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Auf Einladung der Akademie der bildenden Künste Wien und der Fundação Bienal de São Paulo bereisten vier Studierende der Akademie und zwei brasilianische Absolventen unter der kuratorischen Leitung des amerikanischen Künstlers Mark Dion und der sachkundigen Führung des Ender-Forschers Dr. Robert Wagner im Frühjahr dieses Jahres Brasilien, um gemeinsam das Projekt »The Brazilian Expedition of Thomas Ender – Reconsidered« zu entwickeln. Ausgangspunkt der künstlerischen Auseinandersetzung waren die Arbeiten von Thomas Ender, die der junge Landschaftsmaler im Rahmen der Österreichischen Brasilienexpedition zwischen 14. Juli 1817 und 1. Juni 1818 anfertigte. Diese naturwissenschaftliche Expedition, der auch der Zoologe und Ethnologe Johann Natterer und die bayrischen Naturforscher Johann Baptist Spix und Carl Friedrich Pahilipp Martius angehörten, war anlässlich der Hochzeit von Dom Pedro, dem Kronprinzen von Portugal und Brasilien, und der österreichischen Erzherzogin Leopoldine 1817 in Rio de Janeiro nach Brasilien entsandt worden. Bei seiner Rückkehr übergab Thomas Ender (* 1793 in Wien, † 1875 in Wien, Professor an der Akademie von 1824 bis 1850) dem österreichischen Kaiser Franz I. 763 Aquarelle und Zeichnungen, die einen der schönsten kompletten Bestände des Biedermeier darstellen und sich heute in der Sammlung des Kupferstichkabinetts der Akademie der bildenen Künste Wien befinden.

Die Fertigstellung der Neuinventarisierung und Dokumentation der Sammlung durch den österreichischen Historiker, Ender-Forscher und Leiter der Universitätsbilbiothek der Akademie, Dr. Robert Wagner, gab Anlass den international renommierten Künstler Mark Dion für eine Zusammenarbeit an die Akademie einzuladen. In seinen Installationen, Performances, Zeichnungen und Fotografien verquickt er Institutionenkritik mit Erkenntnissen aus Naturwissenschaft und Politik und reflektiert die Natur hinsichtlich ihrer Funktion als Konstrukt der Kultur. Das vorliegende Kooperationsprojekt bedient sich des anachronistischen Modells der Expedition, um die historische Idee der allein der Wissensproduktion dienenden Reise zu hinterfragen und den Versuch einer Neuinterpretation des durch die Assoziation zur kolonialen Unternehmung lange negativ besetzten Begriffs der Expedition zu unternehmen. Für eine Betrachtung von Natur, Reise, Geschichte und Enthnographie im zeitgenössischen Diskurs fungieren dabei die Arbeiten Enders.

Für das Projekt »The Brazilian Expedition of Thomas Ender – Reconsidered« stellte Mark Dion ein neues »Expeditionsteam« mit vier Studierenden der Akademie der bildenden Künste Wien und zwei brasilianischen Künstlern zusammen, das auf den Spuren Thomas Enders durch Brasilien reiste, wobei jedes Mitglied des Teams die Rolle eines historischen Expeditionsteilnehmers übernahm: Franz Christoph Amann (zweiter Naturforscher), Walmor Correa (Botaniker), Mark Dion (Naturforscher), Karin Felbermayr (Botschafterin), Bartolomeo Gelpi (Ethnologe und Landschaftsmaler), Christian Mayer (Chronist) und Georg Paul Tiller (Kartograph). Dr. Robert Wagner hat das Team zu den wichtigsten Entstehungsorten von Thomas Enders Aquarellen – in die Altstadt von Rio de Janeiro, in die Wälder von Tijuca, nach Ouro Preto und Mariana sowie nach São Paulo – geführt.

Die im Zuge der Expedition entwickelten Arbeiten werden im Rahmen einer von Mark Dion initiierten Gemeinschaftsproduktion zunächst vom 25. September bis 19. Dezember 2004 auf der Biennale in São Paulo und vom 21. Jänner – 20. März 2005 in Wien an der Akademie der bildenden Künste zu sehen sein.

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The Brazilian Expedition of Thomas Ender – Reconsidered
Ein Projekt in Zusammenarbeit mit der Fundação Bienal de São Paulo

Expeditionsleitung: Mark Dion

Stationen:
25.09.04 - 19.12.04 Fundação Bienal de São Paulo
21.01.05 - 20.03.05 Akademie der bildenden Künste Wien