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Eröffnung Freitag, 23.Oktober 2015, 19 Uhr

Die Doppelausstellung von Andreas Bunte (*1970 in Mettmann, lebt in Berlin) und der Künstlergruppe Societät Hildesheim (Simon Frisch, Bernd Krauß, und Michael Thomas) bildet den Abschluss des Programms zum diesjährigen Stadtjubiläum im Kunstverein Hildesheim. Der Kunstverein beschäftigt sich unter dem Titel „Die unsichtbare Stadt“ mit dem, was eine Stadt über die Ansammlung von Häusern und Straßen hinaus ausmacht: Es geht zum Beispiel um Klänge, Bräuche und Atmosphären, sowie um Geschichte und Geschichten.

Das Stadtjubiläum wird anlässlich des Bistumsjubiläums gefeiert: Vor 1200 Jahren wurde Hildesheim Bistum und damit ein wichtiges Machtzentrum der katholischen Kirche. Die Künstlergruppe Societät Hildesheim begab sich im Sommer 2015 per Wohnmobil auf eine Reise durch das Bistum, um eine Auswahl der 65 seit 1989 profanierten Kirchen aufzusuchen. Unter dem Titel „Profane Pilger Tour: Urlaub ist was anderes!" werden auf zwei Stockwerken des Kehrwiederturms Einblicke in diese Pilgerreise präsentiert. Gespräche mit den jetzigen Bewohner_innen, KiTa-Betreiber_innen oder Abenteuerspielplatz-Nutzer_innen, Fotos und subjektive Eindrücke der Tour durch die niedersächsische Provinz bilden die Grundlage der Ausstellung. Mittels Karten, Zeichnungen, Fotografien und Videos entsteht eine Geschichte von architektonischer Anlage und aktueller Nutzung, wobei diese zum Teil in einem absurden Verhältnis zueinander stehen.

Im oberen Stockwerk des Kehrwiederturms ist Andreas Buntes Filminstallation "Welt vor der Schwelle" (2012) zu sehen. Der 16mm-Film dokumentiert die Innenräume dreier in den 1950er und 60er Jahren im Rheinland gebauter Kirchen. In seiner Arbeit hinterfragt Bunte die ideologische Beschaffenheit der religiösen Architektur in Deutschland nach dem Unheil des Zweiten Weltkriegs. Als Folge und Ausdruck des Wirtschaftswunders ab Mitte der 1950er Jahre weisen die drei von Bunte filmisch analysierten Kirchen einen rigorosen, kompromisslosen Rationalismus auf, der sich darin begründet, die Beziehungen des Menschen zum Göttlichen neu zu definieren und eine neue Interpretation der Rolle der Kirche in einer säkularisierten Gesellschaft zu schaffen. Hier steht die Architektur als Gestaltungsform der Beziehung zwischen dem Göttlichen, Ephemeren, Heiligen, Sublimen, letztlich Unsichtbaren und dem Individuum (das dieses Heilige durch seinen Glauben hervorbringt) im Vordergrund. Zentral ist dabei die Beziehung zwischen Individuum und Architektur, die von der Wechselwirkung zwischen der mit einem Fokus auf Spiritualität – gerichtet auf einen Dialog mit dem Göttlichen – gebauten Struktur und ihrer Wahrnehmung durch Auge, Ohr und Tastsinn bestimmt wird.

Die Künstlergruppe Societät Hildesheim (gegr. 1995) bestehend u. a. aus Simon Frisch (1969 Erlangen, Medienwissenschaftler, Bauhaus Universität Weimar, lebt in Weimar), Bernd Krauss ( 1968 in Nürnberg, Bildender Künstler, lebt in Nürnberg und Rotterdam) und Michael Thomas (*1970 Barsinghausen, Internet Agentur Bureau-k, lebt in Hamburg) präsentierten zuletzt auf dem Stockholm Music & Arts Festival (2013) “We continue BBDG”. Des Weiteren Auftritte bei Performa 09 im Goethe Institut New York (2009) mit “American Soldier” und Whitechapel Gallery (2008) mit “Best Intentions”.

Andreas Bunte (*1970 in Mettmann) lebt und arbeitet in Berlin. Einzelausstellungen (Auswahl): Lettuce partially emerging from a shopping bag, Kunstverein Lingen, 2014; Two Films about pressure, Or Gallery, Vancouver, 2014; World at the threshold, ARGE Kunst, Bolzano, 2012; Andreas Bunte, Kunstverein Bielefeld, 2009.

Förderer
Die Ausstellung wird gefördert durch das Land Niedersachsen, die Niedersächsische Sparkassenstiftung und die Sparkasse Hildesheim. Das Vermittlungsprogramm des Kunstvereins Hildesheim wird gefördert durch das Land Niedersachsen und die VGH-Stiftung. Die Ausstellung ist Teil des Jubiläumsprogramms Hildesheim 2015.