Verschwinden und damit dem symbolischen Selbstmord entgeht, hingewiesen. Sean Landers Idiotie ist die Idiotie der List, ist Idiotie als symbolischer Schutz. Sämtliche Prototypen des Subjektes/des Künstlersubjektes als Idioten und der Kunst als Idiotie sind inzwischen in seinem Werk zum Einsatz gekommen: Der idiot savant des 20. Jahrhunderts mit Landers-spezifischen, die Authentizität ad absurdum führenden Selbstentäusserungen; die Singerien , die im 18. Jahrhundert als Topos für die zweifelhafte, nachäffende, manipulierbare Rolle des Künstlers und der Kunst eingeführt werden; und die Figur des Clowns in den Spielarten, in denen er seit dem 19. Jahrhundert in die Kunst und Kulturgeschichte als allegorisches Bild des Scheiternden und Tollpatschigen und als grandiose Maskierung des Selbst eingegangen ist (u.a. bei Picasso, Rouault, Beckmann, Nauman, Borofsky, Rondinone, Cattelan, u.v.a.).

Katalog Sean Landers, Werkmonographie, 159 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen. Texte von: Alex Farquharson, Caoimhin MacGiollaleith und Beatrix Ruf Hrsg. JRP | Ringier, Kunsthalle Zürich

Zur Ausstellung erscheint eine limitierte Edition des Künstlers.

only in german

Sean Landers

Künstler:
Sean Landers