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16. September 2022 bis Mai 2023 (Enddatum noch nicht bekannt)
2022: spielzeit #2

1 Jahr mit Jörg van den Berg – Rückblick und Ausblick

16. bis 18. September 2022
Morsbroicher Kunsttage 03

Am 2. August ist es genau ein Jahr und einen Tag her, dass Jörg van den Berg die Leitung des Museum Morsbroich übernommen hat. Ein Jahr liegt hinter Morsbroich, in dem das Team um Fritz Emslander, Thekla Zell und Jörg van den Berg begonnen hat, Morsbroich neu zu denken. Getreu dem Einstiegscredo „Nichts steht außer Frage!“ hat sich das Museumsteam sehr bald in einen engen Dialog mit der Leverkusener Verwaltung und Politik begeben. Im Frühjahr folgte die Gründung der Werkstatt Morsbroich 2022-26, der der Leverkusener Stadtrat Anfang April einstimmig eine Zuwendung von 1,9 Millionen Euro bis 2026 zusprach, um das Ensemble Morsbroich neu zu entwickeln. Ein entschiedener Wendepunkt im Verhältnis zwischen der Stadt Leverkusen und ihrem Museum Morsbroich. Seither arbeitet das Museumsteam in der Werkstatt Morsbroich mit einem kleinen Kreis von Künstler*innen daran, das gesamte Ensemble Morsbroich in seiner einzigartigen Verbindung von Historie, Kunst und Natur in einem offenen Prozess weiterzuentwickeln. Dieser Prozess wird vom gesamten Team als eine grundlegende Revision begriffen, die neben allen alltäglichen operativen Zwängen vor allem Zeit und eine auch spielerische Leichtigkeit im Denken voraussetzt. Die Idee der ›2022: spielzeit›‹ war geboren und mit ihr die alles bestimmende Leitfrage: ›Wie wird aus einem Museum für Gegenwartskunst ein gegenwärtiges Museum?‹.

Nach 366 Tagen ist es Zeit für ein Zwischenfazit: Ist der Start in diesen Prozess gelungen? Welche Mitdenker*innen, Mitspieler*innen, Unterstützerinnen und Komplizeninnen konnten gewonnen werden? In welcher Form wird das, nach über 60 Jahren wieder aufgegriffene Veranstaltungsformat der Morsbroicher Kunsttage fortgesetzt? Wie geht die spielzeit in ihre zweite Runde?

Der Übergang von der spielzeit #1 zur spielzeit #2 wird ein fließender sein. Als vielteiliges, sich schon jetzt sukzessive veränderndes Gefüge sprengt die spielzeit die Grenzen herkömmlicher Ausstellungslogiken. In Teil 1 mit dem Untertitel 1 Prozess, 1 Ort, 11+4 Räume ging es darum, in 11 Abschnitten die eingeladenen Künstler*innen mit ihren Arbeiten vorzustellen, ihnen aber auch Raum für einen Dialog mit dem Ort zu geben. Ein neuer Umgang mit der Sammlung kam hinzu sowie die Einrichtung von festen Programmräumen wie dem public office, dem Schauraum, einer Filmkammer oder dem Grafischen Kabinett.

Die Gäste des Museums tauchen nun im Foyer in einen ersten Farbraum von Harald F. Müller ein oder blicken im Dachgeschoss mit der Künstlergruppe KONSORTIUM zurück in Vergangenheit und Zukunft des Museums. Sie können durch Margit Czenkis & Christoph Schäfers Parklabyr schaukeln oder auf der Terrasse von Gabriela Oberkoflers Mobilen Gärten naschen, im Spiegelsaal an Andrea Wolfensbergers Modell einer TischSkulptur Probe sitzen, sich von Schirin Kretschmann in ihrer (Ein)Parkdisziplin irritieren lassen, mit Antje Schiffers neue Perspektiven auf bäuerliche Betriebe wie das Obstgut Morsbroich gewinnen oder selbst kuriose Gegenstände zu dem Sammelsurium beitragen, das im September in Mark Dions Hexenhaus The Witchesʾ Cottage überführt werden soll.

Die hiermit gestarteten Prozesse werden in Teil 2 der spielzeit weitergetrieben. In vier beweglichen Konstellationen (Schauraum, Terzine, Grafisches Kabinett, Filmkammer) wird zudem die Aktivierung der Museumssammlung fortgesetzt. Die seit Mai ausgestellten Werke der eingeladenen Künstler*innen werden einem Prozess der Veränderung unterzogen, durch neue ersetzt und wiederum mit Werken aus der Sammlung ins Spiel gebracht. Die spielzeit #2 wird sich zwischen Themen wie Koexistenzen und Verletztlichkeit bewegen. Grundsätzlich unmuseal mutet vielen Gästen die konsequente Öffnung der Prozesse an: ein Museum, das nicht länger allein auf das fertige und abgeschlossene (Meister)Werk setzt, sondern das die Gäste teilhaben lassen möchte an gedanklichen und formalen Wegen und Umwegen zur Konzeption seiner Zukunft.

Ein Beispiel für dieses vor Publikum vollzogene und teils auch inszenierte Work-in- Progress sind die anstehenden Veränderungen an Tilo Schulz‘ ortsspezifischer Installation your blinds don’t keep me from, jenem über mehrere Räume hinweggezogenen, scheinbar schwebenden skulpturalen Körper, mit dem der Künstler zunächst den Blick nach draußen versperrt. Die Verbindung zur ausgeblendeten Natur wird in nächster Zeit durch die Bepflanzung der Arbeit mit Moos in Kooperation mit Gabriela Oberkofler wiederhergestellt. Im nächsten Schritt wird Christian Jacobs (ebenfalls Mitglied der Werkstatt Morsbroich 2022- 26) die Skulptur in einer performativen, mehrstündigen ‚Wanderung‘ als „unbekannte Landschaft“ erschließen, bevor die Arbeit anschließend demontiert und in eine andere Form und Position überführt wird, wobei sie parallel mit Werken aus der Sammlung in Dialog treten wird. Zu den Morsbroicher Kunsttagen 03 wird die Schauspielerin Laetitia Mazzotti mit dem Werk literarisch intervenieren. Im Herbst bewegt sich die Skulptur schließlich nach draußen in den inneren Garten, zu dessen Umstrukturierung Tilo Schulz im Rahmen der Werkstatt Morsbroich 2022–26 eingeladen ist.

Die spielzeit wird kuratiert von Fritz Emslander, Thekla Zell & Jörg van den Berg.

Den Auftakt zur spielzeit #2 bilden die Morsbroicher Kunsttage 03 (16.–18. September). Die Wochenendveranstaltung bezieht sich erneut auf die Erstauflage der Morsbroicher Kunsttage von 1961 unter Museumsdirektor Udo Kultermann und knüpft an das erfolgreich wiederaufgelegte Format im Mai an. Um über das Verhältnis von Kunst und Gesellschaft und die Rolle eines (gegenwärtigen) Museums in der Gesellschaft zu diskutieren, ist ein Dreischritt geplant:
Der Abend der Politik (Freitag)
Der Morgen der Ökonomien (Samstag)
Der Tag der Künste (Sonntag)