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Simon Pasieka (*1967 in Kleve/D, lebt und arbeitet in Paris) entwickelt seit Mitte der 1990er Jahre ein eigenwilliges Werk. Es besteht aus Gemälden und großformatigen schwarzen Tuschpinselzeichnungen, in denen er den Verflechtungen gesellschaftlicher Konditionierung sowie den Möglichkeiten, die Welt anders zu sehen und zu erleben nachgeht. Er arbeitet figurativ und erzählend. Pasieka hat in Braunschweig studiert und lebt seit 1998 in Paris, wodurch seine Werkentwicklung abseits des Hypes der neueren deutschen Malerszene stattgefunden hat. Seine Inhalte und malerischen Umsetzungen treffen sich da und dort mit jenen der Malerstars: unvermittelte Raumverschränkungen zwischen innen und außen, der Wechsel von Abstraktion zu konkret Lesbarem, Momente von Erinnerung, Traum und Irrationalem gepaart mit Anspielungen auf Geschichte und Gesellschaft. Gemeinsamkeiten finden sich in der Darstellung des Menschen, die jedoch höchst individuell interpretiert wird und einer eigenen Gedanken- und Vorstellungswelt folgt.

Pasiekas komplex konzipierter Bilderkosmos erzählt in detailreichen Szenerien von Jugendlichen, die sich an der Schwelle zum Erwachsenwerden befinden und sich in einem entrückten Naturszenario eingerichtet haben. In Paaren oder Gruppen finden sie in einer eigenartigen, stillen, fast unheimlichen Selbstverständlichkeit zusammen: Sie ruhen, hängen ihren Gedanken und Träumen nach, erfinden Spiele, schlüpfen in Rollen oder zelebrieren merkwürdige Rituale. Die Malerei mit ihrer flächigen Auffassung, den plastisch ausmodulierten Körpern, den statuarischen Haltungen und Gesichtsausdrücken sowie der scharf beschriebenen Dingwelt erinnert an die Malerei der Neuen Sachlichkeit und des Magischen Realismus. Der Surrealismus eines Max Ernst oder Rene Magritte blickt da und dort durch. Dennoch ist es eine Malerei, die in der Jetztzeit ankert und mit allen Fragen behaftet ist, die sich bezüglich des Mediums wie auch der Inhaltlichkeit auftun.

Pasiekas utopische Bildwelt, die er in der Ausstellung unter dem Motto "green horn" zusammenfasst, gleicht einem von der Erwachsenenwelt uneinsehbaren und unkontrollierbaren Chatroom, in dem mit eigenen Regeln und Gesetzen über den Zustand der Welt und über persönliche Perspektiven nachgedacht wird und neue Formen des Zusammenlebens erprobt werden. Die Jugendlichen agieren jedoch nie gänzlich außerhalb, sondern am Rande der Zivilisation, worauf Requisiten wie Plastikkanister, Survivaldecken oder Discokugeln subtil verweisen. Sie bauen Schutzräume, Hütten, Zelte und andere provisorische Behausungen, die ebenso wie die immer wiederkehrende Spiegelmetapher symbolisch zu lesen sind.

Der Künstler entwirft in seinen Bildern Parallelwelten, die offen lassen, ob die jugendlichen Protagonistinnen und Protagonisten freiwillige Aussteiger, Vertriebene, Zwangsisolierte oder Überlebende eines Untergangs sind. Kreist Pasiekas Werk um die Frage, welche Angebote die Gesellschaft der heutigen Jugend bieten kann, so appelliert es zugleich an die junge Generation, ihre experimentellen Erfahrungen in die Gesellschaft einzubringen und ihr neue Angebote zu unterbreiten.

Die Ausstellung ist in Kooperation mit der Städtischen Galerie Delmenhorst und der Kunsthalle Göppingen entstanden und zeigt rund 40 Arbeiten aus den Jahren 2003 – 2009, von denen sich fast alle in öffentlichen oder privaten Sammlungen befinden.

Simon Pasieka studierte 1990 – 1995 an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Auswahl Ausstellungen: 2008 Galerie Anita Beckers, Frankfurt/M.; Kunsthalle Lingen; 2007 Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Remagen; Forum Kunst Rottweil; 2006 Sammlung Frieder Burda, Baden Baden; Galerie Klaus Gerrit Friese, Stuttgart; 2005 Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett, Berlin; 2003 Galerie manus presse, Stuttgart; 2002 Kunstverein Wolfenbüttel; 1999 Kunstverein Hannover.

Katalog Simon Pasieka. green horn Kunsthalle Göppingen, Städtische Galerie Delmenhorst, Galerie im Taxispalais Innsbruck (Hg.) Mit Texten von Annett Reckert und Beate Ermacora Kehrer Verlag, Heidelberg 2009, € 24,-

Edition Zur Ausstellung erscheint eine Edition.

Stationen:
15.05.09 - 09.08.09 Städtische Galerie Delmenhorst
11.10.09 - 22.11.09 Kunsthalle Göppingen
05.12.09 - 24.01.10 Galerie im Taxispalais