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Die Ausstellung „Unbekannte Schwester, unbekannter Bruder“ versammelt Arbeiten internationaler zeitgenössischer KünstlerInnen, in deren Arbeit eine Auseinandersetzung mit den Bildwelten verschiedener Sozialismen sichtbar wird. Ziel dieser Ausstellung ist es, jenseits der deutsch-deutschen Auseinandersetzung ein internationales Spektrum zu eröffnen.

Der Titel der Ausstellung „Unbekannte Schwester, unbekannter Bruder“ bezieht sich auf ein Lied, daß noch in den achtziger Jahren bei Treffen der Pioniere, der Jugendorganisation der DDR gelehrt und gesungen wurde. In diesem Lied ging es um Konzepte von Internationalität und Solidarität, in der Verwendung dieses Refrain als Ausstellungstitel geht es jedoch zugleich um die Betonung des „unbekannten“, der historischen und biografischen Distanz, mit der Ästhetiken der Vergangenheit heute wahrgenommen und weiterverarbeitet werden. Die Ausstellung versucht eine Art Benjamin‘schen Zugriff auf die Geschichte: Es geht weniger um eine historisch oder politisch „korrekte“ Einordnung künstlerischer Produktionen der Vergangenheit, als vielmehr um die lebendige Aktivierung bestimmter Momente, Gedanken und Bilder für die heutige, eigene Identität und Auseinandersetzung.

Ausgangspunkt der Ausstellung war unter anderem das Videoprojekt „Rückblick/Re-viewing“ der in Dresden lebenden Künstlerin Janet Grau, für das sie BetrachterInnen aus Ost und West einlud, um eine Auswahl von Bildern aus dem Depot des Kunstfonds des Freistaates Sachsen aus den 60er und 70er Jahren zu beschreiben. Die KünstlerInnen thematisieren und arbeiten in unterschiedlichen Bildgenres – von den Wandgestaltungen des mexikanischen Wandmalers David Siqueiros und dem heutigen Umgang mit seinem Erbe (Margit Czenki), eine der berühmtesten Gestaltungen von Diego Rivera „A portait of America“ (Florian Zeyfang), dem Wandfries von Walter Womacka am Haus des Lehrers in Berlin (Lucy McKenzie), einer polnischen Werbung für Damenstrumpfhosen (Paulina Olowska), bis hin zu einer Demonstration in St. Petersburg Ende der Neunziger Jahre. Die Ausstellung „Unbekannte Schwester, unbekannter Bruder“ ist im Zusammenhang mit den auf historische Erfassung angelegten großen Ausstellungen „Kunst in der DDR“ und „Berlin- Moskau“ in Berlin sowie „Traumfabrik Kommunismus“ in Frankfurt a.M. zu sehen – anders als diese stellt sie jedoch die Lebendigkeit der Auseinandersetzung mit Vergangenem durch die KünstlerInnen der Gegenwart in den Vordergrund.

Unbekannte Schwester, Unbekannter Bruder II

versammelt Positionen internationaler zeitgenössischer Kunst, in denen verschiedene Bildwelten und Traditionen sozialistischer Vergangenheit verarbeitet werden. Weniger geht es hier um eine historisch oder politisch korrekte Einordnung als vielmehr um eine lebendige Auseinandersetzung mit diesen Vergangenheiten aus der Perspektive der Gegenwart.

Der zweite Teil der Ausstellung Unbekannte Schwester, Unbekannter Bruder II nimmt nochmals eine Internationalisierung vor und erweitert das Blickfeld in bezug auf Wandmalerei. So setzen sich die fotografischen Arbeiten der serbischen Künstlerin Goranka Matic mit den Fresken des Malers Krsto Hegedusic auseinander, die in den siebziger Jahren an den Kampf der Partisanen gegen die deutsche Übermacht . in der berühmten Sutjeska-Schlacht von 1943 erinnern sollten. Die Fresken sind mittlerweile wiederum durch die militärischen Auseinandersetzungen von 1990 zerstört. Der Beitrag des Berliner Künstlers Stefan Klotz thematisiert eigene Wandmalereien, die Anfang der 90er Jahre in El Salvador im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die dortige Militärdiktatur entstanden sind.

Die bewegliche Wandinstallation der in L.A. lebenden koreanischen Künstlerin Yong Soon Min setzt sich auf poetische Weise mit der seit Mitte der achtziger Jahre währenden absurd anmutenden Faszination an Mercedes-Benz-Limousinen durch die nordkoreanische kommunistische Partei auseinander, während die Arbeiten des kubanischen Künstlers Rene Francisco melancholisch von “Utopias Fallidas” - gescheiterten Utopien - berichten. Weitere Arbeiten – die großen WAYANg-Puppen, die insbesondere bei Demonstrationen für den Demokratisierungprozess in Indonesien eingesetzt werden sowie ein großes Transparent – von der indonesischen Künstlergruppe Taring Padi werden die Ausstellung erweitern.

Mit STAFETA beginnt zugleich ein Pilotprojekt, in dem junge KünstlerInnen kurz nach dem Hochschulabschluss eigene künstlerische Arbeiten und kuratorische Ansätze zu der Ausstellung präsentieren: Auf poetische Weise wird in der aus Stoffbahnen und Holzständern bestehenden Arbeiten von Heide Hinrichs mit dem Sichtbaren und dem im Verborgenen liegenden umgegangen und der Frage, welches Bild von Geschichte wir sehen wollen. Von Regina Weiss wird eine offene Arbeitssituation gezeigt: Das Atelier als Ort des Sammelns, Ordnens und Sich-Hineinversetzens in fremde Geschichte. Die Arbeit “DDR-Indianer” von Susanne Hanus besteht aus kurzen Interviews, die in kontroversen Aussagen das Verhältnis zwischen Ost- und Westdeutschland thematisieren und bei Umfragen in Fußgängerzonen in Bonn und Dresden entstanden und von Camera-Obscura-Fotografien begleitet werden.

Eine Gemeinschaftsarbeit von Regina Weiss, Susanne Hanus und Ynez Neumann basiert auf einer Fragebogenaktion an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Anhand einer Dia-Serie in Text, Bild und Zeichnung stellt sich die Frage, ob 15 Jahre nach der “Wende” eine Synthese verschiedener Haltungen zur Kunst in Ost und West entstanden ist. Pressetext

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Unbekannte Schwester, unbekannter Bruder I und II
Kuratorin: Christiane Mennicke, Leiterin des Kunsthauses

Unbekannte Schwester, unbekannter Bruder I
mit Margit Czenki (Hamburg), Janet Grau (Dresden), Lucy McKenzie (Glasgow), Ulrike Kuschel (Berlin),Olaf Nicolai (Berlin), Paulina Olowska (Warschau), Marion von Osten (Zürich/Berlin), Taring Padi, (Yogyakarta), Florian Zeyfang (Berlin),Theoretisches Fernsehen (Berlin)

Unbekannte Schwester, Unbekannter Bruder II
Eröffnung 22.Januar 2004
neue Positionen:
Stefan Klotz (Berlin) , Goranka Matic (Belgrad), Taring Padi (Yogyakarta), Yong Soon Min (Los Angeles) und STAFETA : Regina Weiss, Heide Hinrichs, Susanne Hanus