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"Tauchfahrten" ist als thematisches Ausstellungsprojekt angelegt, das der Verbindung von Zeichnung und Reportage und Traditionslinien des Zeichnerischen nachgeht, die bislang kaum beachtet wurden. Nicht nur an den Kunstschulen wurde dem Medium der Zeichnung wenig Aufmerksamkeit geschenkt, auch im Ausstellungsbetrieb spielten zeichnerische Positionen allenfalls eine Nebenrolle. Die Ausstellung „Tauchfahrten“ spiegelt ein wieder aufgeflammtes Interesse an der Zeichnung und argumentiert aus dem Blickwinkel der Reportage, dem Aufzeichnen konkreter Ereignisse und Situationen. Der Begriff „Reportage“ verweist hier auf ein breites Spektrum künstlerischer Praktiken, angewandt in schwer erreichbaren oder unzugänglichen Arealen, auf „Tauchfahrten“ in Bereiche, in denen das Photographieren erschwert oder verboten ist (Gefängnisse, Gerichtssäle, Kriegsschauplätze), aber auch in imaginäre Räume, Träume und Phantasiewelten.

Die Ausstellung wurde kuratiert von Clemens Krümmel (Redakteur des Kunstmagazins “Texte zur Kunst”, Berlin) und dem Zeichner Alexander Roob (Düsseldorf) und präsentiert mit über 300 Blättern ein Panorama der unterschiedlichsten Aspekte von Reportagezeichnungen. Neben autobiographisch und historisch berichtenden Zeichenweisen, die sich den erzählenden Strukturen des comic strip nähern, umfaßt die Ausstellung so verschiedene Arbeitsfelder wie Gerichts- und Tatortzeichnungen, sozialutopische Entwürfe, Unterwasser-Reportagen, gezeichnete Berichte aus Bergwerken, Kriegsberichterstattung, Traumprotokolle oder komplexe Organigramme. Dabei greifen die Kuratoren sowohl auf zeitgenössische als auch auf historische Beispiele zurück, um so eine Fülle kunstgeschichtlicher wie aktueller Anknüpfungspunkte an das Konzept der Reportagezeichnung zu verdeutlichen.

Mit der Perspektive auf das Moment der visuellen Berichterstattung gerät das Verhältnis von Zeichnung zu re-portierender Wirklichkeit in den Blick. Die sensorische Berührung, die Auge und Zeichenstift mit der zu protokollierenden Realität verbindet, erlaubt ungewöhnliche und faszinierende gestalterische Freiräume, die sich von den Möglichkeiten gebräuchlicher Reportagetechniken (Photographie, Film, Interview) deutlich unterscheiden. Die Ausstellung verbindet im engeren Sinne nicht-künstlerische Entwürfe, wie die Gerichtsreportagen von Erich Dittmann, die Bergwerkszeichnungen von Alfred Schmidt oder die filmisch angelegten Protokolle Robert Weavers, mit einer künstlerischen Genealogie, die von Zeichnungen Adolph Menzels und John Singer Sargents Kriegsreportagen über die en passant entstandenen Paris-Zeichnungen von Alberto Giacometti bis hin zu den Unterwasser-Landschaften von Stephan Mörsch und den comic-artigen Erzählungen von Robert Crumb, Ben Katchor, Joe Sacco und Harvey Pekar reicht.

Die gemeinsam mit dem Kunstverein Hannover geplante Ausstellung wurde bereits vom 27. November 2004 bis 30. Januar 2005 in Hannover gezeigt. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (Deutsch/English) mit Essays von Clemens Krümmel, Joachim Rees, Michael Glasmeier, Karin Gludovatz und Alexander Roob im Richter-Verlag.

Pressetext

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Tauchfahrten. Zeichnung als Reportage
Kuratiert von Clemens Krümmel, Alexander Roob
Kunsthalle Düsseldorf und Kunstverein Hannover

mit Jessica Abel, David B., Monika Baer / Alice Creischer, Steve Bell, Tatjana Bergius, Peter Blegvad, Bernard Buffet, Erich Dittmann, Alberto Giacometti, Wolfgang Grunwald, He Youzhi, Ben Katchor, Linda Kitson, Max Klinger, Friederike Klotz, Tünde Kovacs, Ulli Lust, Ernst Mach, Adolph Menzel, Henri Michaux, Henry Moore, Stephan Mörsch, Harvey Pekar, Kai Pfeiffer, Inna Poltorychin, Ri Tong Chan, Alexander Roob, Joe Sacco, Salon de Fleurus, John Singer Sargent, Alfred Schmidt, Dierk Schmidt, Jim Shaw, Andreas Siekmann, Susan Turcot, Rick Veitch, Robert Weaver, Stephen Wiltshire, Amelie von Wulffen, Eric Wunder, Florian Zeyfang