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Simon Fujiwara. Hope House
27.01.2018 – 08.04.2018
Eröffnung: Freitag, 26.01.2018 19:00 Uhr

»Das Projekt ist keine Parodie des Kapitalismus, es zeigt den Kapitalismus.«
Simon Fujiwara

Das Hope House ist eine Rekonstruktion des Anne Frank Hauses, die im Kunsthaus Bregenz in Originalgröße nachgebaut wird. Die ambitionierte Installation — ein Gebäude in einem Gebäude, ein Museum in einem Museum — ist von dem Bastel-Bausatz zum Zusammensetzen des Modells des Anne Frank Hauses inspiriert, den Fujiwara im Shop des Museums in Amsterdam erworben hatte.

Zum ersten Mal ist es nun möglich, das Anne Frank Haus als gigantische Skulptur über drei Stockwerke hinweg im Kunsthaus Bregenz zu erleben. Genau wie im originalen Wohnhaus sind es enge, schwach beleuchtete Korridore, durch die sich die Besucher schlängeln müssen, bevor sie zu einer Reproduktion des Bücherschranks gelangen, der die Familie Frank ab 1942 vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten in Deutschland verbarg.

Ein Unterschied ist allerdings zu verzeichnen: Im Hope House hängen Kunstwerke an den Wänden, die Räume sind mit alltäglichen Gegenständen und Artefakten ausgestattet — ein Schreibtisch ist vorhanden, ein Tagebuch und ein Stift, eine mit Postern bestückte Schlafzimmerwand. Auf dem Dachboden ist Katzenfutter über den Holzfußboden verstreut, aber es ist keine Katze in Sicht, und tatsächlich scheint niemand mehr dort zu wohnen.

Welche Erfahrung können Besucher aus dieser Re-konstruktion mitnehmen? Finden wir uns mit tragischen Ereignissen aus der Geschichte konfrontiert oder blicken wir in einen Spiegel, der uns unsere heutige Lebenswelt zeigt — in der nichts mehr so ist, wie es scheint? Im krassen Gegensatz zur soliden und minimalistischen Architektur des Kunsthaus Bregenz unternimmt das Hope House nicht den Versuch, ein echtes architektonisches Erlebnis zu vermitteln — und schon gar nicht eine authentische Erfahrung des Anne Frank Hauses. Es ist die Kopie einer Kopie und basiert auf einem Produkt, das auf dem freien Markt käuflich zu erwerben ist: eine Tatsache, aus der kein Hehl gemacht wird.

Bei einem Besuch des Anne Frank Hauses hatte Fujiwara in Erfahrung gebracht, dass ein Großteil des heutigen Hauses eine Rekonstruktion ist — entstanden, um einen historischen Eindruck zu erzeugen. Für die Millionen von Besuchern, die das Haus Jahr für Jahr aufsuchen, scheint dies jedoch keinen Einfluss auf die Intensität des emotionalen Erlebens vor Ort zu haben. Warum nur?

Es sind diese Widersprüche, die Fujiwara sensibel und genau aufgreift. Sein Universum ist voller komplexer und irrationaler Narrative und bringt eine unverwechselbare Praxis hervor, in der sich Video, Installation, Skulptur und Performance miteinander verbinden. Für Fujiwara ist es unsere Sehnsucht nach Fantasiewelten — jenseits aller Authentizität und sogar jenseits der Wahrheit —, die einige der von uns am meisten geschätzten Aspekte der Menschlichkeit fördert: Mitgefühl, Kreativität und Idealismus.

Willkommen im Hope House, willkommen daheim.

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Simon Fujiwara, 1982 in London geboren, wuchs in Japan, Europa und Afrika auf. Er studierte an der University of Cambridge und an der Städelschule in Frankfurt am Main.

Fujiwara, der häufig mit anderen Personen kollaboriert, um vermeintlich persönliche Geschichten zu erzählen, hinterfragt in seinem Werk unsere Vorstellung vom zeitgenössischen Individuum, das, selbstbestimmt und einzigartig, die eigene Fiktionalisierung betreibt. Er konfrontiert uns stattdessen mit einer eher instabilen Vorstellung des Selbst, das nur durch die Mitwirkung anderer definiert werden kann.

Fujiwara hatte unter anderem Einzelausstellungen in der Power Plant Contemporary Art Gallery, Toronto (2011), Tate St. Ives (2012), Tokyo Opera City Gallery (2015), Kunsthalle Dusseldorf (2016), Irish Museum of Modern Art, Dublin (2016), und zuletzt in der Dvir Gallery, Tel Aviv (2017). Sein Werk wurde in Gruppenausstellungen gezeigt, darunter Storylines, Solomon R. Guggenheim Museum, New York (2015), und Un Nouveau Festival, Centre Pompidou, Paris (2014). Auf der 53. Biennale in Venedig (2009), der São Paulo Biennale (2010), der Shanghai Biennale (2012), der Sharjah Biennale (2013) sowie der Berlin Biennale (2016) war er ebenfalls vertreten.