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Tillman Kaiser
13.09.2019 - 10.11.2019

Kuratorin: Bettina Spörr

Pressekonferenz: Donnerstag, 12. September 2019, 10 Uhr
Eröffnung: Donnerstag, 12. September 2019, 19 Uhr

Kaleidoskope sind simple, altmodische und doch überaus faszinierende Spielzeuge: Blickt man durch diekleinen, an Fernrohre erinnernden Zylinder, die meist mit bunten Glassteinchen oder ähnlichem befülltsind, auf eine Lichtquelle, entstehen durch Spiegelung und Drehen des Zylinders wechselnde geometrische Muster, die facettenreiche und geheimnisvolle Bilder (der Welt) zeichnen.

Ähnlich verhält es sich mit Tillman Kaisers Bildwerken und Raumobjekten, in denen auf Wiederholungaufbauende kristalline und geometrische Formen Muster erzeugen. Die Komplexität derErscheinungsformen wird durch seine Arbeitsweise noch verstärkt, da er in seinen Bildern Medien wieMalerei, Fotografie (auch als Fotogramme oder Cyanotypien) und Siebdruck verschmilzt. Somit verbindeter Techniken, die auf Vorarbeiten und Planung basieren und weniger mit spontanem Ausdruck in Verbindung gebracht werden mit dem Medium der Malerei, das über den Gestus und die unmittelbareBearbeitung der Leinwand durch den Künstler Unmittelbarkeit, Spontaneität und Ausdruck verspricht.Mit dieser Ambiguität spielt Kaiser auf mehreren Ebenen, wenn er Zufall und Plan, Konzeption undImprovisation in seinen Arbeiten aufeinandertreffen lässt. Der Blick auf die Welt durch ein Kaleidoskopverzerrt diese gleichzeitig und betont dafür ihre Komplexität. Das Misstrauen gegenüber einfachenErklärungen und das Vergnügen an der Vi elgestaltigkeit der sichtbaren Welt ist als Grundhaltung hinterden Werken des Künstlers ablesbar.

Faltungen und geometrische Formen sowie die Verwendung einfacher „armer“ Materialien zeichnenKaisers Skulpturen, Raumobjekte und dreidimensionale Wandobjekte aus. Die teils futuristischen Formensind zugleich Reminiszenzen der Avantgarde und der frühen Moderne. Die Referenz aufavantgardistische Strömungen des 20. Jahrhunderts wird vor allem durch die Wahl der Materialienverstärkt: Aus Karton und Papier gefaltete Formen, manchmal in Verbindung mit vorgefundenen undzweckentfremdeten Alltagsgegenständen, verleihen den Objekten den ephemeren Charakter von Modellen oder Prototypen. Wie die Grundstruktur der Gemälde häufig aus kristallinen und prismatischvervielfachten Mustern zusammengesetzt ist, so sind auch die Skulpturen aus einfachen geometrischen Formen und durch Wiederholung aufgebaut. Neben dem Bild des Kaleidoskops als Form eines Interfaceszwischen dem Künstler und der Welt spielt die Camera obscura – die einfache Lochkamera – eine großeRolle. Die aktuellen Bilder des Künstlers entstehen, indem er abstrakte geometrische Formen, zum Teilaus Papier gefaltet, mit einer großformatigen Lochkamera belichtet und das so entstandene „Foto“ nachdem Entwicklungsprozess weiter bearbeitet und bemalt. Fehler wie beispielsweise ungeplanten Lichteinfall in der Lochkamera greift Kaiser als Spiel des Zufalls und als Zeugnisse des Arbeitsprozessesauf. Witz und Humor nennt der Künstler, der gern ein gewisses Maß an Distanz zwischen sich und seinTun stellt, als wichtige Elemente seiner Arbeit.

Für seine Ausstellung im Hauptraum der Secession entwickelt Kaiser neue Arbeiten mit der Camera obscura und plant auch, eine ortsbezogene Wandinstallation als Fotogramm oder Cyanotypieauszuführen.

Tillman Kaiser, geboren 1972 in Graz, lebt und arbeitet in Wien.

Die Arbeiterkammer Wien ist Hauptsponsor der Ausstellung von Tillman Kaiser.