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Vernissage: 13.12.2007 19.00 Uhr

Graz, den 14.11.2007 Wir freuen uns sehr unsere nächste Ausstellung BLACK BRANE im Kunstverein Medienturm anzukündigen. Zusätzlich zur Ausstellung in Graz wird die Installation DINO samt Performance in der Koje Medienturm im QDK/MQ Wien gezeigt. Anlässlich der Ausstellung erscheint ein Katalog. In der Personale BLACK BRANE erweitert Tomas Eller (*1975 Meran, lebt in Wien) seine langjährige Auseinandersetzung um verschobene „natürliche“ Phänomene auf kaum erforschte kosmische Strukturen. Im Zusammenhang mit (nicht darstellbaren) „schwarzen Löchern“ und ähnlichen topologischen Defekten sprechen Kosmologen von einem „black brane“, das vermutlich aus mehrdimensionalen Objekten aufgebaut ist.

Vernissage: 13.12.2007 19.00 Uhr Dauer: 14.12.2007 – 16.02.2008

ENTWURFSANORDNUNGEN In seinen Videoarbeiten hinterfragt Tomas Eller das prekäre Verhältnis von „Natur bzw. Natürlichkeit“ und „Technologie“, indem er die alpine Bergwelt in aufwendigen technischen Verfahren untersucht, vermisst und bespielt. Für die meisten seiner experimentellen Studien lässt Eller schweres Gerät auffahren: Nach genauen Vorgaben rasen Motorräder Alpenstraßen entlang und liefern sich eine wilde Verfolgungsjagd (Stabilize my Horizon, 2001/02), ziehen Pistenraupen in überraschend graziösen Spuren durch ein winterliches Hochplateau (Electricnight, 2002), schießen Jet-Skis über einen See und lassen Wellenberge tanzen (Buoy, 2003) oder befährt ein Geländewagen eine winterliche Passstraße und scannt mit einem Suchscheinwerfer die nächtliche Umgebung ab (Landrover, 2001). Eller setzt die motorisierte Technik gezielt ein, um flüchtige Einschreibungen in die – ansonsten recht unberührte – Natur zu setzen. Durch sein strukturierendes Verfahren entstehen klar umrissene, imaginäre Orte, die durch ihre variantenreiche Bespielung zu komplexen Bildern verdichtet werden.

Die einzelnen technischen Artefakte entwickeln ihr Aktivitätspotential entlang Parametern wie Geschwindigkeit, Fliehkraft, Gravitation oder Reibung, die Eller geschickt für seine Entwurfsszenarien einsetzt. Durch die teils starken Bewegungen der Objekte, die sich auch durch sehr spezifische Formen der Fortbewegung auszeichnen, kommt diesen Artefakten ein eigentümlicher Grad an Eigendynamik zu, dem teils etwas nicht Kontrollierbares und schwer steuerbares anhaftet. Schon durch ihre schiere Größe und ihre spezifische technische Ausrichtung scheinen die Artefakte bis zu einem gewissen Grad selbst die Kontrolle zu übernehmen – die Motoren heulen auf, können aber doch nicht aus dem ihnen zugedachten System ausbrechen. Letztlich bleiben Jet-Ski, Landrover, Pistenraupe und Helikopter unter Ellers Regie, gerade da sie von professionellen Fahrern nach strengen Vorgaben des Künstlers gesteuert werden. Die so leichtfüßig wirkenden Inszenierungen sind durch eine konzise Dramaturgie gesteuert, die sich aus nicht näher definierten Zeichenabfolgen von Zustandsbeschreibungen aufzubauen scheinen. Tomas Eller setzt selbst entwickelte, aber keineswegs arbiträre Systeme und Codes ein, die das Verhältnis von Bewegungen distinkter technischer Artefakte innerhalb einer vorgefundenen natürlichen Umgebung beschreiben.

Im Gegensatz zu den zumeist recht ungestüm wirkenden Bewegungen der zahlreichen dynamischen Objekte scheinen den aufgeladenen Szenerien erstaunlich statische Zustandsbeschreibungen zu Grunde zu liegen, die sich nicht durch isolierte Aktionen auflösen, sondern innerhalb eines definierten Rahmens immer wieder zu einem „Bild“ zusammensetzen.

