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Die Galerie Peter Kilchmann freut sich, Sie zur unserer kommenden Ausstellung mit dem Schweizer Künstler Tobias Kaspar einzuladen. Neben seiner neu fertiggestellten Filmtrilogie "Surface Apparent" werden auch neue Textilarbeiten, Skulpturen sowie Fotografien gezeigt, die alle im Zusammenhang mit seinem grossformatigen Werk THE STREET stehen.   

Wie der Titel schon andeutet, ist THE STREET ein Kunstwerk in Form einer Strasse, welches vom Istituto Svizzero di Roma produziert wurde. Das Projekt fand in einem 150-meter langen Studio innerhalb des Cinecittà Filmstudios in Rom am 11. März 2016 statt. Das Studio wurde für die vergangenen Jahrzehnte für zahlreiche Filmproduktionen umgebaut und verlor viel von seinem ursprünglichen Charakter. Nur wenige Elemente erinnern noch an die original ikonische New York Lower East Side Architektur. Die Umgebung, welche den Strassenszenen aus Paris, London, Rom und Los Angeles aus vergangen und gegenwärtige Zeiten ähnelt, diente als grundlegende Struktur und Hintergrund für THE STREET, auf denen Kaspar sein eigenes Universum entwickelte.  

Im ersten Raum der Galerie werden Textilbilder (alle o.T.) gezeigt, deren Produktionsverfahren ein Zusammenspiel zwischen der abstrakte Bildsprache und dem materiellen Träger darstellt. Kaspar arbeitete eng mit einem Schweizer Stoffhersteller zusammen, welcher als Lieferant für Haute Couture bekannt ist. Dabei benutzte er ein High-Tech Gewebe, bestehend u.a. aus Glaspulver. Von vorne erscheinen die Bilder im ersten Moment als reine, graue Monochrome; offenbaren jedoch durch einen zweiten Blick zarte geometrische Muster, die mit einem Laser in die reflektierenden Oberfläche des Gewebes eingraviert wurden. Die Muster werden nur bei voller Beleuchtung sichtbar (z.B. bei Blitzfotografie) und rufen entsättigte Versionen der konkreten Malerei des Schweizer Künstlers Richard Paul Lohse hervor. In der Tat sind die geometrische Muster bereits einen Appropriation-Zyklus durchgegangen, da sie schon vom Künstler in seiner Siebdruck Serie "Stripped Bare / Die Gentlewoman" (2013 - 2015) verwendet wurden. Sie stammen ursprünglich aus dem Magazin The Gentlewoman, deren Designer wahrscheinlich stark durch Lohse beeinflusst worden sind. Die Bilder befassen sich mit Themen, welche die Moderne (und ihren Utopien) mit unseren gegenwärtigen postmodernen Ängste und Produktionssysteme verknüpfen.   

Die skulpturalen Assemblagen sind Kombinationen aus gefundenen, vergänglichen Objekten wie leere Parfumflaschen, Kaffeebecher, Ketchup Beutel, Zuckertüten und deren Bronzegüsse, von denen einige geschnitten und poliert wurden (siehe Einladungskarte). Die gebrauchten und weggeworfenen Elemente stammen aus New York und wurden als Requisiten und Dekoration für Kaspars Inszenierung "NY 1995“ verwendet , die innerhalb THE STREET in Rom und an der Art Basel Parcours in 2015 gezeigt wurde. New York widerspiegelt für Kaspar exemplarisch eine bestimmte Art und Weise des Lebens. Die Filmtrilogie "Surface Apparent", die aus "Hydra Life" (2013), "Black Noire" (2014) und "Back Row" (2016) entsteht, ergänzt die Ausstellung. Die Filme sind alle in einer ähnlichen Art entstanden. Eine kleine Filmcrew betrat eine bestimmte Umgebung, in der ein Schauspieler, ein Model oder ein Performer eingebettet war und filmte Oberflächen, Details und Bewegungen. Was als improvisierten Ansatz, gedreht ohne Skript, zu sein scheint, entfaltet sich als eine komplexe Studie über Präsentation und Repräsentation. Die Filme, gedreht in einer speziellen High Definition und in Zeitlupe um eine hohe Bildqualität zu erzeugen, haben dokumentarische Momente, bleiben aber abstrakt. "Hydra Life", gedreht in Berlin, wurde nach einer Gesichtscreme von Christian Dior benannt und befasst sich mit Fragen der Schönheit, Ritualismus und Kontemplation. Zu sehen ist eine weibliche Figur in einem luxuriösen Hotel Badezimmer. Sie trägt einen Bademantel und beobachtet sich im Spiegel während sie die Creme auf Gesicht und Hals in einer fast meditativen Weise aufträgt. "Black Noire" wurde von Kaspars Interesse an stereotypische Figuren wie der Dandy, die Diva, der Hochstapler oder Bandit sowie durch seine Faszination in Verkleidungen und Maskierung inspiriert. Gedreht in einer Luxus-Mode- Boutique in Rom, erfolgt die Kameraarbeit schrittweise. Die Einstellungen lassen sich nicht zwischen Oberflächen, Reflexionen, Re- und Präsentation von Bekleidung und architektonischen Szenen voneinander unterscheiden. "Back Row" wurde in einer professionellen Reinigung in Rio de Janeiro und Rom gedreht und zeigt mit langsamen Kamerafahrten die Oberflächen von Bettwäsche und Handtücher, die gewaschen, gepresst und gedämpft werden sowie die Hände der Arbeiter. Poetisch und demaskierend zugleich ist es dem Künstler gelungen, in der Trilogie eine klare visuelle Bildsprache zu erschaffen.  

Tobias Kaspar (g. 1984 in Basel) lebt seit 2013 in Rom. 2012 gründete er eine Jeans-Linie. Er ist Mitbegründer von PROVENCE, eine Zeitschrift der Freizeit gewidmete ist. Seine Arbeit ist oft in grossen Werkgruppen zugeordnet und wurde schon in zahlreichen Instituionen gezeigt wie an das Museum of Modern Art in Warschau (2016), Wattis Institute for Contemporary Art, San Francisco (2015), sowie in Einzelausstellung: Kunsthalle São Paulo (2015), CAFAM Biennale, Peking (2014), Kunsthalle Wien (2014), Kunsthalle St. Gallen (2014), Midway Contemporary Art, Minneapolis (2013), Artists Space, New York (2013), Palais de Tokyo, Paris (2012), Kunsthalle Zürich (2011), Museum Hamburger Bahnhof, Berlin (2011), Kunsthaus Bregenz (2011) und Künstlerhaus Stuttgart (2010).