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Eröffnung: 06.03.2008, 19.00 h

Das Fernsehen hat sich zu einem Leitmedium öffentlicher Meinungsbildung
 entwickelt. Grund dafür ist weniger die Integrität oder Objektivität der darin vermittelten Vorstellungen und Inhalte, sondern das Begehren nach einem Verhältnis zur Realität, die weniger real denn als Bild erscheint. Als Bild und übersetzt in die Realität des Medialen bleibt sie auf Distanz. Was als Realität erscheint, ist das Phantasma einer Medialität der Realität selbst. Damit diese Medialität der Realität garantiert wird, gilt es ein Abbild der Realität zu liefern, die nach den Bedingungen der Medialität geformt wird, wenn man so will: das Abbild einer telegenen Realität herzustellen. Das Telegene steht hier weniger für eine Frage der Bildqualität, denn für eine Ästhetik der Ferne. Eine Ästhetik des Fernsehens zielt in diesem Sinne auf die Vermittlung einer unmittelbaren Nähe zum Realen und dem gleichzeitigen Versprechen, dass diese Nähe auf Distanz gehalten wird. Für diese Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag, haben sich verschiedene Fernsehserien herauskristallisiert – seien es die Soap Operas, das Reality TV oder die Telenovelas. Letztere sind lateinamerikanischer Herkunft und dominieren die Fernseh- programme genauso wie die alltäglichen Vorstellungen davon, was denn der Alltag sein könnte oder sollte. Die Dichte und Bedeutung dieser Serien haben eine Dimension angenommen, die es legitim erscheinen lassen, in den Telenovelas eine kulturelle Dominante zu sehen, die den sozialen und kulturellen Alltag genauso prägt wie die Vorstellungen von Politik. Ein künstlerischer Diskurs, der sich diesem politischen, sozialen und kulturellen Alltag widmet, kommt kaum mehr umhin, sich nicht mit den entsprechenden Fernsehserien auseinander zu setzen. In diesen werden prägende Figuren und Rollenbilder entwickelt, in diesen werden Vorbilder und Gewohnheiten entworfen; in diesen werden Klischees manifest: Heterosexualität gepaart mit sexistischen Frauenbildern, ein Hang zur Unveränderbarkeit des sozialpolitischen Alltags, die Festschreibung von sozialen Rollenmustern, ökonomische Tragikomödien, etc.

Das Projekt "Telenovela" an der Akademie der bildenden Künste Wien basiert auf einem Vorschlag von Studierenden und AbsolventInnen der Akademie, die selbst lateinamerikanischer Herkunft sind oder mit den Telenovelas im südosteuropäischen Alltag konfrontiert wurden. Hansel Sato, Carlos Perez und Vasilena Gankovska haben dann weitere KünstlerInnen eingeladen, eine kleine Ausstellung zum Thema der Telenovela zusammen zu stellen und deren kulturellen Koordinaten künstlerisch zu reflektieren. Das mediale Spektrum ihrer Praxis reicht dabei von der Malerei, über die Zeichnung und Fotografie bis zur Sound-Installation, zur Performance und zum Video. Die künstlerischen Perspektiven reichen von dokumentarischem Material bis zur Parodie. Weit davon entfernt ein umfassendes Bild der Komplexität dieses Themas abliefern zu wollen, orientiert sich das Projekt an einer kritischen Skizze. Was diese Skizze aber vermittelt, ist die Schnittstelle eines künstlerischen Diskurses und einer manifesten problematischen Alltagskultur. Diese Schnittstelle fordert von der künstlerischen Praxis mehr als nur die Produktion von Kunstwerken. Implizit reicht die künstlerische Praxis hier von der Recherche, der interdisziplinären Übersetzung und der Methodenkritik bis hin zur kuratorischen Arbeit. Die Akademie der bildenden Künste Wien freut sich, ihren Studierenden und AbsolventInnen und den von diesen eingeladenen KünstlerInnen ein Forum bieten zu können, das diesen Diskurs und eine Diskussion darüber ermöglicht. (Text: Andreas Spiegl)

Idee und Konzept | Carla Bobadilla, Hansel Sato Kuratorische Beratung | Andreas Spiegl KünstlerInnen | Basile Baixe, Carla Degenhardt, Paula Delgado, Vasilena Gankovska, Fran Ilich, Carlos Perez, Oscar Sanchez, Hansel Sato, Katrin Wölger

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Telenovela
Idee und Konzept: Carla Bobadilla, Hansel Sato
Kuratorische Beratung: Andreas Spiegl
KünstlerInnen: Basile Baixe, Carla Degenhardt, Paula Delgado, Vasilena Gankovska, Fran Ilich, Carlos Perez, Oscar Sanchez, Hansel Sato, Katrin Wölger