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Eröffnung: 6. Juni 2008, 19.00 Uhr

In den letzten Jahren zeigt sich in der westlichen Welt ein verstärktes Interesse an Spiritualität und den Möglichkeiten, unter Berufung auf transzendentale Kräfte einen gesellschaftlichen Wandel zu erwirken. Die gegenwärtige westliche Kultur ist eine bizarre Mischung aus einer rationalen, in der Aufklärung begründeten Basis und Anflügen von spirituellem Wahn. Das Paranormale übt einen unübersehbaren Reiz aus, was sich beispielsweise in den vielen Wahrsagershows und Mystery-Serien in den Fernsehprogrammen spiegelt.

Die Gruppenausstellung “The Great Transformation – Kunst und taktische Magie” im Frankfurter Kunstverein vereint Arbeiten von internationalen Künstlerinnen und Künstlern, die sich der Magie als einer semiotischen Übung bedienen, um beispielsweise sozialen Wandel zum Ausdruck zu bringen und kritisch zu untersuchen. Dabei bezeichnet ‚taktische Magie‘ eine große Palette möglicher künstlerischer Praktiken, die auf Themen der Magie zurückgreifen, um über gesellschaftsrelevante Fragen nachzudenken.

„The Great Transformation“ präsentiert neben Arbeiten bekannter Positionen wie Allen Ruppersberg und Mike Kelley zahlreiche Arbeiten jüngerer Künstler, die eigens für die Ausstellung Arbeiten entwickeln werden und die deutlich machen, wie Magie den Blick auf die Gesellschaft und ihre Kommunikationsformen auf die Probe stellen kann. Das Thema der Magie eröffnet darüber hinaus neue Perspektiven auf die Organisation von Raum sowie die Grauzone zwischen Rationalem und Irrationalem. Auf der Suche nach neuen Visualisierungsformen, neuen Kanälen der Kommunikation sowie kulturellen Aktionen ist sich die aktuelle Kunstproduktion der ideologischen Problematik im Umgang mit okkulten Praktiken bewusst. Einige junge Künstler und Künstlerkollektive setzten diese daher ganz gezielt als kritisches Element zur Erweiterung ihres künstlerischen Spektrums ein.

Das von Aaron Gach gegründete Künstlerkollektiv „Center for Tactical Magic“ (CTM) aus Berkley, USA, hat sich beispielsweise zum Ziel gesetzt mit seinen Projekten und Workshops im öffentlichen Raum schlummernde Energien zu aktivieren, um einen positiven sozialen Wandel zu evozieren. Die direkte Einbeziehung des Publikums spielt dabei eine wesentliche Rolle für das Kollektiv. In breit angelegten Analysen und Experimenten zieht die Gruppe praktischen Nutzen aus der Methode der taktischen Magie, mit denen aktiv Einfluss auf individuelle, kommunale und grenzüberschreitende Ebenen genommen werden kann.

Eine Analyse magischer Praktiken unternimmt die Videoarbeit des nordamerikanische Konzeptkünstlers Allen Ruppersberg (*1944). Er untersuchte das Thema Magie in den frühen 1970er Jahren. Seine Videoarbeit A Lecture on Houdini (For Terry Allen) (1971) zeigt den Künstler selbst wie er in eine Zwangsjacke gekleidet vor der Kamera einen Vortrag über den großen Magier und Entfesslungskünstler Harry Houdini hält. Durch seine Darstellung der Figur des Magiers, rückte Ruppersberg zudem die im Rahmen spiritueller Praktiken oft behandelte Auseinandersetzung mit Leben und Tod in das Blickfeld der Kunst.

Der französische Künstler Aurélien Froment untersucht im Rahmen unterschiedlicher Personenporträts unter anderem den Aspekt der Magie und analysiert besondere professionelle Fähigkeiten im Umgang und Einsatz von Bildmaterialien. In Froment’s Film Théâtre de poche, der im November 2007 entstand und der thematisch mit einem umfangreichen Buchprojekt verknüpft ist, zeigt ein Zauberer Kartentricks und Bilder, die in der Luft zu schweben scheinen. Ebenso wie der Zauberkünstler die Fotos, Karten und Bilder über eine für den Zuschauer unsichtbare Fläche schiebt, wird er selbst im Film mit samt seiner Umgebung auf einer imaginären Achse verschoben. Hierdurch entsteht für den Betrachter eine zusätzliche Illusion, denn die Bewegungen des Zauberers vor der Kamera verschwimmen mit dem Schwenken der Kamera und den mit den technischen Möglichkeiten des Filmtricks erzeugten Verschiebungen.

Die künstlerischen Arbeiten und Installationen der Ausstellung „The Great Transformation“ konfrontieren den Betrachter oft weniger mit dem tatsächlich Sichtbaren, als mit seinem eigenen sinnlichen und intuitiven Empfinden. Die Werke eröffnen vielfältige mediale Wahrnehmungsebenen als neue Möglichkeiten der Kulturanalyse. Sie erweitern die auf eigene Erfahrungswelten übertragbaren Bedeutungen und bieten auf diese Weise Chancen des Widerstandes gegen eine mediale Domestizierung.

“The Great Transformation – Kunst und taktische Magie” präsentiert unter anderem Werke von Jonathan Allen, Center for Tactical Magic, Roberto Cuoghi, Claire Fontaine, Aurélien Froment, Mike Kelley, Joachim Koester, Maria Loboda, Goshka Macuga, Michelle di Menna, Eduardo Navarro, Olivia Plender, ride.1, Allen Ruppersberg, Kerstin Stoll, Joanne Tatham & Tom O'Sullivan, Banks Violette und Adrian Williams.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog in deutscher und englischer Sprache mit Essays von Lars Bang Larsen, Simon During und Chus Martínez; herausgegeben von Chus Martínez.

Die Ausstellung ist eine Kooperation mit MARCO, Museo de Arte Contemporánea de Vigo und wird dort vom 19. September 2008 bis zum 11. Januar gezeigt.

„The Great Transformation“ wird ermöglicht durch die freundliche Unterstützung von: American Center Foundation Hessische Kulturstiftung

Weitere Förderer sind: bdap - bureau des arts plastiques; Cultures France; Ambassade de France en Republique Federale d'Allemagne The Danish Arts Foundation

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The Great Transformation - Kunst und taktische Magie

mit Jonathan Allen, Center for Tactical Magic , Roberto Cuoghi, CLAIRE FONTAINE , Aurelien Froment, Mike Kelley, Joachim Koester, Maria Loboda, Goshka Macuga, Michele Di Menna, Eduardo Navarro, Olivia Plender, ride.1 , Allen Ruppersberg, Kerstin Stoll, Joanne Tatham & Tom O´Sullivan, Banks Violette, Adrian Williams, ...

Stationen:
07.06.08 - 07.09.08 Kunstverein Frankfurt
19.09.08 - 11.01.09 MARCO Vigo, Museo de Arte Contemporánea de Vigo