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"Obwohl vor dem Hintergrund der gleichen Überlegungen entstanden, galt die Betonung des Zeitmoments bei der minimalistischen Skulptur der 60er Jahre in erster Linie Fragen der Wahrnehmung. Dem Betrachter war es aufgegeben, Themen wie die Maßverhältnisse, die Platzierung oder die Form in einem zeitabhängigen Prozess aufzuschlüsseln - Themen, die ihrem Wesen nach abstrakter sind als beispielsweise Erinnerungsgegenstände. [...] Die Themen des Minimalismus sind einem Raum eingefügt, der sich, wie Rauschenbergs Bildfeld, mnemonisch definiert." (Rosalind Krauss, Video: The Aesthetics of Narcissism, 1978)

Titel und Thema der von Sabine Himmelsbach kuratierten Ausstellung beziehen sich auf obiges Zitat von Rosalind Krauss. Es beschreibt die Zeitbasierung der skulpturalen Erfahrung der Minimal Art, ihre Situierung im Raum als Materialerfahrung und die damit verbundene Wahrnehmungsproblematik. Diese drei Parameter der Minimal Art - Zeit, Material, Wahrnehmung - haben nicht nur den Skulpturbegriff erweitert, sondern auch den Medien einen neuen Horizont eröffnet. Die Wahrnehmungsstrategien früher Videoarbeiten, in denen der Blick durch die Kamera die natürliche Wahrnehmung ergänzt, stellen ebenfalls für den Betrachter eine Beziehung zwischen Raum, Material und Zeit her. Der Entwicklung von der Skulptur als Zeiterfahrung zum zeitbasierten Medium Video gilt der Fokus dieser Ausstellung, die damit neue ästhetische Verknüpfungen zwischen Minimal Art und Medienkunst zeigt.

In der Minimal Art wird das Verhältnis von Betrachter und Werk neu definiert. Der umgebende Raum ersetzt nun den illusionistischen Raum der flachen Leinwand. Der minimalistische Trend in der Kunst seit der Minimal Art findet sich später in verschiedenen Gattungen wieder. Dieser phänomenologische Ansatz der Minimal Art wird auch in der Videokunst aufgenommen. Allerdings wird dabei die natürliche Wahrnehmung oft durch die apparative Wahrnehmung akzentuiert und verändert. Wahrnehmungsprozesse werfen die Frage nach der Positionierung des Betrachters auf, die in der Videokunst durch das technisch produzierte und vermittelte Bild fortgeführt werden. Der Betrachter wird einbezogen in die elektronische Dekodierung zeitlicher Strukturen, die den Raum auch als Gedächtnisraum thematisieren.

Anhand ausgewählter Beispiele aus dem Sammlungsbestand des ZKM und mit besonderen Leihgaben soll gezeigt werden, wie skulpturale Tendenzen der 1960er Jahre in Beziehung zu Wahrnehmungsstrategien der frühen Videoskulptur gesetzt werden können.

Die ausgestellten Werke wurden größtenteils mit Mitteln Karlsruher Förderer erworben, um für die Eröffnungsausstellung das Programm des Gründers Heinrich Klotz zu unterstützen, der ein "Museum aller Gattungen" wollte. Malerei, Skulptur und Fotografie, Video und raumgreifende mediale Inszenierungen, das unbewegte und das bewegte Bild finden sich ganz selbstverständlich nebeneinander präsentiert. Dieses Konzept trägt der Tatsache Rechnung, dass sich die neuen Medien wie Video oder computerbasierte Kunst auch aus den konzeptuellen Überlegungen der vorangehenden Medien Malerei und Skulptur heraus entwickelt haben. Mit der Ausstellung in der Städtischen Galerie ist es möglich, dem Publikum sechs Jahre nach der Eröffnung des ZKM eine repräsentative Auswahl seines Sammlungsbestandes in einem neuen thematischen Kontext dem Publikum zugänglich zu machen. Pressetext

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Temporal Values - von Minimal zu Video, Arbeiten aus der Sammlung des ZKM
Das ZKM zu Gast in der Städtischen Galerie
KünstlerInnen: Carl Andre, John Baldessari, Heiner Blum, Peter Campus, Douglas Davis, Gary Hill, Nan Hoover, Joan Jonas, Donald Judd, Dieter Jung, Wolf Kahlen, Dieter Kiessling, Imi Knoebel, Shigeko Kubota, Sol Le Witt, Meuser, Robert Morris, Bruce Nauman, Nam June Paik, Fabrizio Plessi, Robert Rauschenberg, Hans Peter Reuter, Gerwald Rockenschaub, Ulrike Rosenbach, Romana Scheffknecht, Richard Serra, Keith Sonnier, Wolfgang Staehle, Woody Vasulka & Steina, Bill Viola, Wolf Vostell ...
Zusätzlich zur Ausstellung "Temporal Values - von Minimal zu Video" zeigt das ZKM im Forum der Städtischen Galerie vom 31. Januar bis 18. April 2004 die dreiteilige Arbeit "Auge/Maschine I-III", 2001-2003, von Harun Farocki.