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Suspend disbelief ("Lasst Misstrauen") wendet sich dem generativen Wesen von Überzeugung und Glaube zu. Die Künstler machen sich die Begriffe der Religion, des Aberglaubens, der Selbsterhaltung, des Rituals und der Realitätskonstruktion zu eigen, in einer Vielfalt von Strategien und mittels verschiedener Medien: Ironisch und humorvoll, sind sie gleichzeitig von einer eindringlichen Ernsthaftigkeit. Den Arbeiten ist gemeinsam, dass sie als - teils privater, teils kollektiver - Versuch der Rettung gelesen werden können; so geben sie einer kritischen Haltung Ausdruck, ohne ins Missionarische oder die Belehrung abzusinken.

Kristine Agergaard und Janne Schäfer zeigen eine Reihe neuer Arbeiten, die sich ausgehend von einem fiktiven, von Künstlern initiierten Kult entwickelt haben, der die Anbetung des "Goldenen Delphins" proklamiert. Eine Fotoserie dokumentiert die Suche der Künstlerinnen nach diesem "Goldenen Delphin" in Vodoo-Manier, und eine Wandbemalung fordert "Free Gold". Das Paradox dieses Mottos ist charakteristisch für Agergaards und Schäfers Beschäftigung mit religiöser Verehrung und deren Versprechen auf Transformation. Ihr im Hinblick auf Sprache performative Annäherung zeigt auch die Arbeit "Hopeful and fearful instructions": eine Flagge mit einer aufgestickten Liste von Anweisungen, die zugleich positiv und negativ gelesen werden können.

Im Gegensatz zu dieser inszenierten Realität steht Maija Blåfield's "Saving The World": eine Videodokumentation über den schizophrenen Marcel Bloemendal, der sich als Geheimagent imaginiert, im Auftrag, den ewigen Weltfrieden sicherzustellen. Im Jahr 1976 begann er eine endlose missionarische Reise quer durch Europa, auf der ihn Blafield in den letzten fünf Jahren teilweise begleitet hat: von einer Masse Demonstrierender in Stockholm bis hin zu dem Wohnzimmer eines mysteriösen Hellsehers in Wien. Der Betrachter erfährt die Realität durch die Augen von Bloemendal und wird mehr und mehr hineingezogen in dessen Betrachtung seiner Krankheit: "Wenn ich sie nicht hätte, wäre ich langweilig und durchschnittlich, aber jetzt kann ich die Welt retten". Der einstündige Film hinterfragt die problematische Grenze von Normalität und Abnormalität, geistiger Gesundheit und Wahnsinn.

Im Keller von Sparwasser HQ ist Anssi Kasitonni's Video "The Knockers" ("Die Anklopfer") zu sehen. Der Film ist eine Mischung aus Fernseh-Polizei-Show und Science Fiction, gedreht in ländlicher Kulisse. Als sich die zwei Hauptcharaktere, Vater und Sohn, in dem Verlangennach "Mehr" zu einem geplanten Bankraub aufmachen, kommen zwei sonderbare Kreaturen ins Spiel, die in einer unterirdischen High-Tech-Kapsel leben: Das Bewusstsein repräsentierend reagieren sie höchst alarmiert, wann immer Unmoralisches zu geschehen droht. Der Film ist mit technisch primitiven Spezialeffekten und mit viel Humor realisiert und hat doch einen ernsten und melancholischen Unterton - nicht zuletzt durch den begleitenden Akustikpop, gespielt von Kasitonni selbst.

"The Kit (Emanuelle's Annual Manual)" von Maria Pask ist ein billig gedrucktes Magazin, das verschiedene Überlebensstrategien und Methoden der Problemlösung "in Vorbereitung für eine einstürzende Welt" zeigt. Die Ausgabe, die bei Sparwasser HQ zum Verkauf liegt, zeigt unter anderem die Bauanleitung für einen eigenen Unterstand oder eine Überlebens-Cocktail-Bar (alle von der Künstlerin selbst erprobt), einen "Wildkräuter Abenteurer" ebenso wie eine Anleitung für die Neuformung von Liebe. Kurz: Es ist eine praktische Sammlung von Überlebenstechniken sowohl in einem Worst-Case-Szenario als auch einer existentiellen Krise. Pask ist an den Ideologien und der Ästhetik des gemeinsamen (Hippie-) Lebens interessiert und wird auch eine Serie von Dias eines FKK-Geländes zeigen, das sie 2001 in den Innenhof eines Museums verlegt hat.

Pressetext

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SUSPEND DISBELIEF
kuratiert von Henrikke Nielsen

mit Kristine Agergaard / Janne Schäfer, Maija Blafield, Anssi Kasitonni, Maria Pask