BodhiBerlin

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artists & participants

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Eröffnung: 5. September 2008, 19-21 Uhr

Zu Zeiten der Pop Art und des Minimalismus nahezu totgesagt, hat die Skulptur in der Gegen- wartskunst einen unerwarteten Aufschwung erlebt. Thema der „neuen“ Skulptur ist die Lebens- welt urbaner Gesellschaften, die Materialienvielfalt spiegelt nicht von ungefähr die Erfahrungs- breite städtischer Kultur wider.

Die drei Künstler der Ausstellung Urban Spiel kommen aus drei verschiedenen Städten in Europa und Asien. Paul Eachus lebt und arbeitet in London; seine Arbeit greift die Exzesse der heutigen Gesellschaften auf, ihre „Überwältigung“ durch Konsumgüter und Informationsüberschuss. Dabei bedient er sich gefundener und weggeworfener Gegenstände ebenso wie Materialien aus dem Heimwerkermarkt. Seine Untersuchungen der Fragilität gegenwärtiger Wertsysteme und ihres Hangs zur Implosion führen ihn zur Errichtung komplexer Fassaden, die er in großforma- tigen Fotos ablichtet, aber auch als Installationen zeigt. Diese Arbeiten sind Ergebnisse einer eklektizistischen Auswahl, divergieren im Gebrauch von Stilen, Genres und Motiven und sind eher von einem Gefühl für Logik denn kalter Vernunft getrieben.

In ähnlicher Weise kreiert Rob Voerman, der im niederländischen Arnhem lebt und arbeitet, begehbare Environments aus benutztem Holz und Metall, aber auch aus Regalen und Türen, die er im Sperrmüll findet. Seine „Bauwerke“ erinnern an Bodysuits oder gar Rüstungen und beziehen sich auf unsere Wegwerfmentalität in Fragen der Einrichtung und des Geschmack. Seine jüngsten Arbeiten lassen sich als eindrucksvolle Statements über die gegenwärtige Ver- strickung von Architektur und Begierde lesen. In ihrer Mixtur aus Destruktivität und Schönheit erinnern sie uns an die Architektur utopisch orientierter Hippie-Communities: Üppig ausstaf- fierte Strukturen, eingehüllt in eine Aura der Romantik, eröffnen dem Betrachter die unerbitt- lichen Qualitäten des Terrors und zeigen, dass Schönheit auch aus der Destruktion entstehen kann. Die Transformation einer solchen gewaltsamen materiellen Zerstörung in die architekto- nische Struktur einer rein ästhetischen Form weckt geradezu religiöse Assoziationen, erinnert an lichtdurchlässige Kathedralen.

Sumedh Rajendran lebt und arbeitet in Delhi. Seine Skulpturen, für die er unter anderem Mo- saiksteine, Aluminium, Emaille-Werbetafeln, Wellblech, Papier, verrostetes Eisen und Leder verwendet, haben ihm in den letzten Jahren zum internationalen Durchbruch verholfen. In sei- nen Arbeiten eröffnet er eine neue Welt der Ästhetik und Form von Skulpturen, reflektiert über Kapitalismus und die symbolische Bedeutung, die Gebäuden, Angestellten und öffentlichen Einrichtungen im städtischen Raum anhaftet. Rajendran verwandelt oft altbekannte öffentli- che Wahrzeichen in komplexe Collagen, die vorgefertigte Elemente mit gefundenen Objekten verbinden. Ähnlich wie Voerman erschafft der Künstler Bilder einer zerbrochenen Utopie – ge- naue Beobachtungen und Interpretationen der ökologischen wie urbanen Paradoxa, die unsere Gegenwart bestimmen. Aus dem Kontext des städtischen Lebens in Indien schöpfend, kont- rastiert Rajendran das Organische mit dem Künstlichen und spielt so auf die Unvereinbarkeit von Industrie und Landschaft an. Mit seiner Strategie, widersprüchliche Aspekte des täglichen Lebens nebeneinander zu stellen, entwickelt er eine bisher unbekannte Ästhetik der Transfor- mation des Materiellen.

Aus der Zusammenstellung der Arbeiten dieser drei Künstler für die Ausstellung Urban Spiel ergibt sich für die Betrachter die Möglichkeit, die ausgefeilte Sprache metropolitaner Räume sinnlich zu erfahren. Durch den Einsatz verschiedener Materialien lenken die Künstler bezie- hungsweise ihre Skulpturen den Blick der Öffentlichkeit auf die unglaubliche Verschwendung von Alltagsgegenständen. Ihre Entwertung zum „Spielzeug“ wird von einer stetig wachsenden und auf Konsum fixierten Weltbevölkerung schlichtweg vergessen.

Urban Spiel thematisiert die beschriebenen Bedingungen der Gegenwart und macht uns durch die schiere Dichte des Materials auf die unermesslichen Schichtungen von Geschmack und Ver- schwendung aufmerksam, die unser Alltagsleben so bequem wie verführerisch determinieren.

Kuratiert von Shaheen Merali Künstler: Paul Eachus, Sumedh Rajendran und Rob Voerman

Mit freundlicher Unterstützung von: The Netherlands Foundation for Visual Arts, Design and Architecture, Botschaft der Niederlande

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The Urban Spiel
Studien zu Skulptur und Material
Kurator: Shaheen Merali

Künstler: Paul Eachus, Sumedh Rajendran, Rob Voerman