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"Das Reisen lässt sie nicht mehr los! Die Künstlerin Susanne Hanus (geb. 1975) zeigt in ihrer ersten Einzelausstellung bei breeze of tenderness Arbeiten, in denen es um Aufenthalte in nahen, aber unbekannten Städten genauso wie in fernen Ländern geht. In ihren Zeichnungen, Holzarbeiten und Installationen ist das Unterwegs-Sein schon seit langem ein wichtiges künstlerisches Thema. So berichtet ein neuer geschnitzter Holzparavent der Künstlerin von einem Atelierstipendium in Bremen. In diesem Paravent geht es um die sehr typischen Momente, die man als alleinreisende Person bei einem Aufenthalt in einer unbekannten Stadt erlebt. In figürlichen Szenen schildert Susanne Hanus nicht nur die Topographie der ihr fremden Stadt Bremen, sondern erzählt auch von den Empfindungen, die viele Alleinreisende teilen: vom aufgeregten Kitzel des Alleinseins genauso wie von dem bitter-süßen Gefühl des Heimwehs. Das Motiv der Ausstellungskarte zeigt eine der zeichnerisch starken und bisweilen skurrilen Einzelszenen des Paravents: „Die letzten Gedanken vor dem Einschlafen in einem fremden Bett“ entpuppen sich hier als bizarr-erotische Hirngespinste, die die Schlafende nach einem kargen Nachtmahl und einem einsamen Fernsehabend im Hotelbett heimsuchen.

Gänzlich andere Reiseeindrücke brachte die Künstlerin in den 90er Jahren von einem längeren Aufenthalt in Brasilien mit. Hanus kehrte damals aus ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr mit der Idee zu einem ihrer ersten großen künstlerischen Projekte zurück. Sie illustrierte die Gedichte und Geschichten eines Sozialarbeiters, die vom Leben in den brasilianischen Favelas erzählen, von Ängsten, aber auch dem Stolz und den Hoffnungen seiner Bewohner. Die Bilder, die Susanne Hanus zu diesen Geschichten fand, setzte sie in Holzschnitten um – in Brasilien erfreut sich der Holzdruck als künstlerisches Ausdrucksmittel bis heute großer Beliebtheit. Das Medium impliziert man vor allem in Nordosten des Landes sogar mit einer eigenen Gattung, der sog. Literatura de Cordel: Kordelliteratur deshalb, weil die seit dem 17. Jahrhundert erscheinenden kleinformatigen Hefte auf den Märkten an Kordeln aufgehängt angeboten werden. Inhaltlich tendiert die Gattung zwischen Volksliteratur und Gesellschaftskritik.

In „Wooden Tales“ wird Susanne Hanus nun acht ihrer Illustrationen zu den Favela-Erzählungen zeigen, die extra für die Ausstellung neu aufgelegt wurden. Für die Künstlerin liegt die besondere Qualität des Holzdrucks dabei in seinem prägnanten Schwarz-Weiß und der direkten, manchmal sperrigen Formgebung. Das Material Holz bietet zudem einen weiteren Pluspunkt: Ob Kiefernholz aus dem Baumark oder eine alte Orangenkiste – es ist fast überall zu bekommen. Zusammen mit eben diesem demokratischen Grundgedanken machen der rasche Fertigungsprozesses und die direkte Bildgebung die besondere Unmittelbarkeit des Mediums aus. Als künstlerisches Ausdrucksmittel hat der Holzdruck daher Künstler fast aller Epochen begeistert, von der Renaissance bis hin zum Expressionismus. In der weiteren Kunstentwicklung des 20. Jahrhunderts wurde unter anderen der Belgier Frans Masereel für seinen expressiven, fein zeichnerischen Holzschnittstil bekannt. In der Gegenwartskunst gehört Susanne Hanus dennoch überraschender Weise zu den wenigen jungen Künstlern, die dieses Medium für sich entdeckt haben."

Verena Bader

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Susanne Hanus
WOODEN TALES