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Die Ausstellung öffnet nach dem Lockdown, vorraussichtlich am 15. Januar 2021 und läuft bis 28. Februar 2021
Geöffnet Sa & So: 15-19 Uhr und nach Vereinbarung. Um Anmeldung wird gebeten: after-the-butcher oder +49 (0)178 32 981 06

https://www.after-the-butcher.de/aktuell/

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Stadt und Knete. Positionen der 1990er Jahre

after the butcher - Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst und soziale Fragen - lädt herzlich ein zum Besuch unserer aktuellen Online-Ausstellung

after the butcher zeigt aus Anlass einer zeitgleich in den KW Institute for Contemporary Art stattfindenden Ausstellung von Amelie von Wulffen Stadt und Knete. Positionen der 1990er Jahre. Herz der Ausstellung – eine Kollaboration mit den KW Institute for Contemporary Art, Berlin – sind vier kollektiv produzierte Knetgummi Animationen: Infobox (1996), Wie eins zum anderen kam (1996) und Die krumme Pranke und Egoland (beide 1997). Das Video Infobox von der Berliner Künstler*innengruppe Jaaaa & Protzband Nicolas Siepen, Siegfried Koepf & Martin Ebner & Gunter Reski, MicroStudio Surplus kommentiert die Entwicklung des Potsdamer Platzes. Die Arbeit kreist dabei auch um den sogenannten „Infobox“-Pavillion, der von 1995-2001 auf dem Leipziger Platz stand.

1996 produzierten die Künstler*innen der Gruppe Gummi K / MicroStudio surplus das Video Wie eins zum anderen kam. Eine bissig-ironische Kritik auf die von Klaus Biesenbach und Nicolaus Schaffhausen kuratierte Großausstellung Nach Weimar im Neuen Museum Weimar. Besonders im Fokus steht dabei die bauliche Verbindung des Neuen Museums mit dem Gebäude des Gauforums aus der Zeit des Nationalsozialismus und die damit einhergehende Legitimierung faschistischer Architektur als Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst.

Der 30-minütige Film Die krumme Pranke von Alice Creischer, Andreas Siekmann, Josef Strau und Amelie von Wulffen folgt dem Strickmuster eines klassischen Derrick-Krimis. Die Bildsprache dieses Berliner Großstadtkrimis wechselt dabei zwischen dokumentarischen Stadtaufnahmen und fiktiven Knetgummianimationen. Die Innenpolitik und die Baugruben der 1990er Jahre sind Thema dieser Montage, in denen die Künstler*innen sich zwischen Kunstpraxis und politischem Aktivismus bewegen.

Egoland von 1997, ist ein 55-sekündiger Kinospot der Serie A-Clip. Kollektiv produziert wurden die politischen Botschaften der A-Clips zuerst von verschiedenen Vorführern in Berlin zwischen den Werbeblöcken im Kino vor dem Hauptfilm eingeschleust.

Die Innenstadtaktionen waren Aktionstage, die 1997 und 1998 in mehreren Städten in Deutschland und in der Schweiz stattfanden und von politischen Aktivistinnen aus dem Kunstkontext maßgeblich mitinitiiert wurden. Katja Eydel hat damals als Beteiligte einige Aktionen in Berlin fotografisch dokumentiert und Ina Wudtke hat jetzt diese Fotos mit Interviewauszügen von ehemals involvierten Künstlerinnen für diese Ausstellung zu dem Video Kollektive Erinnerungen montiert. Die Arbeit gibt Einblick in das politische Umfeld und ist ein wichtiges Segment der damaligen Kunstproduktion in Berlin.

