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Seit über einem Jahrzehnt mobilisiert die in New York lebende Künstlerin Ulrike Müller eine Vielzahl an Vorgehensweisen, um das emanzipatorische Potenzial modernistischer Abstraktion zu befragen. Bildformate und Materialien aus dem Repertoire der Kunstgeschichte treffen auf solche mit klar lebensweltlichen und kunsthandwerklichen Bezügen und begründen einen Malereibegriff jenseits von Pinsel und Leinwand. Mit Container, ihrer umfangreichen Einzelausstellung im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, überträgt Müller einige ihrer bildimmanenten Strategien auf den Ausstellungsraum. Sie hat die Wände des Kunstvereins derart farbig gefasst, dass die Architektur als begehbarer, dreidimensionaler Bildraum erscheint und zu einem Behältnis für einen dynamischen Malereiansatz wird. Mediumspezifische Erwartungen und Limitationen werden hier – wie auf der Illustration der Einladungskarte angedeutet – zugleich aktiviert und durchbrochen. Analog zu den Bewegungen der Besucher_innen im Raum, ‚wandern’ einzelne Bildelemente von einer Werkgruppe zu nächsten. Sie wiederholen sich punktuell und tauchen jeweils abwechselnd in den für die Ausstellung in Düsseldorf entstandenen Emaillebildern, Teppichen, Monotypien und Collagen auf. Die Motive dieser Kompositionen – wie Kreise, Kurven und Dreiecke oder auch Schuhe, Vasen und Katzen – entstammen häufig konkreten Alltagsgegenständen oder zufällig gefundenen Abbildungen. So sind die auf den Teppichen zu sehenden Stöckelschuhe beispielsweise dem Werbeschild eines Schumachers entlehnt, das bereits 2010 die Vorlage für Müllers erste Emaille-Arbeit überhaupt bildete. Zeichnungen mit solch trivialen Inhalten dienen ihr als Vorlagen für das auf Stahlplatten aufzutragende, industriell gefertigte Glaspulver, das im Brennofen zu einer harten Emaille-Farbschicht aufgeschmolzen wird. Oder für die von zapotekischen Webern in Mexiko aus lokalen Naturfasern gewebten Rugs. Auf beschleunigte Weise tritt das für die Künstlerin so charakteristische Formenvokabular schließlich in Monotypien auf, ihrer neuesten, im Kunstverein erstmals zu sehenden Werkgruppe. Mit dieser Drucktechnik verschränken sich in der Verbindung von Malerei und Zeichnung nicht nur ihre zentralen Arbeitsfelder, auch scheinen die transparenten, sich überlagernden Farbflächen die Bildinhalte regelrecht zu animieren. In Ulrike Müllers hybridem Container wird der Malerei als ein dezentriertes, polymorphes Spannungsfeld ohne klare Beschränkungen begegnet. Sie wird immer wieder aufs Neue umkreist, um Instabilitäten und Mehrdeutigkeiten jenseits standardisierter Erfahrungsmuster und Klassifikationen wirksam zu machen.

Kuratiert von Eva Birkenstock
Kuratorische Assistenz: Gesa Hüwe