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Ein Titel, der die Schönheit des Zustandes der Empfindungslosigkeit beschwört, hat als Bezeichnung einer Ausstellung bildender Kunst etwas widerstrebendes an sich. Gregory Maass und Nayoungim produzieren eigens für diese Ausstellung eine raumübergreifende Skulptur, die zunächst ein gegenteiliges Empfinden hervorruft. Sie erinnert in ihrer Grundform an die Modellbaulandschaft eines Hobbyeisenbahners. Es handelt sich um einen drei auf knapp einen Meter messenden Tisch mit einer aufgesetzten, komplexen und sich durchdringenden Sperrholzkonstruktion. Der analytische Blick erkennt eine zugrundeliegende Landschaft, deren Oberfläche nur in den Konturen der sich diagonal kreuzenden Lamellenprofile beschrieben wird. Durch das Relief führen in zwei Ebenen geometrisch mäandernde Serpentinen, deren Niveaus durch Spiralen miteinander verbunden sind. Anders als beim Modelleisenbahner verschreibt sich diese Arbeit mit dem Titel "Alfred Hitchcock in Guilin" nicht der naturgetreuen Nachbildung von Landschaft (hier jener berühmten südchinesischen). Vielmehr wirkt sie in ihrer Bauweise konstruktiv, in ihrer Ausführung akkurat.

Eine zweite Arbeit ist eine größere fotografische Abbildung, die in einer avancierten Inkjet-Technik auf Leinwand aufgebracht wurde. Sie zeigt einen auf kleeblattförmigem Grundriss errichteten Turm aus Klopapierrollen (Blütendekor, 4-lagig), auf einem sehr schlichten Tisch vor einer Wand. Die sorgfältig aufgeschichteten Rollen lassen in einer Lesart ein Architekturmodell zu. Als Stilleben wiederum parodiert das Bild in seiner spröden, ärmlichen Materialästhetik die Konventionen eines ganzen Genres. Diente das traditionelle niederländische Stillleben häufig der symbolhaften Demonstration materiellen Reichtums oder von Bildung, wohnte ihm fast immer auch ein Memento mori inne. Nichts weniger gemahnt uns das Bild im mini salon, wenn der Hygieneartikel mittelbar, dennoch unverhohlen keck, auf den Rückstand kulinarischer Genüsse verweist. Subtil kokettiert zudem das abgebildete Zellstoffprodukt in seiner haptischen Prägung mit der ähnlich strukturierten Glasfasertapete im Bildhintergrund – wie auch mit der Leinwandstruktur des Bilduntergrundes.

Gerade dieses Bild verströmt in seiner Mischung aus strenger Formalisierung und Trivialästhetik eine Atmosphäre von Leere und erinnert damit an den Ausstellungstitel. Aber auch die oben genannte Skulptur steht als geschlossenes System und in ihren Formen von Mäander und Spirale für Wiederholung und Monotonie. Etwas ketzerisch stellen die Werke somit die landläufige Bewertung der Langeweile als unerträglichem Gemütszustand vor dem Hintergrund von Reizüberflutung und Spaßgesellschaft in Frage.

Kennzeichnend für die Arbeit der beiden Künstler ist regelmäßig das Disparate, das darin zusammenfindet. Versteht man Kunst als ein Konzept von Repräsentation, das sich in die Gegensätze von Referenz und Performanz gliedern lässt, so stellt das Künstlerduo auf der Referenzebene zahlreiche Bezüge her, mit denen der Betrachter in seinem Bemühen um eine zusammenschauende Sinnkonstruktion immer wieder im Absurden scheitert. Nichtsdestoweniger finden die einzelnen Arbeiten, wie auch die Gesamtinstallationen in ihrer Performanz zu einem harmonischen Ganzen zusammen.

Die Ausstellung kann realisiert werden durch freundliche Unterstützung von: Arts Council Korea · Bochumer Kulturrat e.V. · FLACC Centrum voor Kunsten en beeldcultuur