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Eine Installation im Aussenraum

Der japanische Künstler Tadashi Kawamata entwickelte im Auftrag des Kunstmuseums Thurgau ein Kunstprojekt für den Aussenraum der Kartause Ittingen. Vom 11. bis 23. März wurde nach den Plänen des Architekten Christophe Scheidegger vor dem Eingangstor des ehemaligen Klosters ein neun Meter hoher Turm aus Holzscheitern gebaut, der rund zwei Jahre dort stehen wird. Ausgangspunkt des experimentellen Projektes waren die Holzstapel um den Parkplatz der Kartause, wo die Holzernte des Winters 2012/2013 aus den Wäldern um die Kartause trocknet.

Anstatt das Holz wie üblich in Form von Scheiterbeigen zu lagern, schlug der Künstler vor, die 170 Ster zu einem Turm zu stapeln. Diese vermeintlich einfache Idee wuchs sich zu einem komplexen Vorhaben aus, für das Holzfachleute und ein Ingenieur aus der Region zu Rate gezogen wurden. Ein Team von Studierenden der Ecole des Beaux-Arts Paris arbeitete während zwei Wochen Hand in Hand mit betreuten Mitarbeitern des Heim- und Werkbetriebs der Kartause Ittingen an der Realisierung des aussergewöhnlichen Kunstwerks.

Der „Scheiterturm“ ist in doppelter Hinsicht eine fragile Konstruktion: Das Holz verliert im Verlauf der Trocknungsdauer an Masse. Dies hat Formveränderungen zur Folge, die nicht genau vorhersehbar sind. Was bei einer zwei Meter hohen Scheiterbeige zu einer leichten Neigung führt, entwickelt sich beim neun Meter hohen Turm zur grösseren Herausforderung. Diese Unwägbarkeiten machen den Turm zum konstruktiven Experiment, das Grundfragen des Bauens und Schichtens aufwirft. Das Objekt ist aber auch ein ästhetisches Experiment, an dem sich Themen der Gegenwartskunst kristallisieren. Zwar orientiert sich die Konstruktion an pragmatischen Vorgaben, verweigert sich jedoch einem rein praktischen Zweckdenken.

Wichtiger als das Endprodukt Turm oder gar sein Nutzen als „Trocknungsmaschine“ ist für den Künstler der Entwicklungsprozess. Daher ist der „Scheiterturm“ kein Monument mit Ewigkeitsanspruch, sondern als vorübergehendes Ereignis dem Verwertungskreislauf untergeordnet: das künstlerische Ausgangsmaterial wird nach zwei Jahren als Brennholz verkauft und verfeuert. Für das Kunstprojekt Kawamatas sind die Prozesse wesentlich, die eine veränderte Wahrnehmung des Kultur- und Begegnungsorts Kartause Ittingen bewirken und in deren Verlauf das Absurde und (beinah) Unmögliche gedacht, auf Umsetzungsmöglichkeiten überprüft und gemeinsam realisiert wurde.

Der französische Filmer Gilles Coudert hat die Entstehung des "Scheiterturms" begleitet. Der Film wird 2014 im Kunstmuseum Thurgau gezeigt werden. Sehen Sie bereits jetzt den Trailer zum Film "Tadashi Kawamata, Log Tower / Scheiterturm". Ein Film von Gilles Coudert. © 2013 a.p.r.e.s production

Das Kunstmuseum Thurgau dankt allen Mitarbeitern der Stiftung Kartause Ittingen, insbesondere dem Heim- und Werkbetrieb sowie den Studierenden der École nationale supérieure des Beaux-Arts de Paris, dem Architekten Christophe Scheidegger, Basel, dem Ingenieur Markus Zimmermann, Rafz sowie dem Revierförster Paul Koch.

Mit dem Projekt von Tadashi Kawamata führt das Kunstmuseum Thurgau seine interaktiven Projekte im Aussenraum fort. Nachdem 2003 die Geschwister Hohenbüchler mit betreuten Mitarbeitern ein Dutzend Gärten um die Kartause anlegten, entstanden 2009 in Zusammenarbeit mit Studierenden der F+F Schule für Kunst und Mediendesign in Zürich ebenfalls Projekte, die sich auf das Areal um das Kunstmuseum erstreckten. Mit dem „Scheiterturm / Log Tower“ entsteht wiederum ein Gemeinschaftsprojekt mit der Stiftung Kartause Ittingen.