press release only in german

Tim Wolff (*1976, lebt in München) arbeitet vorwiegend in zwei Medien: Zeichnung und Video. Allen Arbeiten gemein ist sein ausgeprägtes Interesse an Dynamik, wie sie sich etwa in der modernen Stadt ausdrückt. Letztere ist nicht nur Ort der urbanen Bewegung und Interaktion, sondern verfügt auf Grund permanenter Veränderungen auch über ein großes schöpferisches Potential, das sich Wolff für seine inhaltliche und formale Auseinandersetzung gerne zu eigen macht.

In der Videoarbeit „Affenzahn“ reflektiert der Künstler den rasanten Wandel urbaner Landschaften. Dafür collagiert er die Videoaufnahmen von 30 einstürzenden Gebäudekomplexen so geschickt in einer über Eck platzierten Projektion, dass der Eindruck eines einheitlichen Bildes entsteht. Rasch wird jedoch klar, dass es sich dabei um eine fiktive Stadtlandschaft handelt, deren Wachstum und Zerfall utopischen Gesetzen folgt, denn es handelt sich bei den gefilmten Bauwerken bis auf wenige Ausnahmen um identische Gebäude, die wiederholt einstürzen oder emporwachsen. Während die Simultaneität der Bildabläufe ein verstörendes Gefühl von Gleichzeitigkeit evoziert, ruft die rhythmische Repetition ein einprägsames Bild hervor, das nicht nur die Erfahrung körperlichen Dabeiseins vermittelt, sondern auch – verstärkt durch die Darstellung der Situation in Zeitraffer – den ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens festhält.

Um einstürzende Gebäude und den damit verbundenen Topos der Ruine geht es auch in einer Reihe von Videostills. In diesen Fotografien verzichtet der Künstler allerdings auf den Prozess des Wiederaufbaus. Stattdessen dokumentiert er den Zerfall bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich die Natur ihren Platz zurückerobert hat. Weitere Videocollagen zeigen kurze Filmsequenzen aus Wien. Hier veranschaulicht der Künstler seine Auseinandersetzung mit dem Thema Dynamik unter anderem im Rhythmus der geschnittenen Bild- und Tonabfolgen, wobei der wiederkehrende 3/4 Takt und die gezeigten Bilder auf geradezu synästhetische Weise an die Stadt des Walzers erinnern.

In den ausgestellten Zeichnungen gelingt es Tim Wolff mit wenigen Linien geometrische Formen, die an Gebäude erinnern, herzustellen. Auch hier geht es ihm um dynamische Prozesse, die nicht nur in der Linienführung des Künstlers zum Ausdruck kommen, sondern auch grundlegend für das Medium Zeichnung sind. Wolffs Zeichnungen entstehen stets spontan, ohne Vorzeichnung und mit XXL-Markern. Sie beziehen sich indirekt auf die präsentierte Monitorarbeit, in der eine Videoarbeit mit zusammenstürzenden Blockformationen zu sehen ist. Nur durch die auf den Monitor gemalten Umrisslinien bleiben die Architekturen stehen, die Bewegung wird eingefroren. Zeichnung und Video gehen hier ineinander über und ergänzen sich. Mit diesem transmedialen Vorgehen löst der Künstler sein Interesse am Prozessualen ebenfalls auf methodischer Ebene ein.

Im Hinblick auf die kunsthistorischer Verortung spiegelt Tim Wolff in seinen Arbeiten das Anliegen des Futurismus wider, einer Kunstbewegung, die den „universellen Dynamismus" predigte und die Dynamik simultan verlaufender Vorgänge, etwa jene der modernisierten Stadt, im Bild darstellte.

only in german

spotlight: Tim Wolff