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16.04. – 26.06.2022
ERÖFFNUNG: 15.04.2022, 18:00 – 21:00

SUE TOMPKINS. On top of the white Foam

Sor. MOR. Mores. C. Wie sind diese Buchstaben, Wörter, Laute zu lesen? Ihre möglichen Kombinationen wirken unbegrenzt und doch sind sie bereits genau festgelegt. Sie kommen in verschiedenen Medien vor – in Malerei, auf Papier oder in Ton-Aufnahmen –, stehen für sich allein und bilden zugleich eine verworrene Syntax, eine Ausdrucksform, die an Poesie, aber auch an Nachrichten, Gesprächsfetzen, Liedtexte oder an eine geheime Sprache erinnert.

Sue Tompkins (*1971 in Leighton Buzzard, Großbritannien, lebt und arbeitet in Glasgow) beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit Sprache und dem ihr innewohnenden Aspekt der Bestimmtheit. Aus alltäglichen Begegnungen entnimmt Tompkins Wörter und Sätze und verzerrt sie. Sprache wird dadurch ambivalent: sie ist ständig zwischen Bedeutung und Bedeutungslosigkeit, Form und Abstraktion gefangen. Eingebettet in ihre multimediale Praxis ist der Überfluss, der immer mit Sprache einhergeht und sich sowohl innerhalb als auch außerhalb der Sprache abspielt. Tompkins' Arbeiten inhärent ist eine Zerbrechlichkeit und die unbeholfene Etikette einer Begegnung. So sind sie nachvollziehbar, aber auch nervenaufreibend – wie die allgegenwärtige Unsicherheit in der Kommunikation. Schnell und manchmal unerwartet kippt eine Bemerkung von überschwänglichem Humor in ein glückliches Missverständnis.

Die Ausstellung in der Halle für Kunst Lüneburg bringt neue Textarbeiten auf Papier, eine Sound-Arbeit sowie eine seit 2015 entstandene Serie von Gemälden zusammen. Die vielfarbigen Leinwände wirken für die Textfragmente wie gemusterte Hintergründe, überzeichnete Screens in knallbunten Rahmen. Die in Vitrinen ausgestellten Textarbeiten – mit der Schreibmaschine auf neonfarbenem Kopierpapier getippt – kommen der sukzessiven Form eines narrativen Textes fast noch am nächsten. Aber das hier ist keine kohärente Erzählung, eher eine Reihe von unzusammenhängenden Mikroerzählungen. In der Sound-Arbeit wiederholt Tompkins Wörter und Sätze immer und immer wieder, wobei sie ihre Aussprache leicht verändert, damit ihre Bedeutung etwas verschiebt und sie über den Bereich des Verstehbaren hinaus ins Absurde treibt. Das Unkontrollierbare ist in diesen Werken, ein Moment fieberhafter Unvorhersehbarkeit, der aufregend und verheißungsvoll ist, aber auch die Möglichkeit des Überlaufens in sich birgt.

– kuratiert von Ann-Kathrin Eickhoff & Geraldine Tedder