Die Hamburger Künstlerin Annette Wehrmann (1961-2010) arbeitete an einem langjährigen Projekt zum städtischen Raum mit dem Titel Ort des Gegen. An dessen Anfang stehen Überlegungen dazu, dass die Qualität einer Stadt davon abhängt, wie viele unbebaute, sich selbst überlassene Flächen es gibt. Der Ort des Gegen kann “unter kapitalistischen Bedingungen […] die Form umfassender Verwertungsverweigerung“ annehmen. Hier ist er die „Rückseite der Utopie“, „der Ort an dem der Müll liegen bleibt“ (aus einem Konzeptpapier Ort des Gegen von Annette Wehrmann, 2002). Fünf Gouachen der Serie sind Teil der Ausstellung sowie eine Schaumstoffskulptur mit dem Titel „Nein“.

Das Künstler*innenmagazin NEID (1992-2004) veröffentlichte als eine der Ersten die Luftschlangentexte von Annette Wehrmann und dokumentierte Teile der Berliner Innenstadtaktionen. Die Ausgaben NEID #4 und NEID #7 sind daher Teil der Ausstellung.

Stadt und Knete zeigt auch eine Fotoserie von Fingerabdrücken auf Schaufenstern von Luxusgeschäften aus dem Jahr 1995 von Josef Kramhöller (1968-2000).

Von Amelie von Wulffen werden neben ihren kollektiven Videoarbeiten, drei Fotocollagen von Gebäuden in Ostberlin, die ihre Begeisterung für die sowjetische Moderne spiegeln und die noch erhaltenen Teile einer Schaufensterinstallation von 1996 gezeigt. Die Sperrholzfiguren der Schaufensterinstallation bilden gefundene und erfunden Logos von Handwerksfirmen ab.

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Über die Künstlerinnen: A-Clip, sind politische Kinospots, die von Künstlerinnen und Aktivist*innen 1997 und 2000 kollektiv produziert wurden.

Jaaaa (Josef Strau, Amelie von Wulfen, Ariane Müller, Alice Creischer, Andreas Siekmann) gründete sich 1996 in Berlin zur Produktion von Knetgummi-Animationen.

Gruppe Gummi K (Alice Creischer, Martin Ebner, Christoph Keller, Ariane Müller, Andreas Siekmann, Nicolas Siepen, Josef Strau, Klaus Weber, Amelie von Wulffen) ging 1997 aus der Gruppe Jaaaa hervor und setzte die Arbeit an Video-Animationen mit Kentgummi fort.

Josef Kramhöller (1968-2000) war Künstler und Autor. Er studierte Malerei an der Akademie der Bildenden Künste München und am Chelsea College of Art and Design in London. Er arbeitete mit Performance, Fotografie, Malerei, Zeichnung und verfasste Texte.

NEID war ein queer-feministisches Magazin, das 1992 von Hans-Christian Dany, Claudia Reinhardt, Heiko Wichmann und Ina Wudtke an der Kunsthochschule für Bildende Künste Hamburg gegründet und von 1995-2004 von Ina Wudtke herausgegeben wurde.

MicroStudio surplus war der Name für ein temporäres Studio in der Burgstrasse in Berlin, bezeichnet keine feste Konstellation an Beteiligten.

Annette Wehrmann (1961-2010) war Künstlerin und Autorin. Sie studierte freie Kunst in Hamburg an der Hochschule für Bildende Künste und in Frankfurt an der Städelschule. Ihr Interesse galt dem städtischen Raum sowie Formen der Selbstorganisation.

Ina Wudtke, geboren 1968, ist Konzeptkünstlerin und lebt in Berlin. 2018 erschien ihr Buch The Fine Art of Living über ihre künstlerischen Arbeiten gegen Gentrifizierung (Berlin, Archive Books).

Amelie von Wulffen, geboren 1966, studierte an der Akademie der Bildende Künste München. Sie arbeitet mit Malerei, Collage, Zeichnung und Installation. Sie war auf der 50sten Biennale Venedig und der Manifesta 5 vertreten und lebt in Berlin.

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In den Ausstellungsräumen bitte die Abstandsregeln einhalten und eine Behelfsmaske tragen.