press release only in german

Thorsten Brinkmanns fotografierte Selbstbildnisse stellen ein klassisches Genre auf den Kopf In der Regel geht der bildende Künstler Thorsten Brinkmann von dem aus, was er vorfindet: von der Zivilisation abgestoßene Gegenstände, die er auf dem Sperrmüll aufsucht, aber auch gewöhnliche Dinge wie Flaschen, Blumentöpfe oder Regale. Auch der eigene Körper wird dem Künstler immer wieder zum objet trouvé. Brinkmann ist ein Jongleur, der sich der Dinge der Welt gleichwertig bedient und im Sinne Duchamps in die Kunst einführt.

In seinem jüngsten Werk steht der Künstler – umgeben von scheinbar belanglosen, doch in ihrer Inszenierung allesamt auf den Kunstkontext verweisenden Fundstücken – im Zentrum einer Serie fotografischer Selbstbildnisse. Der Schöpfer im Blickfang des eigenen Auges ist ein Topos, das sich als eigenständige Gattung in der Renaissance durchgesetzt hat, als die Künstler ein Selbstbewusstsein entwickelten, welches ihnen erlaubte, sich vom Status des namenlosen Handwerkers zu lösen. Mannigfach sind die Autoporträts, die seit dem entstanden sind – Dürers Selbstbildnis im Pelzrock von 1500 und Velázquez` legendäre Selbstvermarktung 1656 in Las Meninas seien an dieser Stelle exemplarisch genannt. Es sind Bilder, die sich unserem kollektiven Gedächtnis eingebrannt haben und die nachhaltig das kulturelle Verständnis vom Künstler und seiner Schöpferkraft in unserer Gesellschaft prägen.

Brinkmann zieht sich gefundene Kleidungsstücke über, drückt auf den Selbstauslöser der Kamera, läuft vor eine ebenfalls gefundene Wand, stülpt sich einen Lampenschirm, einen Topf oder eine Tennisschlägerhülle über den Kopf, bringt sich in Pose. Die Ergebnisse sind frappierend malerisch und unkonventionell zugleich: Eine zurückgenommene Farbigkeit mit sanft verlaufenden Konturen, ein dem klassischen Dreiviertelporträt angelehnter Ausschnitt, eine einem Magritte nachempfundene Kombinationslust von Dingen. Unser am klassischen Porträt geschulte Sehverhalten wird durch die Verhüllung des Abgebildeten, durch die leichte Verschiebung vom Gewohnten und dem Vexierspiel zwischen Fotografie und Malerei auf sich gestellt.

Brinkmanns bisheriges Werk kreist um die enge Beziehung zwischen Dingen und Menschen, stets um das Malerische im Skulpturalen und im Fotografischen bemüht. Seine künstlerische Ausbildung bei Prof. Bernhard J. Blume und Prof. Franz E. Walther führen ihn in assoziationsfreie Denkräume ein. Mit seiner jüngsten Fotoserie erfährt Brinkmanns Schaffen eine Erweiterung, in dem es die Qualität des Malerischen aufgreift und sie den Errungenschaften der Kunst im zwanzigsten Jahrhundert untermischt. Objet trouvé, Collage, Fotografie, Skulptur und Malerei fließen spielerisch ineinander. Denkt man an die Handlungen, die den unmittelbaren Fotografien aus der Serie „Portraits of a Serialsammler“ vorweggehen (Finden, Aufbauen, Anziehen, Überstülpen, Posieren), ist der performative Anteil ebenso ein vorrangiges Merkmal.

Brinkmann ist aktuell mit dem Schering-Preis nominiert und u. a. in der Berlinischen Galerie zu sehen. Große nationale und internationale Sammlungen sind im Besitz seiner Werke.

Brinkmanns zweite Solo-Show „tisch zi bäng“ in der Galerie Kunstagenten in der Linienstraße 155 läuft vom 24. März bis zum 29. April 2007. Die Eröffnung findet am 23. März ab 19:00 statt.

only in german

Thorsten Brinkmann
tisch zi bäng