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Eröffnung : Freitag, 1. Februar, 19-21 Uhr

Allen voran entwickelte die Minimal- und Konzeptkunst in den 60er Jahren neue Strategien, an deren Anfangs- und Endpunkt oft die Zeichnung als Träger künstlerischer Ideen steht. Die Ausstellung THOUGHT in der Galerie Thomas Schulte vereint sieben Künstler der Galerie, für welche die Zeichnung Reflexion eines konzeptuellen, denkerischen Prozesses und Manifestation bildnerischer Abstraktionsvorgänge ist. Der amerikanische Künstler Jonathan Lasker (geboren 1948 in Jersey City, USA), der sich mit den Möglichkeiten von Malerei angesichts einer zunehmend konzeptorientierten Kunst auseinandersetzt, begann ab 1986, seine Kompositionen in Zeichnungen und kleinen Formaten bis ins Detail zu entwerfen, um sie anschließend im Großen präzise nachzubilden. Die organische, subjektiv-gestische Bildsprache früherer Arbeiten wurde nun abgelöst von einem zunehmend gedanklichen Prozess, welcher der ständigen Kontrolle des Künstlers unterworfen ist und jegliche Zufälligkeiten ausschließt. In ähnlicher Weise dient die Zeichnung dem Schweizer Künstler Albrecht Schnider (geboren 1958 in Luzern, Schweiz) als Modell für die Malerei und kann als essenzielle Grundlage seines Oeuvres bezeichnet werden. Auch Schniders Zeichnungen erforschen die Möglichkeiten bildnerischer Darstellung, sei es in abstrakten Studien oder in aus geometrischen Formen zusammengesetzten, gesichtslosen Porträts. Die Unmittelbarkeit des zeichnerischen Prozesses dient ihm dabei als Gegenpol zur strengen Komposition seiner Gemälde, denn anders als bei Lasker ist die Zeichnung für Albrecht Schnider nicht zwangsläufig eine direkte Vorlage. Auch im bildhauerischen Schaffen von Richard Deacon (geboren 1949 in Bangor, Wales) nimmt die Zeichnung als Ausdruck planerischer Gedanken und Konzepte seit jeher eine zentrale Stellung ein. Sein zeichnerisches Werk zeigt dabei deutlich Deacons kompromisslose Suche nach den Grenzen und Möglichkeiten der zeitgenössischen Skulptur. In der Fläche legt Deacon die denkerische Grundlage für die spätere skulpturale Umsetzung seiner Arbeiten und schafft dabei gleichzeitig ein eigenständiges zeichnerisches Werk, das in sich Vorbildcharakter hat. Der Künstler Allan McCollum (geboren 1944 in Los Angeles, USA) entwickelte in den 80er Jahren für jede Gattung traditioneller Kunstwerke Surrogate, funktionierende Stellvertreter, die durch eine einfache Kombinatorik von Farben und Formen individualisiert und zugleich seriell vervielfältigt werden. Seine Drawings, die in Gruppen von 15 bis zu 180 Exemplaren präsentiert werden, entstehen als achsensymmetrische Figuren durch die Kombination von Geraden und Viertelkreisen, die durch Schablonen auf Karton übertragen und mit Grafit ausgemalt werden. Sie repräsentieren die Zeichnung selbst in der Form einer dichten schwarzen Fläche. Auch wenn sie massenproduzierten Objekten ähneln, gleicht keines der von McCollum geschaffenen Drawings dem anderen. Mit Idris Khan (geboren 1978 in Birmingham, England) und Michael Müller (geboren 1970 in Ingelheim am Rhein) zeigt die Galerie zwei jüngere Positionen, die sich mit dem zeichnerischen Medium auf unterschiedliche Weise auseinandersetzen. Michael Müller macht den eigenen zeichnerischen Gestus zum Thema seiner Arbeiten. Seine kartographischen Bleistiftzeichnungen sind meist große Gefüge, die sich aus mehreren genormten Papierbögen zusammensetzen und dicht mit abstrakten Schraffuren bedeckt sind. Müllers Arbeit Gefühl und Gefüge stellt dabei das Bedürfnis nach Gesamtheit einer innerbildlichen Fragmentierung gegenüber, die durch die zeichnerischen Brüche zwischen den einzelnen Blättern thematisiert wird. Idris Khan, der sich vor allem mit der Überlagerung digitaler Reproduktionen von Bildern, Texten und Partiturseiten einen Namen gemacht hat, hat in den letzten Jahren begonnen, vermehrt auf eigenes Material zurückzugreifen, wobei er die Grenzen des zeichnerischen Mediums nicht in einem konventionellen Sinne denkt. Die Kodierung von Botschaften und Schrift als Medium der Wissensspeicherung macht der Künstler zum Thema seiner in der Ausstellung präsentierten Stempelarbeiten. Die von Khan radial aufgetragenen Schriftzüge sind so übereinandergeschichtet, dass der eigentliche Text nur noch schwer entzifferbar ist. Für seine großformatige Wandarbeit im Corner Space der Galerie verwendete Khan ein Werk des spätmittelalterlichen Theologen Meister Eckhart. Die zirkuläre Form der repetitiven Schriftzeichen entspricht dabei dem von dem Dominikaner verhandelten Verständnis von Zeit und Ewigkeit. Eine Sonderposition in der Ausstellung nehmen die Arbeiten von Paco Knöller (geboren 1950 in Obermarchtal) ein, von denen einige aus der Serie The Thinking Reed im Window Space der Galerie präsentiert werden. Knöller begann seine künstlerische Ausbildung in den 70er Jahren an der Kunstakademie in Düsseldorf bei Joseph Beuys, was in seinem typischen zeichnerischen Stil noch immer deutlich ist. Im Beuysschen Sinne ist auch Knöllers zeichnerischer Prozess Ausdruck materiellen Denkens und damit das Ergebnis eines sehr bewussten Denkaktes.