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Preisverleihung am 13. Juli 2008 um 11 Uhr im Kunstforum · Preisverleihung durch die KünstlerGilde Esslingen & Kunstforum Ostdeutsche Galerie: 13. Juli 2008, 11 Uhr im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg · Ausstellung ‚Lovis Corinth Preis 2008. Timm Rautert: no photographing’ 13. Juli bis 5. Oktober 2008 · Pressekonferenz: 11. Juli um 11 Uhr (der Künstler und Preisträger Timm Rautert ist anwesend)

Regensburg- Am 13. Juli um 11 Uhr wird der international bekannte Timm Rautert als erster Fotograf in der 30jährigen Geschichte des Kunstpreises mit dem Lovis Corinth Preis 2008 ausgezeichnet. Anlässlich der Preisverleihung präsentiert das Kunstforum Ostdeutsche Galerie eine umfangreiche Retrospektive des Fotografen mit dem Titel no photographing. Die Personalschau, die gemeinsam mit dem Preisträger konzipiert wurde, ist die erste Ausstellung des Künstlers in Bayern und im gesamten süddeutschen Raum.

Die Retrospektive ‚Timm Rautert: no photographing’ im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Timm Rautert, der seit über vierzig Jahren konsequent im Medium der Fotografie arbeitet, geht in seinen eindringlichen Menschenbildern immer wieder Fragen des Abbildens und des schöpferischen Sehens nach. Gleichzeitig gelingt es ihm, eine brillante Analyse der sozialen Wirklichkeit zu fixieren. Mit ca. 120 Exponaten stellt die Ausstellung im Kunstforum nicht nur das Schaffen des Fotografen, sondern auch sein bildanalytisches Programm vor. Der zeitliche Rahmen umspannt Rauterts erste freie Arbeiten nach seiner Studienzeit bis zu neuesten teilweise noch nie ausgestellten Fotografien. Höhepunkte der Ausstellung sind neben den sozialdokumentarischen Fotoserien Contergan (1969) sowie Unterwegs in deutschen Obdachlosenasylen (1975), die zeit geschichtliche Serie Deutsche in Uniform (1974) und die von ihm 40 Jahre lang festgehaltenen Arbeitswelten (1968-2008). Ein weiteres Highlight sind die Fotoserien Artworks und Porträts. Sie beinhalten neben berühmten Kunstsammlern auch viele Künstlerkollegen wie Andy Warhol, Joseph Beuys oder Gerhard Richter, die alle von Rautert über Jahre begleitet und fotografiert wurden. Die Bildnisserie des derzeit populärsten deutschen Malers Neo Rauch, an der Rautert aktuell arbeitet, wird ebenso wie die Folge Koordinaten (1995) in Regensburg das erste Mal vollständig der Öffentlichkeit vorgestellt. „Mit seinem auf die moralischen wie sozialen Fragen des Menschen insistierenden Werk fügt sich Rautert als Corinth-Preisträger in die Reihe seiner namhaften Vorgänger. Mit der Auszeichnung von Timm Rautert stellt die Jury das Medium Fotografie den traditionellen Kunstgattungen zur Seite und eröffnet für den Lovis Corinth-Preis einen neuen Weg in die Zukunft“, so Dr. Ulrike Lorenz, Direktorin des Kunstforums und Jurymitglied.

Die Fotografie Timm Rauterts Timm Rautert widmet sich in seinem Werk thematisch dem sich mit den Arbeitsprozessen wandelnden Menschenbild, den verschiedenen Darstellungs möglichkeiten der Fotografie und nicht zuletzt der Infragestellung des fotografischen Verfahrens. Die Protagonisten auf Rauterts Fotografien - Kinder, Fabrikarbeiter, Obdachlose oder Künstler - werden ohne moralische Anklage als ‚individuelle’ Typen teilweise über Jahre hinweg beobachtet und in ihren sich veränderten Lebensbedingungen wahrgenommen. Eine herausragende Rolle spielen dabei die Handlungsräume: graue Vorstädte, alte und neue Produktionshallen, modernste Laboratorien, ärmliche Hinterzimmer, steril wirkende wie chaotische Ateliers oder kühle Museumsräume – all diese Orte werden durch den suchenden Kamerablick des Künstlers zu bloßen Örtlichkeiten des Handelns degradiert. Rauterts Fotografien zeigen auf eindringliche und fesselnde Weise, dass es in der Foto grafie nie nur ein einziges Abbild gibt, sondern neben dem mit der Kamera gefundenen Bild immer auch weitere Möglichkeiten bestehen. Damit wird seiner künstlerischen Foto grafie von vornherein die Naivität eines bloß abbildenden Mediums genommen. Dr. Roman Zieglgänsberger, Kurator und Jurymitglied: „Was Timm Rautert aus der Vielzahl der Fotografen heraushebt, ist einerseits die Vielschichtigkeit und die thematische Ambivalenz und andererseits sein exzellentes Changieren zwischen einem objektiven Journalismus und dem Offenlegen der Wirklichkeit als bloßen Schein.“

