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Im Rahmen ihrer Installation einer "alternativen Kunstgeschichte", aus der Ilya und Emilia Kabakov zuletzt Rooms No. 2 & 3 in der Kewenig Galerie inszenierten, nimmt Igor Spivak (geb. 1970) die Rolle des Schülers und künstlerischen Nachfolgers von Ilya Kabakovs ein. Igor Spivak ist ein fiktiver Künstler. Die Kabakovs haben für ihn eine Biographie erfunden und ein malerisches Werk erstellt, das sich noch im Entwicklungsprozess befindet. An Spivaks Generation übergeben die Kabakovs nun das Ausstellungszepter, und damit an die von ihnen teils vorgeschlagenen und im Rahmen der Eröffnung vorgestellten jungen Künstler Ivan Bazak, Olga Chernysheva, Pavel Pepperstein und Christian Tomaszewski. Gemeinsam ist allen Künstlern in ihrer künstlerischen Arbeit ein kritischer Umgang mit den eigenen Erfahrungen in der sowjetischen und postsowjetischen Heimat und ihrer durch Aufenthalte im Westen gewonnenen Distanz zur eigenen Vergangenheit.

Ivan Bazak (geb. 1980 in Kolomyja, Ukraine, lebt in Köln), dessen Arbeiten zuletzt in einer Gruppenausstellung der Düsseldorfer Kunsthalle gezeigt wurden, fügt Bilder, Videos, Fotos, Texte und Skulpturen zu vielseitig erfahrbaren Ausschnitten der Wirklichkeit zusammen. Seiner ukrainischen Heimat örtlich und geistig entrückt, schaut Bazak teils mit Befremdung, aber durchaus auch liebevoll auf Landschaften, Figuren und Szenerien zurück. Die in der Kewenig Galerie gezeigten Bilder einer Hochzeitsfeier verströmen das Gefühl von Nähe und Vertrautheit. Bazak erzählt malerisch von einer Familienfeier und seiner Heimkehr zum gemeinsamen Fest. Distanzierter wirken Fotografien von Landsleuten, die er in Rom beobachtet hat. Menschen auf Arbeitssuche, eigenartige Rituale und Örtlichkeiten dokumentieren die Unterschiede zum Leben in westlichem Standard und vermitteln Bazaks Unsicherheit in der eigenen Standortsuche zwischen West und Ost.

Olga Chernysheva (geb. 1962 in Moskau, lebt dort), eine der international bekanntesten zeitgenössischen russischen Künstlerinnen, die nach einigen Jahren Aufenthalts in Holland nach Moskau zurückkehrte, präsentiert in ihren Bilder Stadtansichten und Denkmäler der ehemaligen UdSSR im Panaromablick. Als Vorlage für die Bilder dienten die in der als bahnbrechenden erlebten 360 Grad Rundumpanorama-Technik präsentierten Filme über Tourismusattraktionen und Ausflugsziele der Sowjetunion, die seit 1959 im Moskauer Vergnügungspark VDNKh auf rundum gespannten Projektionsflächen dem Volk gezeigt wurden. Die Ansichten werden in Chernyshevas Bildern fragmentiert von schwarzen Balken. Sinnbildlich zeigen sich darin die Brüche, die nicht erst seit dem Untergang der Sowjetunion in die offiziellen Bilder vom eigenen Land gelangt sind.

Pavel Pepperstein (geb. 1966 in Moskau, lebt dort), Künstler und Schriftsteller aus der jüngsten Generation russischer Konzeptualisten, war Ende der achtziger Jahre Mitbegründer der Künstlergruppe "Inspektion Medizinische Hermeneutik", die in der Subkultur ihre kritische Distanz zum Zeitgeschehen formulierte. Pepperstein, analysiert in seinen Aquarellzeichnungen vertraute Bilder der Massenkultur und der russischen Märchen- und Mythenwelt, während er sie zugleich in rätselhafte Erzählungen verwandelt.

Die für die Ausstellung in der Kewenig Galerie entstehenden großformatigen Papierarbeiten beziehen sich auf das titelgebende Schüler-Lehrer-Verhältnis zwischen den Generationen Spivak und Kabakov, auf die persönliche, langjährige Freundschaft zu Ilya und Emilia Kabakov und auf die Gesetze des Kunstbetriebs, in dessen Rahmen die Arbeiten ausgestellt sind.

Christian Tomaszewski (geb. 1971 in Gdansk, Polen, lebt und arbeitet in New York), der im Herbst mit einer Einzelausstellung in den Kunstsammlungen Chemnitz zu sehen sein wird, ist bekannt für Installationen imaginärer Räume. Sie sind als Schauplatz für ein geheimnisvolles Treiben angelegt, in dem sich scheinbar nur Eingeweihte zurecht finden können. In der Kewenig Galerie nutzt Tomazewski die vorhandenen Kellergewölbe für eine Rauminstallation mit rekonstruierten Lampen aus Filmen von David Lynch. Sie erhellen die Räume, lassen aber auch genug Schatten für die geheimnisvolle, beklemmende Stimmung, wie man sie aus den Lynch'schen Filmen kennt. Der Betrachter erwartet ein jederzeit bevorstehendes Ereignis, seine Unruhe wird noch verstärkt durch die im Hintergrund spielende Filmmusik aus "Blue Velvet" und doch bleibt offen, ob sich seine Ahnungen im Kellergewölbe der Galerie erfüllen werden.

Pressetext

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SPIVAK'S GENERATION
vorgestellt von Ilya und Emilia Kabakov am 06.07.06

mit Ivan Bazak, Olga Chernysheva, Pavel Pepperstein, Christian Tomaszewski