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Alltag, Literatur, Psychologie, Musik und Kunstgeschichte bilden die wichtigsten Quellen für die künstlerische Produktion der Kanadierin Shannon Bool (geb. 1972, lebt in Berlin). Ihre Gemälde, Photogramme, Collagen, Teppiche, Wandmalereien und Objekte kreisen um die Untersuchung von Kontextverschiebungen und Bedeutungstransfers. Es interessiert sie, wie die Vorstellungen von ein- und derselben Sache sich in unterschiedlichen Kulturen und Zeiten äußern oder wie Alltägliches und kulturgeschichtliche Referenzen auf der Basis ihrer ursprünglichen Bedeutungen zu neuem Ausdruck gebracht werden können. Verschiedene Bezüge und Epochen werden bei Bool zu zeitgenössischen Bildern zusammengesetzt, die vergangene und gegenwärtige Motive, Material und historische Aufladung verweben. Form und Inhalt stehen in ihren Arbeiten dementsprechend gleichwertig nebeneinander.   Bools Ausstellung in der GAK trägt den Titel The Inverted Harem I. Symbolisiert in der Idee des bis heute Geheimnis umwobenen Harems kreist die Präsentation um Aspekte wie die Gegenüberstellung abendländischer Projektion und morgenländischer Realität, um die Fantasie von einem vor der Öffentlichkeit abgeschlossenen Raum, um Bedeutungstransfers von Materialien und von Vorstellungen des Weiblichen, Erotischen oder Orientalischen sowie um die Annäherung an all diese Phänomene durch die Kunst: So geben Bools Teppiche die westliche Sicht auf orientalische Ornamentik wieder, wenn sie Tischdecken aus niederländischen Gemälden des 15. Jahrhunderts oder Auslegeware englischer Pubs zitieren, die sich ihrerseits auf Muster aus dem Morgenland beziehen. Bool inszeniert ein Hin- und Her zwischen den Kulturen, wenn sie solche Gemäldeausschnitte und Kneipenböden in Zeichnungen überträgt und diese Entwürfe von traditionellen Teppichknüpfern in Anatolien zu prächtigen Bodenbildern umarbeiten lässt. Weiter führen mehrere den Raum akzentuierende Stelen Vorstellungen von Stripteasestangen und kunstgeschichtliche Referenzen an Barnett Newman oder den Minimalismus zusammen. Oder das von Adolf Loos für seine Ehefrau entworfene Schlafzimmer wird zu einem Raum für Materialgegensätze und Interpretationen des Weiblichen. Und schließlich werden zahlreiche Gemälde zu Konglomeraten von malerischen Klischees (Seidenmalerei oder die Vermischung von Abstraktion und Gegenständlichkeit), von der Einbeziehung des Dreidimensionalen (durch Sichtbarmachung der dahinter liegenden Wand und des davor liegenden Raumes) und von kunstgeschichtlichen Referenzen (von Giotto bis zu Jasper Johns).   In einem linearen Aufbau entwickelt sich The Invertend Harem I dabei schrittweise von einem offenen Bereich sozialer Aktion (repräsentiert durch eine mit Früchten und Sekt ausgestattete und „benutzbare“ Skulptur) zu einem zunehmend abgeschlossenen, intimen Raum.   Nach zahlreichen Teilnahmen an nationalen und internationalen Gruppenausstellungen ist The Invertend Harem I in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Shannon Bools erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland.