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Ausstellungsreihe „Spot On" Michael Krebber / R. H. Quaytman
14.09.2019 - 07.01.2020

Unter dem Titel „Spot On“ werden in zwei Räumen im Erdgeschoss jüngst erworbene Werkblöcke von verschiedenen Künstlerinnen und Künstler. Die Einzel- beziehungsweise Zweierpräsentationen wechseln über das Jubiläumsjahr und die dazugehörige Ausstellung „Forever Young – 10 Jahre Museum Brandhorst“ hinweg.

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Von 14. September 2019 bis 07. Januar 2020 liegt der Fokus in Saal 0.8 auf Michael Krebber und seinen Malereien und Installationen der 1990er- und frühen 2000er-Jahre, in denen er durch ein Netz aus subtilen Bezügen den Diskurs Malerei und die Kunstgeschichte als solche reflektiert.

Die Mehrzahl der hier gezeigten Arbeiten entstammt Michael Krebbers Ausstellung „Der durchschnittliche Speisefisch sagt ADIEU“, die Ende 2001 in Köln stattfand. Der Kritiker Frank Frangenberg schrieb damals: „Was kann der Künstler noch in die Welt setzen, will er seine berühmten Vorgänger nicht mit Ironie und Zynismus überholen? Entweder verbringt er sein Leben damit in zen-artiger Konzentration nur den einen Berg zu malen […]. Oder, wofür Krebber sich entschieden hat, er versteht die künstlerische Tradition als Steinbruch, aus der er seine Brocken herausschlägt, stets auf der Hut vor sich selbst und dem, was er macht.“

Tatsächlich spinnt Krebber ein feines Netz an Bezügen zu Künstlerinnen und Künstlern und Diskursen, wie seine Installation „Was will die Kunst vom Film?“ (2001) zeigt: In der Prospekthülle auf einem der Tapeziertische findet sich die Fotokopie einer Zeichnung von Joseph Beuys, dem „Übervater“ der rheinischen Kunstszene und Verfechter eines radikal erweiterten Kunstbegriffs. Das Schachbrett ruft Marcel Duchamps Leidenschaft für dieses Spiel in Erinnerung; er hatte mit seinen Readymades die Kunst als „Schöpfung“ zu einem Ende gebracht. Und der Titel selbst bezieht sich auf die damalige Ausgabe der Zeitschrift „Texte zur Kunst“, in der es um den drohenden Bedeutungsverlust traditioneller Kunstgattungen angesichts der zunehmenden Verbreitung von Medienkunst geht.

Wie also weitermachen mit dem Malen? Krebbers Bilder sind sparsam mit zeichnerischen und malerischen Markierungen versehen, ganz so, als wollten sie keine „vollendete“ Form finden. Immer wieder scheinen Andeutungen und Kommentare auf den „Steinbruch“ der Kunstgeschichte auf: Konturlinien eines Gesichts im Dreiviertelporträt oder das „Readymade“-Motiv eines Dekostoffs – ein Rekurs auf Sigmar Polke. Auffällig ist, dass die Werkzeuge in den Malereien, Pinsel und Schraubenschlüssel, nur noch an ihren Griffen erkennbar sind – als fände das, worum es eigentlich geht, jenseits des Bildes statt. Vielleicht lassen sich Krebbers Malereien so auch am besten verstehen: als Knotenpunkt, an dem ein ganzes Netzwerk interner und externer Bezugslinien und Bedeutungen zusammenläuft.

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Von 14. September 2019 bis 07. Januar 2020 liegt der Fokus in Saal 0.7 auf R. H. Quaytman, deren Werkserien wie fortlaufende Kapitel in einem Buch angelegt sind. Im Museum Brandhorst sind Malereien aus dem Zyklus „An Evening, Chapter 32“ zu sehen, die unter anderem auf zwei Gemälde des Rubens-Lehrers Otto van Veen referieren.

Das Œuvre von R. H. Quaytman ist angelegt wie ein Buch. Seit 2001 gruppiert die Künstlerin ihre Werke in Kapiteln; jedes entspricht einer Ausstellung und den dazugehörigen Recherchen. Die hier gezeigten Tafelbilder entstammen zum Großteil dem Zyklus „An Evening, Chapter 32“, geschaffen für die Ausstellung der Künstlerin in der Wiener Secession im Jahr 2017. Ergänzt werden sie um zwei unmittelbare Vorgänger – die „Sauromatei“-Malereien aus dem Jahr 2016.

In „Chapter 32“ setzt sich Quaytman mit zwei Gemälden aus der Sammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien auseinander: „Die persischen Frauen“ und „Amazonen und Skythen“ (beide um 1597/1599), die dem Rubens-Lehrer Otto van Veen (1556‒1629) zugeschrieben werden. Beide Malereien stellen Erzählungen von wehrhaften Frauen dar. In seinen „Moralia“ schreibt Plutarch von Perserinnen, die mit gelupftem Rock und folgenden Sätzen ihre Männer und Krieger in die Schlacht zurückschickten (die letztlich gewonnen wurde): „Wohin wollt ihr, die Feigherzigsten unter Allen? Denn dahin könnt ihr nicht wieder zurückkehren, von wo ihr herausgekommen seid.“ Dagegen rekurriert „Amazonen und Skythen“ auf eine Passage in Herodots „Historien“: Die Amazonen legen Waffen und Kleider ab und vereinigen sich mit ihren vormaligen Feinden, den Skythen – dies beschrieb er als die Geburtsstunde des Stammes der Sauromaten.

Quaytman hat sich van Veens Malereien für ihre Tafelbilder zu eigen gemacht. Im Siebdruckverfahren und mit Textilien hat sie Bildausschnitte, einzelne Figuren und eine Rückansicht auf den Kreidegrund ihrer Holztafeln aufgebracht. Händische Übermalungen, aber auch siebgedruckte Schachbrettmuster und Netze oder feine Oberflächenveredelungen mit Blattgold oder Kupferpulver überlagern die Motive und wirken auf das Auge ebenso anziehend wie irritierend. Quaytmans „Bilder von Bildern“ eröffnen nicht nur den Blick auf kunsthistorische und gesellschaftliche Themen, wie die Verdinglichung des weiblichen Körpers durch den Blick des Mannes. Sie sind zugleich Abbild einer Zeit, in der das technisch reproduzierte Bild dominiert: „Ich habe früher einmal geschrieben‚ ‚jedes Bild ist, bevor man es in Angriff nimmt, monochrom‘, heute aber würde ich es anders formulieren. Ich würde sagen, jedes Bild ist, bevor man es in Angriff nimmt, ein Foto.“ (R. H. Quaytman)