Steven Pippin - UFO

Am Abend des 8. März 1998 sah Steven Pippin aus dem Fenster seiner Wohnung am Mariannenplatz über der St.Thomas Kirche ein sonderbares, sich allen naheliegenden Erklärungen entziehendes Lichtphänomen. Ein langsam vom Himmel fallender Feuerball der ihm “künstlich, wie eine Projektion” erschien und der sich nach einigen Sekunden zu einem Lichtpunkt zusammenzog und dann perfekt horizontal in hoher Geschwindigkeit wegbewegte.

In der Ausstellung UFO zeigt Pippin nun erstmals eine Fotografie, in der er dieses sieben Jahre zurückliegende Ereignis reinszeniert. Vom Prinzip her Fotografien aus dem 19.Jahrhundert nicht unähnlich, in denen angeblich übersinnliche Phänomene abgebildet wurden (meist mittels einfacher Doppelbelichtung oder per Retusche) funktioniert bei Pippin die Photoshop-Montage allein als behelfsmäßige Darstellung des Gesehenen im Sinne einer nachträglichen Beweisführung, die selbstverständlich als solche erkannt wird.

Seit den frühen 90er Jahren hat Pippin sieben verschiedene Maschinen mit beweglichen Fernsehmonitoren gebaut. Den vorläufigen Endpunkt dieser Entwicklung stellt die Arbeit Geostationary Plasma Screen dar, eine moderne Version des Globus in Form eines an einer Stahlkonstruktion befestigten Flachbildschirms, der drei Achsenbewegungen ausführen kann, wobei die in sich gedrehte Achse die Gravitationskraft repräsentiert. Wie in den früheren Versionen (z.B. Flat Field, 1993) zeigt der Monitor das Bild des sich drehenden Erdballs, der in gegenläufiger Bewegung gefilmt wurde, so daß Monitorbewegung und Erdrotation sich gegenseitig aufheben und aus der perfekten Synchronisierung dieser Bewegungen für den Betrachter ein statisches Bild entsteht. Wenn der Bildschirm sich in horizontaler, nach oben gerichteter Position befindet, zeigt das gefilmte Bild den Nordpol, nach unten gerichtet den Südpol und bei exakt vertikaler Position befindet sich der Äquator im Zentrum des Bildschirms. Wo momentan noch das gefilmte Bild der Erde zu sehen ist, soll später das Bild durch Direktübertragungen von NASA Infrarot-Wetterdaten ersetzt werden und damit der Arbeit eine nützliche Ebene hinzufügen, mit Pippins Worten: “Es wäre eine Fortsetzung der Arbeit, anstatt sie in diesem Stadium der Fabrikation zu belassen und damit eine überflüssige, obsolete Maschine im vollendeten Zustand zu übergeben.”

SCRT, (Spherical Cathode Ray Tube, also sphärische Bildröhre) existiert bislang nur als Entwurfsskizze. Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines kugelförmigen Bildschirms, auf dem wieder, wie bei Geostationary Plasma Screen, Wetterdaten aus dem Internet in einem permanenten Update zu sehen sein sollen, die aber in einer ersten Entwicklungsstufe auch mit dem gefilmten Bild des Globus auf DVD funktioniert. Anstatt einer einzigen Kathode wie bei handelsüblichen Bildröhren, soll SCRT mit zwei Kathoden, eine am Süd-, die andere am Nordpol ausgestattet sein. Die Kathoden projizieren dabei jeweils das Bild auf die gegenüberliegende Hemisphäre. Dies wird die letzte TV-Monitor Arbeit in der Reihe der TV-Maschinen sein.

Auch ‡=1, ein auf seiner Spitze stehender Bleistift, ist vorläufig nur veranschaulicht als Fotografie, der zu einem späteren Zeitpunkt allerdings auch als Objekt, in freier Balance auf einer beweglichen Ebene realisiert werden soll. Dieses Bild wird oft in astrophysikalischen Publikationen beschrieben, um den offenen Zustand des Universums, die perfekte Balance zwischen seiner möglicher Implosion, dem unkontrollierten Auseinanderdriften und seiner Evaporation darzustellen.

Viele von Pippins Arbeiten befinden sich in diesem hybriden Zustand zwischen Skulptur und wissenschaftlichem Modell- so auch Black Hole with Time Warp, eine Weiterentwicklung des 2003 im Wissenschaftsforum am Gendarmenmarkt installierten Black Hole. Um das durch eine schwarze Aluminiumkugel repräsentierte Black Hole, das an Überwachungskameras in Kaufhäusern erinnert, bewegt sich auf einer Seite der Stahlrohrkonstruktion ein LCD-Monitor, der das Bild des rotierenden Erdballs zeigt, um den wiederum ein kleines Planetarium kreist. Auf der gegenüberliegenden Seite der horizontalen Achse befindet sich eine konvex gewölbte Vinylschallplatte, die mit einer Uhr verbunden ist. Das Ensemble kann als Metapher für die Große Vereinigungstheorie (GUT, Great Unified Theory) gesehen werden, die Gravitationskraft, Elektromagnetismus und Radioaktivität miteinander verbindet, gleichzeitig treffen hier verschiedene Konzepte aus Pippins Arbeiten der letzten zehn Jahre aufeinander.

Pressetext

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