Biografie des Künstlers Der heute 67-jährige Timm Rautert (* 1941 in Tuchel/Westpreußen) studierte nach einer Lehre zum Schaufenstergestalter von 1966 bis 1971 bei Otto Steinert an der Folkwang schule für Gestaltung in Essen. Bereits im Studium führten ihn zahlreiche Auslandsreisen u.a. nach Japan und in die USA. Seit 1970 stellte Rautert dokumentarisch-journalistische Fotografien her. Er arbeitete für nationale und internationale Zeitschriften wie z.B. GEO oder Merian und war auch für verschiedene deutsche Firmen - darunter Erco, Deutsche Lufthansa, BMW, Siemens, Nixdorf und Hoechst - tätig. Ein Glanzpunkt seiner fotografischen Arbeit sind die überwiegend sozialkritischen Fotoserien für das ZEITmagazin, die in Zusammenarbeit mit dem Journalisten Michael Holzach in den Jahren 1974 bis 1983 entstanden. Auch heute noch beeindrucken diese Reportagen aufgrund des kongenialen Zusammenspiels von Wort und Bild. Nach dem Unfalltod seines Kollegen Holzach im Jahr 1983 wendet sich Rautert allmählich von der bildjournalistischen Arbeit ab. Er widmet sich neuen Themen, die in zahlreiche Buch- und Ausstellungsprojekte münden. 1992 nimmt er teil an dem von Otl Aicher initiierten Projekt ‚eigenes Leben – Ausflüge in die Gesellschaft, in der wir leben’, für das er gemeinsam mit dem Soziologen Ulrich Beck, dem Philosophen Wilhelm Vossekuhl und dem Schriftsteller Ulf Erdmann Ziegler zusammenarbeitet. Heute lebt und arbeitet Timm Rautert in Essen und Leipzig, wo er seit 1993 Professor für Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchdruck ist.

Der Preis Der Lovis Corinth Preis wird im Zweijahresrhythmus durch die KünstlerGilde Esslingen und das Kunstforum Ostdeutsche Galerie an zeitgenössische Künstlerinnen und Künstlern verliehen, die durch Leben und Werk mit den historischen deutschen Kulturlandschaften im heutigen östlichen Europa bzw. mit dem aktuellen ostmitteleuropäischen Kunstgeschehen verbunden sind. Mit dem Preis im Geist des ostpreußischen Malers Lovis Corinth (1858-1925), einem Grenzgänger zwischen Tradition und Avantgarde, wurden seit 1974 herausragende deutsche Künstler ausgezeichnet, unter ihnen Karl Schmidt-Rottluff, Oskar Kokoschka und Otto Herbert Hajek oder Markus Lüpertz, Sigmar Polke und Katharina Sieverding. Heute soll der seit 2000 undotierte Lovis Corinth Preis ein international bedeutendes Lebenswerk würdigen, das besonders bei der Entwicklung zeitgenössischer Ausdrucksformen originäre Relevanz entfaltet. 2006 wurde mit Magdalena Jetelová erstmals eine für die deutsche Kunstszene überaus einflussreiche Künstlerin aus Ostmitteleuropa geehrt.

Publikationen Zur Ausstellung liegt ein reich bebilderter Katalog mit zahlreichen wissenschaftlich fundierten Beiträgen vor (276 S., 71 farbigen u. 120 s/w Abb.; Steidl- Verlag, Göttingen).