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Ihre Bilder erzählen uns keine Geschichten und wir erfahren auch nichts über die seelische Befindlichkeit der Malerin. Sachlich und handwerklich perfekt setzt sie Licht und Schatten, arbeitet plastisch das Motiv auf dem weißen Grund heraus. Nichts lenkt vom Dargestellten ab. Es steht monolithisch auf der Leinwand und zeigt uns Dinge des Konsums und der Technik, die seit der Pop Art Eingang in die Malerei fanden. Es gibt umfangreiche Bildserien von schicken Autos und von Geldtransportern, Krankenautos, Straßenreinigungsfahrzeugen, Straßenschildern, Kaffeebechern oder von der Produktpalette eines Spielzeugherstellers Schleich - Tiere, Elfen, Schlümpfe, Ritter, Prinzessinnen, Drachen usw.

Es ließen sich noch andere Motive nennen, die uns ebenso nichts anderes zeigen als das, was wir aus dem profanen Alltag kennen oder das, was uns fast täglich in Form von bereits gestalteten Bildinformationen (Hinweisschilder, Leitsysteme) begegnet. Manchmal gibt sie dem unbewusst wirkenden, besitzergreifenden Verlangen nach, die realen Dinge in ihrer Originalgröße abzubilden. Dieser Effekt der Augen- und Sinnestäuschung ähnelt dann dem, den wir von den Stillleben der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts kennen: man möchte nach den Gegenständen greifen und staunt, mit welcher Meisterschaft die Maler die Realität anhalten und sie zu verdoppeln mögen. Aber ebenso finden wir surreal überdimensionierte Darstellungen von Piktogrammen des Ver- und des Gebots oder von einem PC-Keyboard, die uns sekundenlang rätseln lassen, was denn das wohl sei. Diese Prinzipien des »Eins zu Eins« und der »Vergrößerungen« sind natürlich nicht anzuwenden, wenn es sich um Flugzeuge, Schiffe oder um Schnellzüge handelt. Hier deutet die Malerin den Realitätsbezug an, indem sie mehrere Leinwände zu riesigen Formaten zusammensetzt, um uns dann doch »nur« Ausschnitte oder Verkleinerungen vorzuführen - und so die wahren Dimensionen in Erinnerung ruft. Die Strategie der visuellen Abbildtreue zwingt uns eine ganz konkrete Distanz oder Nähe auf, um die Bildinformation in ihrer Vollständigkeit zu erhalten. Steht man zu dicht davor, sieht man eine Farbfeldmalerei, ein konkretes Bild oder dynamisch-abstrakte Pinselstriche. Ist der Abstand zu groß, dann entweicht die physische Präsenz des Dargestellten. Demnach gibt es eine ideale Distanz, bei der dann die groben Pinselzüge eine fast als fotorealistisch zu nennende Struktur ergeben und das Bild-Zeichen sich mit dem Dargestellten in einem irrealen Einklang befindet. Diese serielle Arbeitsweise tangiert sowohl die konstruierenden als auch die dekonstruierenden Aspekte der Malerei. In der Spätrenaissancehalle des Museums stellt die Malerin unterschiedliche Werkgruppen vor. Es wird sich eine sinnlich ästhetische Spannung zwischen den Motiven aus dem Bereich der Technik und des Konsums und dem über vierhundert Jahre alten Gewölbe der Ausstellungshalle ergeben und der Besucher nimmt am Abenteuer einer Malerei teil, die auf den ersten Blick etwas eindeutig meint, um es vielleicht beim zweiten sofort zu verneinen.

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Tatjana Doll
CAMP
Malerei