Die Bewegungen und formalen Ausprägungen der einzelnen Objekte werden ihrem gemeinsamen Muster nach untersucht und in einer synthetischen Szenerie zusammengefasst, um als bildgebender Entwurf analog einer analytischen Bildwahrnehmung kenntlich gemacht zu werden. Ähnlich einem „tableau vivant“ baut der Künstler aus beweglichen Objekten dynamische Momentaufnahmen auf, die einem inhärenten Bewegungsmodus zu folgen scheinen, um ihnen gleichzeitig Grenzen zu setzen. Folgerichtig filmt Eller in statischen Einstellungen, die dem vielschichtigen Geschehen einen klaren Rahmen geben. Durch diese rahmengebende Kameraführung weist er einen definierten, wiewohl imaginären (da austauschbaren) Ort aus, der sich inmitten des unbeschriebenen natürlichen Raums zu einem „Bild“ abhebt. Doch nach welchen Mustern, Tomas Eller spricht von Codes, bauen sich diese dynamischen, klar umrissenen bildlichen Entwürfe auf? Wolfgang Coy beschreibt Codes oder Prozesse der Codifizierung als „Abbildung einer endlichen Menge von Zeichen eines Alphabets in eine geeignete Signalfolge“1, also eine zeitlich gestaffelte Übertragung von Signalen innerhalb einer bestehenden Ordnung. Als Folge von Signalen sind Codes demnach ein nachrichtentechnisches Phänomen, das jeglichem Übertragungsmedium zugrunde liegt. Damit es zu einer verständlichen Codifizierung dieser Signale kommen kann wird ein lesbares Zeichensystem, beispielsweise ein Alphabet, benötigt.

Ähnlich eines Kryptologen entwirft und verschlüsselt Eller ein selbst entworfenes, also in gewissem Sinne „starres“, selbstreferenzielles Zeichensystem, anhand dessen es möglich ist, eine Übersetzung seiner Konzeption in eine geordnete bildliche Darstellung zu entwickeln. Eller entwirft dynamische Signalfolgen, die er in eine „natürliche Sprache“ einpasst, dem Aufbau einer endlichen Menge von Zeichen in eine Abbildung. Diese Abbildung ist von ihrem Aufbau her distinkt strukturiert wie präzise umrissen und baut sich in wiederkehrenden – von einander teils abweichenden – Mustern regelmäßig immer wieder neu auf. Die Artefakte lassen in ihren musterhaften, repetitiven Bewegungen eine zeichenhafte, ornamentale Bildsprache entstehen, die schließlich ein „Bild“ der künstlerischen Konzeption erkennen lässt. Selbst wenn die Objekte zeitweise vollständig den gezeigten bildgebenden Rahmen verlassen ist dadurch nicht die Konzeption gestört, es scheint sich nur eine neue Signalfolge außerhalb des sichtbaren Ausschnitts aufzubauen, um anschließend wieder in den dargestellten Fokus zurückzukehren. Entsprechend einer zuvor definierten Übereinkunft scheint innerhalb des sichtbaren Ausschnitts eine „vorgefundene Ordnung“ vorzuliegen.

Auch wenn sich zwischenzeitlich nur die vermeintlich unbewegte, statische Natur zeigen sollte ist das Bild selbst nie „leer“. Denn die hintergründige alpine Landschaft ist der vorgefundene Bildträger, auf dessen Gegebenheiten und Einkerbungen die Konzeption des Bildes aufbaut. Die Natur ist gleichsam das Trägermedium für die künstlichen Artefakte, deren Einschreibungen einen Bildkörper, eine „Gestalt“, entstehen lassen. Trotz aller Anstrengungen eines stringenten Entwurfs entsteht das Bild letztlich im Betrachter selbst, indem physische, also reale äußere Bilder und mentale, innere Bilder der Erinnerung zu einer Darstellung zusammengesetzt werden2.

Insofern kommt es in Thomas Ellers Arbeiten auch zu einer Annäherung von Begriffen wie „Technologie“ und „Natürlichkeit“, die traditionell gerne als Antipoden da rgestellt werden und hier in ihrer vermeintlichen Gegensätzlichkeit als kulturalistisch definierte Begriffe sichtbar werden, deren Bedeutungen einer sukzessiven Veränderung unterliegen. Auch diese „Bilder“ bleiben in Bewegung.

Sandro Droschl

1 Wolfgang Coy, Aufbau und Arbeitsweise von Rechenanlagen, Friedrich Vieweg & Sohn Verlag, Braunschweig – Wiesbaden 1992, S. 5. 2 Hans Belting, Bild -Anthropologie, Wilhelm Fink Verlag, München 2001, S. 20ff. Tomas Eller, Stabilize my Horizon, 2000/01. Making of Tomas Eller, Buoy, 2003. Making of Tomas Eller, Heavy Metal, 2005. Stills Tomas Eller, Dino, 2004. Installation

Anlässlich der Ausstellung erscheint ein Katalog.

Ausstellung Graz Vernissage: 13.12.2007 19.00 Uhr Dauer: 14.12.2007 – 16.02.2008 Di – Fr 14.00 – 18.00 Uhr, Sa 10.00 – 14.00 Uhr Ort: Kunstverein Medienturm, Josefigasse 1, A-8020 Graz www.medienturm.at

Installation Wien "DINO" Performance: 15.12.2007 18.00 Uhr Dauer: 16.12.2007 – 02.03.2008 Ort: Koje Medienturm, QDK /MQ Wien, Museumsplatz 1, A-1070 Wien

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BLACK BRANE
Tomas Eller